Kerstin_04b_950Frau Hohlfeld, der Weg über die Theologie zur Autorin ist ja ein weiter. Haben Sie diese Erfahrung auch in einem ihrer Bücher verarbeitet oder haben Sie dies außen vor gelassen?
Grundsätzlich verarbeite ich vieles von dem, was ich im Lauf der Jahre beobachtet, gehört, gesehen und erfahren habe. Die Zeit meines Theologiestudiums war ein sehr intensiver und wertvoller Abschnitt in meinem Leben. Für mich als DDR-Bürgerin bedeuteten die Hinwendung zur Kirche und das Studium an einer kleinen kirchlichen Hochschule einen unglaublichen Gewinn an persönlicher Freiheit. Ich habe schon immer versucht, ohne Mauer zu leben. Auch wenn es damals noch nicht räumlich möglich war, so doch immerhin im Kopf.
Manchmal lässt sich eine äußere Situation gar nicht oder nur schwer ändern, aber wie wir damit umgehen, darüber denken, das entscheiden wir alleine. Diese Freiheit kann uns niemand nehmen. Man muss sich trauen, frei und in jede Richtung zu denken. Dann kann man sich selbst und die Dinge verändern. Der persönliche Lebensweg ist eine sehr individuelle Mischung aus Idealen, Zielen, Träumen und Wünschen. Und ein paar Stolpersteinen. 😉
Die Frauen in meinen Romanen sind fast alle Freigeister, auf der Suche nach ihrem ganz ureigenen Weg, von daher ist der Schritt von meinem Entschluss damals in der DDR Theologie zu studieren zum Inhalt meiner Bücher letztlich doch nicht so weit. Abgesehen davon hatte ich schon immer viel Phantasie, was, glaube ich, meinen Dozenten im Studium nicht unbedingt immer Freude bereitet hat. 🙂
Wie kamen Sie auf den Titel Ihres neuen Buches „Wenn das Glück anklopft„? Hat es damit zu tun, dass sie Theologie studiert haben und möchten somit den Lesern eine Art Lebensglück vermitteln, indem Sie in Ihrem Buch die schönen Seiten des Lebens näherbringen?
Der Titel eines Romans ist oft ein Produkt von mehreren Beteiligten. „Wenn das Glück anklopft“ trug den Arbeitstitel „Ein Hexenschuss kommt selten allein“. Als es dann um die endgültige Titelfindung ging, da haben sich im Verlag Lektoren und Marketingfachleute zusammen gesetzt und gemeinsam überlegt, welcher Titel am besten zum Buch passt. Ich bin mit dem Titel wirklich happy, denn er erweckt so schöne Assoziationen.
Was bedeutet Glück für Sie persönlich bzw. was war der glücklichste Moment in Ihrem Leben?
Ich habe bei Lovelybooks mal eine kleine Umfrage gestartet zum Thema Glück und wollte gern wissen, was Glück für die Leserinnen bedeutet. Die Antworten gaben im Großen und Ganzen zu erkennen, dass Glück sich selten an großen und einzigartigen Momenten festmacht, sondern oft still und leise, manchmal fast alltäglich daherkommt und begleitet ist von einem Gefühl der Geborgenheit, der Dazugehörigkeit, des Teilens. Familie, Freunde, Gesundheit, ein guter Job und nette Kollegen. Geld, Besitz und Statussymbole spielten eigentlich keine Rolle.
Dem Ergebnis meiner kleinen Umfrage kann ich mich voll und ganz anschließen.
Meine glücklichsten Momente sind die, wenn ich durch Zähigkeit, Ehrgeiz und Ausdauer meinen mir selbst gesteckten Ziele erreiche. Die Zusage zum Studium war ein solcher Moment, der erste und alle weiteren Buchverträge gehören natürlich auch dazu. Das Wörtchen „Ende“ unter einem Manuskript … jedes Mal ein Glücksmoment.
Und natürlich bin ich glücklich, dass ich Teil eines wunderbaren, lauten, bunt gewürfelten, liebenswerten Familien- und Freundeskreises bin.
Mich würde interessieren, wie Sie es schaffen so schnell so viele gute Bücher zu schreiben? Wie viele Seiten schreiben sie durchschnittlich am Tag?
Erst einmal danke für das Kompliment! 🙂 In den letzten fünf Jahren habe ich quasi alle Energie daran gesetzt, um als Autorin Fuß zu fassen. Ich habe in jeder freien Minute geschrieben und versucht, meine Bücher bekannt zu machen. Das war ein ziemlicher Kraftakt und nur möglich, weil meine Familie mich so toll unterstützt.
Ich versuche, vier bis fünf Mal in der Woche jeweils sechs bis zehn Seiten zu schreiben. Das klappt allerdings nicht immer.
Gab es schon einmal den Fall, dass Sie nach Veröffentlichung eines Ihrer Bücher plötzlich eine Idee hatten und in dem Moment die Geschichte anders geworden wäre? Oder sind Sie bisher immer zufrieden geblieben so wie das Buch geworden ist?
Na ja, im Grunde bin ich schon zufrieden. Dennoch versuche ich stets, mich weiterzuentwickeln, besser zu werden, noch mehr Leserinnen zu überzeugen. Und natürlich nehme ich mir Kritik auch zu Herzen.
Beispiel: Im Fall von „Ich heirate einen Arsch“ kritisieren etliche Leserinnen das Ende, einige sind sogar richtig schwer enttäuscht.
Als ich den Schluss so geschrieben habe, wie er ist, war ich selbst von Herzen überzeugt davon, auch wenn ich wusste, dass das Ende nicht unbedingt genretypisch und somit ein Wagnis ist. Jedoch war ich sicher, dass die Leserinnen das sicherlich nachvollziehbar finden und damit einverstanden sind. Doch unterdessen muss ich einsehen, dass ich mich getäuscht habe. Etliche Leserinnen haben mir gesagt, dass sie mit der Entscheidung meiner Protagonistin Luisa nicht mitgehen können. Da bin ich wohl zu sehr von mir selbst und meiner Sicht auf die Beziehung der beiden ausgegangen.
„Ich heirate einen Arsch“ wird aus zweierlei Perspektiven erzählt. Aus einem männlichen und aus dem weiblichen. Dazu haben Sie dieses Buch zusammen mit Leif Lasse Andersson geschrieben. Wie lief die Zusammenarbeit, wie wurde das Buch geplant und von wem kam die Idee?
Die Idee stammt von Leif Lasse und ich hab ihm, als ich davon erfuhr, gesagt: Ähm … du Leif Lasse, kannst du das bitte gefälligst mit mir schreiben? Ich finde die Idee nämlich genial.
Da hatte ich ein Glück, dass er einverstanden war. Dann haben wir uns voller Eifer ins Projekt gestürzt. Die Zusammenarbeit vergleiche ich gern mit einer Achterbahnfahrt – von wohligem Bauchkribbeln, bis wildem Geschrei, über den Wunsch auszusteigen, bis hin zu großer Freude darüber, diesen genialen Kerl und Kollegen getroffen zu haben, war so ziemlich alles an Emotionen dabei. Jedenfalls von meiner Seite her. 🙂
Einen Roman miteinander zu schreiben, ist zeitweise nicht so einfach. Zumal man als Autor ja in der Regel ein Einzelkämpfer ist.
Neben all den tobenden Emotionen haben wir dennoch ausgesprochen diszipliniert gearbeitet -geschrieben, diskutiert, gekürzt, geändert und uns miteinander über unsere Protagonisten ausgetauscht.
In dem Buch herrscht teilweise ein sehr direkter Ton – der mir sehr gut gefallen hat. Sind Sie im wahren Leben auch eher direkt?
Gute Frage! Ich denke schon. Ich versuche es jedenfalls, weil ich der Meinung bin, dass Drumherumreden, Hinter dem Rücken-Tuscheln, Unehrlichkeit und Verdrängung nicht weiter bringen. Allerdings gibt es auch ein Zuviel an Direktheit. Natürlich ist es schlauer, seinem Chef nicht in vollem Umfang zu sagen, was man von ihm hält. Wie fast immer im Leben gilt es die Mitte zu treffen, was ganz schön schwer ist.
Leif Lasses Ton im Roman gefällt mir jedenfalls sehr. Man weiß als Leserin immer sehr genau, was er denkt, auch wenn es nicht gerade korrekt ist. Aber genau das macht die Figur Björn so herrlich frisch und authentisch. Schön wär es, wenn wir im echten Leben auch so gut in den Kopf der Männer gucken könnten. Na ja … oder vielleicht besser doch nicht. 🙂
Wird es eine Fortsetzung der Geschichte geben?
Die ist derzeit nicht geplant, aber wenn, sagen wir mal, eine Millionen Bücher verkauft werden und etwa die Hälfte der Leserinnen an Knaur schreibt und eine Fortsetzung verlangt, dann sollte da was möglich sein.
Nein, Spaß beiseite. Die Geschichte von Björn und Luisa ließe sich wunderbar weitererzählen. Und da man ja nie „nie“ sagen soll, mache ich das auch nicht.
Was planen Sie für 2015? Auf welche Veröffentlichungen dürfen sich Ihre Leser/innen freuen?
Im März 15 erscheint mit „Kirschblütenfrühling“ der vierte und letzte Band meiner Rosa-Redlich-Geschichten im Gmeiner –Verlag. Darauf freue ich mich sehr, denn die quirlige Berliner Schneiderin hat eine kleine Fangemeinde, die dem Erscheinen des letzten Teils schon entgegenfiebert. Auf die Reaktionen und den Austausch mit den Rosa-Fans freue ich mich riesig.
Im September dieses Jahres erscheint mein zweites Buch bei Ullstein und auch darauf freue ich mich sehr. Mit „Morgen ist ein neues Leben“ habe ich mich auf ein neues Terrain gewagt – den großen Familien- und Schicksalsroman. Ein Genre, das ich selbst sehr gern lese und nun auch schreibe – gleichermaßen eine Herausforderung wie eine Freude.
Und auf was freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich über jeden Tag, an dem ich schaffe, was ich mir vorgenommen habe. An dem ich kreativ, gesund, geborgen und zufrieden bin. Und wenn das mal nicht klappt, dann bin ich dankbar über eine Prise Gelassenheit und das Vertrauen darauf, dass es schon irgendwie weitergeht.
Denn morgen ist ja auch noch ein Tag!
Das ist ein wunderschöner Schlusssatz und ich bedanke mich ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser/innen – für dieses interessante und vielfältige Interview!
Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Anja Schmidt
Melanie Bublies
Rebecca Kiwitz
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”
© Autorenfoto: https://www.rossigraphie.de
© Ricarda Ohligschläger

6 thoughts on “Interview mit Kerstin Hohlfeld

  1. Hallo Rici und hallo Kerstin Hohlfeld (falls Sie es lesen 😉 ),
    zunächst einmal freu ich mich riesig, dass ich eines der Bücher gewonnen habe und bin schon sehr gespannt. Vielen Dank vorab!
    Ich lese extrem selten Autoreninterviews, aber da meine Frage dabei ist hab ich es komplett studiert und finde es zum Einen sehr interessant und zum Anderen muss ich sagen, dass mir die Autorin sehr sympathisch ist.
    Die Beantwortung meiner Frage hat bewirkt, dass das Buch „Ich heirate einen Arsch“ gleich auf meiner Wunschliste gelandet ist. 😉
    Liebe Grüße,
    Melanie

  2. Liebe Melanie, ich freu mich, dass du das Interview gelesen hast und natürlich auch, dass dich die Beantwortung deiner Frage neugierig auf den Roman „Ich heirate einen Arsch“ gemacht hat. Na, da bin ich ja mal gespannt, wie die Geschichte dir gefällt. 😉
    Rici hat übrigens eine Rezension dazu geschrieben, da kannst du ja schon mal spicken. 😉
    Nun aber erstmal viel Freude mit „Wenn das Glück anklopft“.
    Herzliche Grüße
    Kerstin (die auch gern geduzt werden „darf“) 😉

  3. Hallo,
    so nach den Sturmreichen Tagen, habe ich endlich auch mal wieder Zeit bei dir in aller Ruhe reinzuschauen und habe natürlich gleich das Interview gelesen.
    Ich finde es immer wieder toll, was du dir für eine Mühe machst, aber ganz ehrlich es lohnt sich auch jedes Mal, gerade auch weil immer Fragen gestellt werden, die man nicht in einem „normalen“ Interview von Autoren finden kann.
    Natürlich möchte ich mich auch für das Buch bedanken und freue mich schon drauf bis ich es lesen werde, das wird genossen.
    Vielen Dank und viele Grüße
    Rebecca

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