Schlagwort: Helena Marten

  • Interview mit Helena Marten

    Gerne würden wir uns für genauso anpackend und furchtlos halten wie unsere Heldinnen
    Liebe Frau Querfurth, erzählen Sie uns doch bitte etwas über „Die Kaffeemeisterin“. Ist es ein Roman nach Art: Frau kämpft sich durch und bekommt am Ende ihren Helden?
    Unser Buch beschreibt den Siegeszug des Kaffees in Europa und zeigt, wogegen Kaffeehauswirte wie unsere Johanna damals zu kämpfen hatten. Ja, sie kämpft sich durch, aber tun wir das nicht alle? Und lesen wir nicht alle zugleich gerne Bücher über Frauen, die sich genauso durchschlagen müssen wie wir selbst? (Den letzten Teil der Frage kann ich hier nicht beantworten, denn das würde zu viel verraten.) 
    In Ihren Büchern geht es stets um starke Frauenfiguren, die mit vielfachen Herausforderungen konfrontiert werden und diese auf erstaunliche Weise meistern. Sind Sie ebenfalls starke, selbstbewusste Frauen, oder haben Sie mit ihren Protagonistinnen vielmehr einen Idealtypus Frau entworfen?
    Wir schreiben über das, was wir selbst gerne lesen würden. Und natürlich schreiben wir über Frauen, mit denen wir gerne befreundet wären. Uns selbst können wir nur schwer einschätzen. Gerne würden wir uns für genauso anpackend und furchtlos halten wie unsere Heldinnen. 
    Sie trinken ja beide selbst gerne Kaffee, wenn ich das richtig gesehen und gelesen habe, wenn auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Verbinden Sie aber mit Kaffee noch mehr als die Heldin aus Ihrem gemeinsamen Buch und die Leidenschaft, dieses Getränk hin und wieder zu genießen?
    SVV: Für mich ist Kaffee auch ein Stück Kulturgeschichte. Vor allem verbinde ich – aus persönlichen Gründen – Italien damit, aber nicht zuletzt durch die Beschäftigung mit „Der Kaffeemeisterin“ ist mir klar geworden, wie viel mehr in der kleinen schwarzen Bohne steckt. Bei weitem nicht nur Aroma!
    BQ: Für mich ist Kaffeetrinken immer eine Reise im Kopf. Der Kaffee stillt meine Sehnsucht nach der Ferne. 
    Beenden Sie doch bitte beide einzeln diesen Satz „Kaffeetrinken bedeutet für mich…“
    SVV: … Lebensfreude.
    BQ: … Abenteuer und Exotik.
    Können Sie sich vorstellen, Ihre Romane in einer ganz anderen Zeit spielen zu lassen? Und muss es immer etwas Historisches sein?
    Wir haben uns beide ins 18. Jahrhundert verliebt. Rüschen, Degen, Abenteuer. Meissner Porzellan und Schönheitspflästerchen – das ist die eine Seite, sprich: das Zeitalter des Rokoko. Auf der anderen Seite war das 18. Jahrhundert gesellschaftlich betrachtet eine Zeit des Umbruchs. Zwar war man noch ganz dem mittelalterlichen Ständesystem verhaftet, hatte sich mit tausenden Verordnungen und eingeschränkten Freiheiten herumzuschlagen. Aber zugleich haben wir es hier mit der Epoche der Aufklärung zu tun. Und natürlich war es auch ein Jahrhundert der Erfindungen und Neuerungen. Man soll natürlich nie „nie“ sagen: Wer weiß, was uns noch alles einfällt?
    Porzellan, Kaffee und aber auch der Vorname Ihres Pseudonyms lassen darauf schließen, dass Sie beide sehr kulturinteressiert sind. „Die Kaffeemeisterin“ spielt zum Teil in Venedig, „Die Porzellanmalerin“ führt die Leser nach Frankreich. Wieso haben Sie sich gerade für diese beiden Orte entschieden?
    Wir lieben diese Länder! Genauso wie den Orient. Das Schreiben ist für uns eine Möglichkeit, auf dem Papier dorthin zu reisen, die Sonne und den speziellen Charme vor Ort zu genießen, während wir in Wirklichkeit gerade bei Regen oder Eis und Schnee in Frankfurt am Schreibtisch sitzen. Unsere Themen suchen wir so aus, dass immer ein Teil der Bücher in diesen Ländern spielen kann. So verkürzen wir uns die Zeit bis zum nächsten Urlaub dort. 
    Waren Sie selbst schon einmal dort zur Recherche, oder entspringen die durchaus gelungenen Beschreibungen einzig und allein Ihrer Phantasie?
    Wir haben natürlich alle Orte besucht, die in unseren Romanen auftauchen. Und zum Glück noch viele mehr, über die wir dann in weiteren Büchern schreiben können.
     Und wo wurde in Deutschland das erste Mal Kaffee getrunken?
    Wir stellen uns vor, dass irgendwann ein Hamburger oder Bremer Matrose von einer Weltumsegelung zurückkam und seine Frau gebeten hat, die mitgebrachten schwarzen Bohnen zu zerstampfen und dann mit Wasser aufzukochen. Oder aber ein italienischer Händler hat von Frankfurter oder Leipziger Wirten verlangt, auch während der Messe mit seinem Lieblingsgetränk versorgt zu werden. Und natürlich gibt es Beschreibungen von deutschen Orientreisenden, die schon aus dem 16. Jahrhundert stammen. Diese Reisenden haben sich wahrscheinlich ebenfalls schon einige Bohnen mit nach Hause genommen. Wie es wirklich genau ablief, weiß jedoch keiner.
    Frau Van Volxem, Sie arbeiten beide in der Verlagsbranche. Ist der Wunsch zu schreiben erst durch ihre Arbeit ausgelöst worden, oder war er schon vorher da?
    Ich habe schon als Kind viel geschrieben, Gedichte und kleinere Geschichten. 
    Haben Sie vielleicht sogar schon früher mit dem Schreiben begonnen?
    Ich bin studierte Übersetzerin mit Schwerpunkt Literatur. Da das Übersetzen auch eine Form des Schreibens ist, habe ich so gesehen in der Tat schon früher professionell damit begonnen. Außerdem habe ich vor ein paar Jahren eine Art Geschenkbuch zum Thema Namen („No Name. Wie man sein Kind nicht nennen sollte“) verfasst. 
    Mich würde interessieren, wie lange Sie mit der Idee zu „Die Kaffeemeisterin“ schwanger gingen, bevor Sie sich konkret mit dem Verlag an die Arbeit gemacht haben.
    Buchideen wachsen über einen sehr langen Zeitraum in einem, ohne dass man sich dessen wirklich schon bewusst ist. Da wir nur über Dinge schreiben, die uns persönlich interessieren, entstehen unsere Romanprojekte aus unseren eigenen Vorlieben, Wünschen und Träumen. Aber natürlich auch aus unserem Alltag. Dann setzt man sich irgendwann zusammen, und die Idee steht plötzlich auf einem Blatt Papier. Aber die Geschichte kann erst einmal ganz anders aussehen, man feilt dann immer weiter daran, es kommen neue Personen, neue Handlungsstränge hinzu. Was wir damit sagen wollen: Die Idee für ein Buch ist ein sehr, sehr langer Prozess.
    Wie darf man sich Ihr gemeinsames Schreiben vorstellen? Gibt es eine Aufteilung, wenn beide an einem Buch arbeiten, wer für welche Ereignisse/Themen zuständig ist? Schreibt etwa die eine die Dialoge und die andere die Sicht des Erzählers, oder gibt es gar keine „Arbeitsteilung“ während des Schreibens?
    Jede schreibt ein Stück Text (oft kapitelweise) und schickt es dann der anderen. Die schreibt entweder direkt weiter oder wirft alles oder einen Teil wieder um. Insgesamt wird der ganze Text von uns beiden immer wieder durch die Mühle gedreht, so dass wir hinterher oft gar nicht mehr wissen, wer eigentlich was geschrieben hat. Aber eine große inhaltliche Stütze ist natürlich die anfangs gemeinsam erstellte Gliederung. 
    Was passiert, wenn man unterschiedliche Ideen für die Weiterführung der Handlung hat?
    Dann reden wir so lange, bis wir uns auf eine Lösung geeinigt haben, mit der wir beide einverstanden sind.
    Ist es schwierig ein Buch zu schreiben, wenn die eigenen Anforderungen doppelt so hoch sind durch den vorhergegangenen Umgang mit so vielen anderen Autoren und Geschichten?
    Selbst zu schreiben ist ganz anders, als Manuskripte zu beurteilen oder zu lektorieren. Unsere Anforderungen sind eher gestiegen, weil wir aus eigenen Fehlern lernen. Zum Glück werden die meisten Unstimmigkeiten und Übertreibungen von der jeweils anderen oder von unserer Lektorin beim Diana Verlag verhindert. 
    Frau Van Volxem, wie kam es zu dem gewählten Pseudonym „Helena Marten“?
    Wir fanden unsere beiden eigenen Namen zu lang und zu kompliziert, zumal sie immer falsch geschrieben werden. Und „Helena“ klingt einfach schön; ich hätte mein Kind auch so genannt, wenn es nicht ein Junge geworden wäre. Und „Marten“, das passt einfach dazu. Ein gemeinsamer Name symbolisiert für uns darüber hinaus auch unsere Arbeitsweise. 
    Gibt es bereits ein neues Schreibprojekt? Und können Sie sich vorstellen, auch jeder für sich mal ein Buch zu schreiben?
    Das neue Projekt ist gerade am Entstehen. Aber was es genau wird, das können wir noch nicht verraten. Da wir beide auch schon Bücher unter unseren eigenen Namen geschrieben haben, wäre auch das nichts Neues für uns. Aber das nächste Buch soll erst einmal wieder eine Helena Marten werden. 
    Gibt es sonst noch etwas außer dem Schreiben, was Sie beide gerne zusammen machen möchten, bei dem Sie sich vorstellen könnten, dass es ebenso gut harmoniert?
    Vielleicht machen wir ja eines Tages ein Kaffeehaus in Frankfurt auf … Und außerdem sind wir ja auch befreundet und machen sowieso alles Mögliche zusammen. 
    Frau Querfurth, was tun Sie, wenn Sie gerade nicht schreiben? Wie sieht Ihre Arbeit als Literaturagentin aus?
    Ich suche für meine Autoren einen Verlag, verhandele den Vertrag und stehe ihnen beratend zur Seite. Natürlich lese ich viele Manuskripte und Exposees und wähle daraus diejenigen aus, die aus meiner Sicht eine Chance haben, veröffentlicht zu werden. 
    Abschließend noch die Frage an beide Autorinnen: Welches Buch hätte Ihrer Meinung einen Platz in der Bestsellerliste verdient?
    BQ: „Der frühe Vogel kann mich mal. Ein Lob der Langschläfer“ von Bettina Hennig. Ein Buch, das im August erscheint und mir als Gegnerin des frühen Aufstehens ganz besonders am Herzen liegt.
    SVV: Hanns-Josef Ortheil, „Die Erfindung des Lebens“. Dieses Buch, eigentlich mehrere Bücher in einem, hat mich sehr berührt, noch dazu ist es hervorragend geschrieben.
    Liebe Frau Querfurth, liebe Frau van Volxem, ich danke Ihnen – auch im Namen der Leser – von Herzn für dieses interessante Interview und den Einblick in Ihre Arbeit. Auf weitere Projekte mit dem Namen „Helena Marten“ freue ich mich jetzt schon.
    Die Bücher aus der Verlosung gingen bereits an
    Sabrina L.
    Sandra Sch.
    Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“
    Copyright / Autorenfoto: Horst Friedrichs

  • Helena Marten – Die Kaffeemeisterin

    Die Sprache ist sehr bildhaft und lebendig, sodass man durchweg das Gefühl hat, ebenso mit einer Tasse Kaffee den Geschehnissen beizusitzen.
    Frankfurt im Jahre 1729: Die junge Johanna Berger muss nach dem viel zu frühen Tod ihres Mannes Adam die „Coffeemühle“ erhalten.
    Das Gasthaus und ihre zwei Stieftöchter sind alles, was ihr geblieben sind.
    Doch Johanna hat Feinde. Der Ehemann ihrer Freundin Elisabeth, Gottfried Hoffmann, sieht ihren Erfolg so gar nicht gern und auch die Apotheker würden sich lieber heute als morgen den Kaffeehandel unter den Nagel reißen.
    Allen zum Trotz hat die tatkräftige Witwe hat einen Plan: ihre „Coffeemühle“ soll das beste Haus am Platz werden. Mit viel Einfallsreichtum und der Hilfe des jüdischen Musiker Gabriel Stern, eröffnet sie kurzerhand einen separaten Damensalon, der freudig von den Frauen
    angenommen wird.
    Jedoch wird die Eröffnungsfeier durch einen Überfall Hoffmanns und seinen Schurken gestört. Das Ende der „Coffeemühle“
    sind aufgeschlitzte Polster, zersplittertes Glas und ein schwer verletzter Gabriel.
    Johanna verlässt die Stadt in Richtung Italien, wo sie sich Hilfe vom Freund ihres Mannes erhofft. Doch sie bekommt viel mehr als das. Sie steigt zur Kaffeemeisterin des Sultans auf. Aber ihre Heimat und ihre geheime Liebe kann sie nicht vergessen…
    Helena Marten ist das Pseudonym des Autorinnenduos Susanne Van Volxem und Bettina Querfurth. Nach ihrem Roman „Die Porzellanmalerin“ (Diana Verlag, 2009) entführen sie ihre Leser mit „Die Kaffeemeisterin“ von Frankfurt, nach Italien bis in den Orient.
    Ihre Hauptfigur Johanna steht dabei eindeutig im Vordergrund. Intrigen und der Kampf gegen ihre Widersacher geben der Geschichte die nötige Abwechslung und durch Gabriel Stern kommt auch die Liebe nicht zu kurz.
    Die Sprache ist sehr bildhaft und lebendig, sodass man durchweg das Gefühl hat, ebenso mit einer Tasse Kaffee den Geschehnissen beizusitzen. Wer da nicht Lust auf einen starken Mocca oder einen heißen Espresso bekommt, ist wohl eher dem Tee verfallen.
    Einen kleinen Einblick in das Leben bekommt man auch jederzeit und ebenso kann man sich einen Einblick über die Schwierigkeiten machen, die die Juden seinerzeit hatten. Von allen verachtet, hatten sie sicher kein leichtes Leben.
    Allerdings hatte ich auch Zweifel während der Geschichte. Haben sich Frauen im 17. Jahrhundert wirklich so leicht verführen lassen und hatten sie es nicht noch viel mehr mit Amtsauflagen etc. zu tun? Johanna muss außerdem sehr mutig gewesen sein, alleine durch die Welt zu reisen. Kaum zu glauben, dass ihr dabei nicht mehr passiert ist. Hier hätte man vielleicht doch noch etwas Dramatik einspielen lassen können, welche der Spannung sicher gut getan hätte.
    Davon aber abgesehen sind auch die anderen Figuren sehr gut charakterisiert worden. Hoffmann wird als das Ekel, der Johanna und Elisabeth das Leben schwer macht, perfekt in Szene gesetzt; Jehuda der mit Sicherheit ahnt, dass Johanna nicht nur wegen der Kaffeebohnen zu ihm kommt und Gabriel Stern, der sanftmütige, musikliebende Jude mit den schönen Augen. All diese Personen mag man nicht missen, denn sie alle geben der Geschichte durch ihren Charakter Lebendigkeit und Johannas Welt ihren Rahmen.
    Wer interessiert ist zu wissen, welche Personen real und welche der Fantasie entsprungen sind, sollte sich Zeit für die Danksagung nehmen, in der dazu noch ein paar Anmerkungen zu finden sind.
    Und wer traurig ist, dass die Geschichte irgendwann zu Ende gelesen ist, wird vielleicht das eine oder andere Mal „Die Kaffeemeisterin“ aus dem Buchregal holen, um das wunderschön und zum Thema passend gestaltete Cover anzusehen.
    Fazit: Eine bezaubernde Geschichte, die mit Sicherheit für Kurzweil sorgt und ganz große Lust auf einen schönen heißen Kaffee macht.
    © Ricarda Ohligschläger