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Marie Cristen

Rezensionen

Marie Cristen – Der Damenfriede

Einzig ein Lesebändchen könnte diesen Roman noch wertvoller machen

 
Paris 1529
Frankreich befindet sich seit Jahren im Krieg und nicht nur das Volk, sondern auch die Mutter des französischen Königs, ist sich einig es muss etwas geschehen. Frieden muss endlich her!
Doch die Herrscher Kaiser Karl V. und König Franz I. von Frankreich wollen partout nicht miteinander verhandeln. Zu groß sind die Zwistigkeiten, die u. a. die Geiselhaft der beiden Söhne des Königs in Madrid beinhalten. Seine Mutter hat König Franz im Austausch der beiden Prinzen freibekommen und Kaiser Karl fordert nun eine Million Goldstücke für deren Freilassung. Da der König aber diese Summe unmöglich aufbringen kann, lässt er seine Untertanen durch Sonderausgaben bluten.
So beschließt die Mutter des französischen Königs, Louise von Savoyen, unter größter Geheimhaltung mit ihrer Habsburger Erzfeindin, Margarethe von Österreich, Tante Karls V., zu verhandeln. Ihre Stärke zu verhandeln ist allerdings nicht bei allen beliebt. Während Franz Gefangenschaft war sie als Regentin zwar gut angesehen, trotzdem wurden Stimmen laut, dass sie ihre Enkel zu Geiseln gemacht hat.
Die junge Venezianerin Simona Contarini gerät mehr durch Zufall in den Umkreis des Pariser Hofes. Eingeengt in Konventionen und in eine unglückliche Ehe gedrängt ist sie nach der Ermordung ihres zur Gewalt neigenden Ehemanns auf dem Weg nach Flandern, wo sie nun Louise kennenlernt. Zum ersten Mal im Leben fühlt sie sich frei und glücklich. In Fontainebleau trifft sie das erste Mal auf Louise und gewinnt sofort ihr Vertrauen. Sie bezieht sie in ihre Korrespondenz mit Margarete von Österreich mit ein, da diese flämisch schreibt. In ihrer neuen Position agiert Simona fortan nicht nur als Übersetzerin, sondern wird mehr und mehr zur Vertrauten der Herzogin.
Marie Cristen zeichnet in “Der Damenfriede” nicht nur ein anschauliches Bild der Ereignisse rund um den Damenfrieden von Cambrai, sondern vermittelt auch auf ihre Weise ein Stück Geschichte.
Über einen Zeitraum von 4 Jahren spannen sich die Ereignisse in einem flüssigen Schreibstil. So fällt es schwer das Buch aus der Hand zu legen, nicht nur wegen der Kapiteleinteilung, die zusätzlich zum Lesefluss beiträgt.
Der Autorin ist es gelungen historische Persönlichkeiten, wie auch fiktive Personen facettenreich darzustellen. Als Leser ist man hautnah dabei, wenn es sich um politische Verhandlungen oder auch zwischenmenschliche Beziehungen geht.
Besonders beeindruckt hat mich Louise von Savoyen, die mir als starke Persönlichkeit in Erinnerung bleiben wird. Trotz fortschreitender Krankheit hält sie fest an ihren Plänen zum Frieden. Sie ist als Strippenzieherin sehr präsent, wenn es um politische Entscheidungen geht aber auch in Liebesdingen überlässt sie nichts dem Zufall und sorgt so für manche Überraschungen in ihrem Umfeld. Simona lässt sich meiner Meinung nach sehr von der Autorität der Herzogin leiten und während sie anfänglich noch sehr entscheidungsfreudig und spontan handelt, wirkt sie am Ende hin eher besonnen und reifer.
Das spiegelt sich meiner Meinung nach in der Episode mit Bernhard Palissy, dem Glasmaler, wieder. Ohne lange zu überlegen schließt sie sich seinem Wege an und ist dabei für damalige Zeiten mehr als unvorsichtig. In der späteren Handlung möchte sie eigentlich gerne bei ihrem Geliebten sein, doch hält sich zurück, da dieser erst noch einige Vorbereitungen auf seiner Burg treffen möchte. Auch wenn es ihr tief im Inneren weh tut bringt sie die Geduld auf noch länger auf ein Heim zu warten. Diese Wandlung hat Marie Cristen ganz behutsam geschrieben und das machte die Figur der Simona noch glaubwürdiger.
“Der Damenfriede” wird abgerundet durch den Anhang inklusive Stammbaum, der noch einmal die wichtigsten Personen beschreibt und somit noch mehr zum Verständnis beträgt.
Einzig ein Lesebändchen könnte diesen Roman noch wertvoller machen.
Fazit: Eine gelungene Mischung aus politischen Spannungen und Romantik, aber auch ein anschauliches Bild einer der wichtigsten Personen für die Grande Nation.
© Ricarda Ohligschläger

Interviews mit Autoren

Interview mit Marie Cristen

Alles zu seiner Zeit 

Liebe Frau Cristen, ich freue mich sehr Sie bei der Aktion “Leser fragen – Autoren antworten” begrüßen zu können. Ihr aktueller Roman “Der Damenfriede” handelt von dem Vertrag, der letzten Endes den Krieg der zwischen Kaiser Karl V. und König Franz I. von Frankreich beendete. Die Verhandlungen tätigten Margarethe von Österreich und Luise von Savoyen aus. Haben Sie die Stärke und der Ehrgeiz der beiden Damen zu diesem Roman inspiriert? Oder war es etwas völlig anderes? In erster Linie war es der Umstand, dass die Zeit des “goldenen” Flandern  mit dem Damenfrieden zu Ende ging. Dass die beiden Verhandlungspartnerinnen zwei so außergewöhnliche Damen waren, kam natürlich positiv hinzu. Die Flandern-Saga umspannt dieses Zeitalter mit ihren 4 Romanen. 
Wie lange haben Sie recherchiert und welche Quellen haben Sie genutzt?
Das Beginenfeuer ist 2005 erschienen und bereits in den Jahren zuvor, habe ich die Idee verfolgt. Die Gesamtrecherche erstreckt sich also über gut sechs bis sieben Jahre. In dieser Zeit bin ich mehrmals nach Brügge und Flandern, nach Paris und Burgund gereist, habe Unmengen von Biographien und Bücher gelesen, Museen besucht und meine Informationen mit dem Internet abgeglichen. Das ist natürlich nur möglich, wenn eine gewisse Basis an Geschichtswissen vorhanden ist, auf der man aufbauen kann. Ich habe mir diese Basis über lange Jahre hinweg aus persönlichem Interesse geschaffen, so dass ich weiß, wo ich mir Informationen besorgen kann, die nicht auf der Straße liegen, wie man so schön sagt. 
Was macht Ihnen mehr Spaß, die Arbeit bei einer Zeitung oder das Schreiben von Romanen? Und weshalb?
Alles zu seiner Zeit. In meinen Jahren bei der Zeitung habe ich nicht nur Schreiben, sondern auch recherchieren, organisieren und Disziplin gelernt. Ohne diese handwerklichen Fähigkeiten kommt man bei einem Roman nicht weiter, egal wie ausgefallen und gut die Grundidee der Geschichte auch ist. Aufgrund dieser Ausbildung kann ich nun als freie Autorin meine Themen selbst aussuchen. Heute macht das natürlich mehr Spaß, als hektischer Zeitungsbetrieb, aber ohne meine Zeitungsjahre wäre ich heute nicht wo ich bin. 
Da die Hauptschauplätze der historischen Romane von Ihnen alle NICHT in Deutschland liegen würde ich gerne wissen, ob Sie familiäre Bande nach Frankreich oder Italien haben oder ob es andere Gründe gibt, warum die Geschichten immer in “fremden” Ländern spielen?
Ich bin bekennender Frankreich-Fan und habe dieses Gen von meinem Vater übernommen, der als Kriegsgefangener in Frankreich war und Land und Leute dennoch lieben lernte. Von der Geschichte Frankreichs fasziniert habe ich gelesen, gelesen, gelesen und mir dabei mühelos ein Grundwissen angeeignet, das ich über andere Länder nicht in diesem Maße besitze. Hinzu kommt, dass die meisten meiner Reisen nach Frankreich gehen und ich die Sprache gut genug spreche, um auch französische Bücher lesen zu können. Dass daraus Ideen für Romane entstehen, ist geradezu zwingend. 
Wird es auch demnächst mal ein Buch geben, was z.B. im Ostallgäu spielt? (Das fände ich sehr interessant, da meine Familie auch aus dem Allgäu kommt.) Oder ist der Grund ganz einfach, dass es dort zu wenig historisch relevante Personen gab?
Die Frage habe ich eigentlich zum Thema Frankreich schon beantwortet. Aber ich habe auch versucht, meinem Verlag einen regionalen, bayrischen Stoff nahezubringen. Er wurde mit dem Argument abgelehnt, dass ein historischer Roman überregional interessant sein müsse. Regionales zieht in erster Linie bei Krimis. Schade, aber als Autor ist man darauf angewiesen, seine Manuskripte auch zu verkaufen. 
Mich würde interessieren warum Sie Pseudonyme verwenden, wenn Sie einem dann doch zugeordnet werden? Eigentlich möchte man ja nicht unbedingt “erkannt” werden, oder?
Die Pseudonyme sind ausschließlich auf Verlagswunsch zustande gekommen. Dort sieht man ein Pseudonym als Marke für eine bestimmt Art von Buch. Marie Cristen steht für historische Romane, Valerie Lord und Marie Cordonnier für sog. “Nackenbeißer”-Liebesromane. Gaby Schuster ausschließlich für Jugendbücher. Ich habe versucht, meinen ersten historischen Roman unter Gabriele Marie Schuster anzubieten, aber angeblich verbinden die Buchhändler mit Schuster ein Jugendbuch. Die Marketing-Abteilung des Verlages befürchtete Irrtümer. 
Mich würde interessieren, ob Sie persönlich als Lektüre auch historische Romane bevorzugen oder ob es da komplett in eine andere Richtung geht?
In erster Linie lese ich tatsächlich viel Historisches, Romane ebenso wie Biographien und Sachbücher. Daneben kann  ich mich auch für Krimis (Stieg Larsson oder Kobr/Klüpfel) begeistern, für Fantasy, Modernes oder englische Bücher. So habe ich, nachdem die Reihe in Deutsch eingestellt wurde, die letzten drei Bücher der Niccolo-Reihe kürzlich in Englisch gelesen. Ich bedaure sehr, dass Dorothy Dunnett nicht komplett in Deutschland veröffentlicht wurde. 
Haben Sie Vorbilder beim Schreiben oder hat Sie jemand auf ihrem Weg zur Autorin ganz besonders geprägt?
Es gibt Autoren die bewundere, aber ich versuche dennoch meinen ganz eigenen Weg zu finden. Den Anstoß dafür, historische Romane schreiben zu wollen, haben aber die Angélique-Bücher von Anne Golon gegeben. Als Teenager habe ich die Bücher verschlungen und schon damals davon geträumt, einmal Leser auf solche Weise in ferne Zeiten zu entführen. 
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Im Moment lese ich “Der Fluch der Hebamme” von Sabine Ebert, davor war es “Reisen im Mittelalter” von Norbert Ohler. 
Wie sieht ein typischer Schreibtag bei Ihnen aus? Gibt es den überhaupt oder lassen Sie sich eher von der Muse leiten?
Da die Muse ein launisches Geschöpf ist, verlasse ich mich auf die Disziplin, die ich schon erwähnt habe. Das heißt,  wenn gerade ein Roman in Arbeit ist, müssen täglich fünf bis zehn Seiten entstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind cirka 6 bis 9 Stunden am Computer erforderlich. Morgens bin ich spätestens um neun am Laptop, unterbrochen von einer Mittagspause, geht das dann je nach Tagesform bis 18, 19 oder manchmal auf 20 Uhr weiter. Zeiten in denen die Muse dennoch streikt – auch die gibt es – nutze ich für Recherchen über neue Themen, zum Überarbeiten und den ganz normalen Alltag, den auch eine Autorin zu stemmen hat.
Und auf was können sich ihre Leser in 2011 freuen?
Der nächste Roman, an dem ich im Moment schreibe, wird zur Abwechslung in Deutschland spielen, obwohl auch er gewisse Verbindungen nach Burgund hat. Erscheinungstermin und Ausgabe sind noch nicht ganz sicher, also kann ich im Augenblick nur auf “Das flandrische Siegel” verweisen, das im Dezember 2010 als Taschenbuch erscheint, und den “Turm der Lügen”, der als Originaltaschenbuch zwar schon ein Jahr alt ist, aber immer noch neue Leser findet.
Liebe Frau Cristen,  ich danke Ihnen herzlichst für dieses Interview.
Das Buch aus der Verlosung geht an
Claudia E.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“