Die Autorin hat sich Altbekanntes als Vorbild genommen und erzählt nun im modernen Stil ihre Version des “Grimm”schen Märchens
Manche Märchen sollten nie zu Ende gehen und dazu gehört für mich ab sofort “Hundert Jahre ungeküsst” von Gabriella Engelmann.
Mit Leichtigkeit und großartigem Einfühlungsvermögen entführt die Autorin ihre Leser in die Geschichte der 16jährigen Rosalie, deren Leben sich schlagartig ändert als sie ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau in einem Schlosshotel beginnt.
Doch auf Rosalie liegt ein Fluch: Mit siebzehn soll sie von einem tödlichen Stich getroffen werden!
Diese Prophezeiung lässt Rosalies Mutter keine Nacht ruhig schlafen und so ist das hübsche Mädchen mit den blonden Locken überglücklich, dass sie nun der streng beschützenden Hand ihrer Mutter wenigstens etwas entfliehen kann.
Eigene Wohnung, eine tolle Ausbildung, die beste Freundin direkt nebenan wohnend ‘ da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen!, sollte man meinen. Wenn da nicht der Sohn des Hotelbesitzers wäre, der Rosalie ganz schön den Kopf verdreht.
So kommt es, dass Rosalie nicht nur einmal unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückkehrt. Trotzdem bleibt ihre Neugier auf das verschlossene Turmzimmer des Hotels…
Wer jetzt schon Parallelen zu einem Märchen namens “Dornröschen” erahnt, liegt damit ganz richtig. Die Autorin hat sich Altbekanntes als Vorbild genommen und erzählt nun im modernen Stil ihre Version des “Grimm”schen Märchens.
Dabei bedient sie sich einer sehr jugendlichen Sprache, die mich an manchen Stellen glauben ließ, die Autorin selbst befindet sich gerade im besten Teenageralter. Mühelos ist ihr dabei die Gratwanderung zwischen lockeren Schreibstil und Jugendsprache gelungen.
Und wer vermutet den Ausgang der Geschichte schon zu kennen, wird letzten Endes eines Besseren belehrt. Ich gebe zu, dass bei mir ein paar Tränchen liefen. Nicht nur wegen des Endes, sondern vielleicht auch, weil die Geschichte an sich somit zu Ende war. Denn wie ich oben schon erwähnte:
Manche Märchen sollten nie zu Ende gehen!
P.S. Einen klitzekleinen Kritikpunkt habe ich dennoch. Ich hätte gerne gewusst, warum der Küchenchef Rosalie so feindlich gesinnt war. Die Szene mit der Kiste, die er ihr aus der Hand schlug hat sich für mich irgendwie “nicht aufgelöst”.
© Ricarda Ohligschläger
Die siebzehnjährige Sarah ist hübsch. Wahnsinnig hübsch sogar. Sehr zum Ärger ihrer Stiefmutter Bella, die den Schönheitschirurgen Dr. Meng ständig dazu nötigt sie noch schöner zu botoxen. Während Sarah ein überraschender Modelauftrag gerade zu in die Einkaufstüte fällt, würde Bella eben alles darum geben die Schönste zu sein, und genau dabei ist ihr Sarah im Weg.
Kurz entschlossen beschließt sie das Mädchen aus dem Weg räumen zu lassen. Glücklicherweise findet Sarah Unterschlupf in einer WG voller netter Jungs. Alle sieben kümmern sich liebevoll um sie und einer verdreht ihr dabei ganz schön den Kopf. Doch leider hat Bella ihren Plan ihr ebenso den Hals umzudrehen noch lange nicht aufgegeben.
DAS ist mal wirklich was anderes: Ein Märchen ganz auf die moderne Art.
So liest sich “Schneewittchen und die sieben Zwerge” nochmal so schön.
Pfiffig verfrachtet Gabriella Engelmann die sieben “Zwerge” in eine coole WG, und gibt allen ihre ganz persönliche Note. So lädt bereits das Personenregister am Anfang zum Schmunzeln ein, und man ahnt an dieser Stelle schon, dass da einiges auf den Leser zukommt. Den einen oder anderen “Zwerg” hätte ich mir damals auch für meine WG gewünscht!
Natürlich fehlt auch hier genau wie im wahren Märchen nicht die Liebe, aber der Weg dorthin gestaltet sich nicht nur für die Hauptfigur etwas schwierig.
Fazit: Ein modernes, pfiffiges Märchen – für alle Schneewittchen.
© Ricarda Ohligschläger
Liebe Frau Engelmann, danke, dass Sie sich Zeit nehmen die Fragen ihrer Leser zu beantworten.
Welches Ereignis in Ihrem Leben hat sie am meisten für Ihre Autorenkarriere beeinflusst?
Lustigerweise ein Traum. Ich habe eines Nachts geträumt, einen Roman geschrieben zu haben und dachte am nächsten Morgen „Gabriella, du spinnst!“ Als ich Stunden später vor meinem Laptop saß und mich fragte Was wäre eigentlich wenn?, fiel mir eine denkwürdige Begegnung mit dem Schauspieler Burkhard Driest ein – und ich wusste: Das muss aufs Papier. Man könnte also zusammenfassend sagen: Das „Ereignis“, also der Anstoß zum Schreiben, war ein kleiner Wink meines Unterbewusstseins.
Wo haben Sie Unterstützung gefunden?
Meine wichtigsten Mentorinnen beim Einstieg ins Autorendasein waren meine damalige Agentin Claudia Wuttke, die mich nach dem ersten Drittel der „Promijägerin“ ermutigt hat, weiter zu schreiben, danach Gaby Hauptmann, die mir ein tolles Quote für den Roman geschrieben hat. Und nicht zuletzt natürlich meine Lektorin Dr. Andrea Müller, die mich „entdeckt“ und auf mich vertraut hat – und mit der ich nach wie vor sehr, sehr gern zusammenarbeite.
Sie sind mit der Autorin Steffi von Wolff befreundet. Hand aufs Herz: Wie wichtig sind Freunde in diesem Geschäft?
Freunde sind, neben Familie und einer Partnerschaft, das Wichtigste im Leben. Steffi und ich haben uns zwar übers „Geschäft“, also unsere Bücher, kennen gelernt, teilen aber seitdem fast alles miteinander. Natürlich ist es hilfreich, wenn die beste Freundin sich mit den Themen auskennt, die rund um das Schreiben stattfinden, aber noch viel wichtiger ist, dass wir miteinander durch dick und dünn gehen können. Und das in allen Lebenslagen.
Was ist ein Literaturscout? Wie sieht sein Arbeitsalltag aus?
Ich betrachte mich als eine Art „Subagentin“ oder externe Mitarbeiterin für Literaturagenturen. Ich entdecke (scoute) Talente, arbeite mit ihnen an Plot und Text und bringe das Ganze soweit auf den Weg, dass es für Agenturen und Verlage interessant ist. Das bedeutet ganz konkret, dass ich entweder Manuskripte prüfe, die ich auf Empfehlung bekomme – oder aktiv Autoren anspreche. Mein tollster „Coup“ auf diesem Gebiet ist das Buch „Die Seerose im Speisesaal“ von Ulrich Tukur. Ich hatte schon lange die Idee, dass Herr Tukur ein Buch über Venedig schreiben sollte, sprach ihn an, stieß mit meinem Vorschlag auf Interesse und übergab das Projekt nach den ersten Kapiteln der Agentur Montasser Media in München. Mindestens genauso stolz bin ich aber auch auf die Jugendbücher der NDR-Moderatorin Birgit Hasselbusch, die ich über ein Netzwerk kennen gelernt habe.
Wie kommen Ihnen die Ideen für Ihre Bücher? Werden die Themen vom Verlag vorgegeben?
Tja, wenn ich das so genau wüsste … da sind wir wieder beim Thema Unterbewusstsein. Meine Geschichten und Figuren sind immer ein Mix aus dem, was ich beobachte und erlebe. Ein Spiegel der Welt, in der ich lebe. Die Themen werden keineswegs vom Verlag vorgegeben, es sei denn, es handelt sich um eine konkrete Auftragsarbeit.
Ich schreibe generell über alles, was mich selbst beschäftigt, aber auch über Dinge, von denen ich den Eindruck habe, dass sie auch anderen nahe gehen. Natürlich möchte ich in erster Linie dass meine Leserinnen sich in den Stoffen wieder finden – ich mache das ja schließlich nicht für mich selbst.
Wie kommt es, dass Sie in so verschiedenen Genres schreiben? (Freche Frauen/sanfter & ruhig/Jugendbücher) Und haben Sie da persönliche Vorlieben?
Begonnen habe ich mit den „Frechen Frauen“, die ich damals selbst sehr, sehr gern gelesen habe und wo ich sofort das Gefühl hatte, mich richtig „austoben“ zu können. Über all die Macken, Peinlichkeiten, Albernheiten und Gefühlsduseleien zu schreiben, die sonst eher unter den Tisch fallen, weil sie eben albern sind. Irgendwann hatte ich aber das Gefühl, dass zu diesen Themen schon alles gesagt und alles erzählt worden ist. Und dass ich allmählich zu alt für Chick-Lit werde. Das hat mich dann wohl ruhiger werden lassen. Im Grunde schreibe ich zwar immer noch über ähnliche Themen, aber ich versuche jetzt sie zu reflektieren, und – wenn möglich – auch Denkanstöße zu geben. Ich will meine Leserinnen berühren – da dürfen auch mal Tränen fließen, denn so ist das Leben.
Zum Jugendbuch kam ich eher durch Zufall: Eine ehemalige Lektorenkollegin arbeitet frei für Rotfuchs und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, für die 12-13-jährigen zu schreiben. Und nach kleinen stilistischen „Fingerübungen“ war klar: Das macht mir unglaublichen Spaß.
Generell habe ich keine Vorlieben. Zum Glück bereitet mir jedes Buch, an dem ich arbeite Freude. Wäre es nicht so, würde ich den Auftrag nicht annehmen.
Ihr Buch „Wolkenspiele“ zeugt von einer großen Liebe zur Insel Amrum. Haben Sie zu diesem Ort eine besondere Beziehung? Oder lieben Sie die nordische Landschaft im Allgemeinen?
Nach meinem Umzug von München nach Hamburg war ich fasziniert davon, so nahe am Meer zu leben. Nach ersten Ausflügen an Ost – und Nordsee war schnell klar: Ich mag besonders die raue Nordsee, und vor allem die nordfriesischen Inseln. Ich verbrachte den ersten Urlaub im Teeniealter mit einer Klassenkameradin auf Amrum und verbinde damit sehr schöne Erinnerungen. Später habe ich mich ein bisschen auf Sylt verlegt, bin aber Amrum immer treu geblieben, weil es mindestens so schön ist wie Sylt.
Auf den ersten Blick erscheint „Wolkenspiele“ leichte Unterhaltung, aber das Buch beinhaltet auch ernste Themen. Wie kamen Sie dazu, diese in einen Roman einzuflechten und wie schwer war es Liebesgeschichte und Tragik zu verbinden?
Ernste Themen oder auch Tragik gehören ab einem bestimmten Alter genauso zum Leben wie Leichtigkeit und Liebe. Oftmals ist das eine untrennbar mit dem anderen verbunden, oder das eine entsteht sogar aus dem anderen. Gerade bei den „Wolkenspielen“ erfährt meine Heldin eine Art „Erlösung“ ein für sie schwieriges Thema betreffend, das aus der Tragödie einer anderen Person resultiert. Anna gelangt zum Ende des Buches zu dem Schluss, dass alles mit allem verbunden ist – und dadurch letztlich auf lange Sicht alles was geschieht, Sinn macht. Das ist eine Erfahrung, die ich immer mehr mache, je älter ich werde und ein Thema, das mich auch persönlich sehr beschäftigt.
Auf was können sich Ihre LeserInnen als nächstes freuen?
Tja, ich habe so einige Projekte in der „Pipeline“ … Fast zeitgleich erscheinen im Juni mein erstes Jugendbuch bei Arena (Schneewittchen) und die Romantic-Comedy „Lügst du noch oder liebst du schon?“ unter dem Pseudonym Rebecca Fischer im Diana Taschenbuchverlag.
Beim Schneewittchen habe ich eine kriminalistische Seite ausgetobt, von deren Existenz ich bislang noch gar nichts wusste. Im Falle der RomCom überführe ich die Chick-Lit-Tradition in die Lebenswelten der Frauen ab vierzig. In diesem speziellen Fall die einer alleinerziehenden Mutter. Besonderen Spaß hat mir dabei der Handlungsstrang aus der männlichen Ich-Perspektive gemacht.
Im November erscheinen zu guter Letzt in verschiedenen Verlagen insgesamt drei, gefühlte dreißig, Kurzgeschichten rund um das Thema Weihnachten.
Liebe Gabriella, vielen Dank für diesen Einblick in Ihre Arbeit. Ich wünsche Ihnen für die Zukunft weiterhin ganz viel Kreativität und Inspiration.
Das signierte Buch geht an Rabea H. -Herzlichen Glückwunsch
© Ricarda Ohligschläger
Foto: © Peter Wolff Fotodesign
Nach 15 Jahren Ehe muss Anna Bergman feststellen, dass eine Ehe nicht immer für die Ewigkeit bestimmt ist. Fazit ihrer Ehe: Auseinander gelebt – die Scheidung wird folgen.
Daher kommt ihr eine Auszeit auf Amrum gerade recht, zumal sie dort die Biographie einer verstorbenen Schriftstellerin schreiben möchte und sich die Insel hervorragend zum Recherchieren eignet.
Schon auf der Fähre begegnet Anna dem Fotografen Paul, der sie mit seiner lockeren und liebevollen Art schnell auf andere Gedanken bringt. Aber nicht nur Paul wird in den folgenden Wochen für Turbolenzen und Herausforderungen in ihrem Leben sorgen.
Nach der Kurzbeschreibung zu urteilen ist „Wolkenspiele“ eine romantische Frauenlektüre – wie es viele gibt.
Doch beim Lesen stellt man schnell fest, dass sich dahinter bei weitem mehr verbirgt, denn es ist nicht alltäglich, dass Themen wie Tod oder fehlende Mutterliebe in einem mit Liebe und Romantik verbunden werden. Zusätzlich mit eingebunden ist die Geschichte einer fiktiven Schriftstellerin, deren Leben Parallelen zu Anna aufweist.
Gabriella Engelmann ist der Spagat zwischen all diesen Dingen außergewöhnlich gut gelungen. Ihre Zeilen sind so gefühlvoll, dass einem beim Lesen das Herz aufgeht. Natürlich sind auch ein paar Tränchen nicht auszuschließen. Der Schreibstil und damit verbundene ICH – Erzählform eröffnet dem Leser einen ganz besonderen Blickwinkel. Beim Lesen hat man das Gefühl mit im Watthuis am Tisch zu sitzen oder den Sand zwischen den Zehen zu spüren.
Für mich ist „Wolkenspiele“ mehr als eine lockere Urlaubslektüre. Es ist ein Buch mit ganz viel Herzenswärme.
Nicht nur der Inhalt sondern auch die türkise Bedruckung aus Samt sorgen dafür, dass man dieses Buch nicht so schnell aus der Hand legen wird. (Auf dem unteren Bild kann man das etwas besser erkennen, ich habe es für euch extra mal versucht “einzufangen”.
© Ricarda Ohligschläger