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Republikflucht

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Deana Zinßmeister – Die vergessene Heimat - Werbung -

Die vergessene Heimat von Deana Zinßmeister ©Goldmann
Die vergessene Heimat von Deana Zinßmeister ©Goldmann

Die vergessene Heimat von Deana Zinßmeister ©Goldmann

Die Geschichte von der Flucht ihrer Eltern aus der DDR kennt Britta Hofmeister seit Kindesbeinen. Sie selbst kam in der Bundesrepublik zur Welt, wuchs mit ihren Geschwistern behütet auf und hatte nie Grund, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Bis ihr Vater an Demenz erkrankt. Zunehmend verwirrt, beginnt er, von früher zu erzählen. Und bald wird klar: Was bei der Flucht 1961 wirklich geschah, hat er jahrzehntelang verschwiegen. Nun kommt die dramatische Wahrheit ans Licht und stellt die Familie vor eine Zerreißprobe …
(Quelle: randomhouse.de)

Deana Zinßmeister ist vielen bereits bekannt als Autorin historischer Romane, die sie mitreißend, realistisch und vor allen bitgewaltig schreibt. Ihre Bücher sprechen von der Leidenschaft für Geschichte und von viel Interesse an der Recherche.

Im aktuellen Roman führt sie ihre Leser ebenso wieder in die Vergangenheit. Zwar nicht in die Zeit der Pest oder Burgen, aber auch in die „Die vergessene Heimat“ geht es um erschütternde Wahrheiten und Menschen, die für ihr Glück alles auf sich nehmen.

„Die vergessene Heimat“ basiert auf der wahren Geschichte ihrer Eltern und erzählt davon wie ihr Vater an Demenz erkrankt. Mit Fortschreiten der Krankheit offenbart er seinen hilflosen Kindern  immer mehr Details zu Zeiten des Mauerbaus 1961 und seiner darauf folgenden Flucht aus der DDR.

In Rückblenden beschreibt die Autorin die damalige Situation für Leni und Ernst. Persönliche Niederlagen, Rückschläge und vor allen das Gefühl eingesperrt zu sein. Ernst arbeitet damals noch im Westen und hat als Grenzgänger zunächst Vorteile, doch die sich mehrende Überwachung durch den Staat, das ständige Gefühl beobachtet zu werden oder die Angst eine falsche Äußerung zu tätigen verstärken seine Pläne in den Westen zu gehen.

In der Gegenwart beschreibt sie die Hilflosigkeit als Angehörige eines dementen Familienmitglieds. Zunächst ist große Sorge im Vordergrund, aber es gibt auch Streit zwischen den Geschwistern, weil nicht alle den Ernst der Lage sehen bzw. sehen wollen. Mich hat das sehr berührt! Solche ein Schicksalsschlag ist sicher nicht leicht.

Was jedoch tröstet – und das spürt man immer wieder -, dass zwischen Leni und Ernst eine große Verbundenheit herrscht! Hier haben sich zwei starke Charaktere gefunden, die trotz aller Widrigkeiten an ihrem Traum ihren Kindern eine bessere Zukunft zu bieten festhalten.

Deana Zinßmeister hat mich mit in „Die vergessene Heimat“ sehr bewegt, mitgerissen und begeistert. Eine klare Empfehlung nicht nur für Leser, die das Thema Republikflucht und die ehemalige DDR fasziniert, sondern auch für Angehörige von an Demenz erkrankten Familienmitgliedern.

Rezensionen/ Unterhaltung & Roman

Claire Winter – Kinder ihrer Zeit - Werbung -

Kinder ihrer Zeit von Claire Winter ©Diana

Claire Winter – Kinder ihrer Zeit

Kinder ihrer Zeit von Claire Winter ©Diana

Kinder ihrer Zeit von Claire Winter ©Diana

Die Zwillinge Emma und Alice werden 1945 auf der Flucht aus Ostpreußen getrennt. Beide glauben, die andere hätte nicht überlebt. Emma wächst in Westberlin auf, Alice in einem Heim in der DDR. Erst zwölf Jahre später finden sie sich überraschend wieder. Durch Alice lernt Emma den Ost-Berliner Physiker Julius Laakmann kennen. Als Julius Zeuge einer Entführung wird, gerät er zwischen die Fronten der Geheimdienste. Dann verschwindet Alice spurlos. Zu spät erkennt Emma, welcher drohenden Gefahr sie und ihre Schwester gegenüberstehen. Währenddessen erreicht der Kalte Krieg einen neuen Höhepunkt – Berlin soll für immer geteilt werden …

(Quelle: random house)

„Kinder ihrer Zeit“ hat mich von den ersten Seiten bis hin zum Schluss unfassbar begeistert.

Januar 1945: Die junge Rosa Lichtenberg flüchtet mit ihren beiden Töchtern Emma und Alice, vor den immer näher rückenden Russen aus ihrer Heimat Ostpreußen. Während sie auf der Flucht sind, erkrankt Alice schwer, sodass Rosa das Mädchen auf einem Bauernhof zurücklassen muss, während sie mit ihrer anderen Tochter auf der Suche nach Nahrung plötzlich von den Russen überrascht werden.

Geschockt und unter Tränen müssen die beiden beobachten wie das Dorf in dem die Zwillingsschwester Alice krank zurückgelassen wurde, niedergebrannt wird. Doch was keiner wissen kann: Alice wird gerettet.
Viele Jahre später leben Emma und ihre Mutter zusammen in West-Berlin, nichtsahnend, dass Alice ganz nah im Osten Berlins lebt. Kurz nach dem Tod der Mutter kommt es zu einem Wiedersehen, doch die Nähe, die sie als Kinder füreinander empfunden haben ist nicht mehr da. Der Krieg hat die Zwillinge offenbar entzweit.

Claire Winter hat mich mitgerissen auf eine Reise zwischen die Fronten, wo niemanden jemandem trauen kann und Bespitzelung und Lügen an der Tagesordnung sind. Viele Menschen waren damals hin- und hergerissen zwischen dem was sie im Osten hatten und dem was sie im Westen sahen. Die vollen Geschäfte, die modernere Mode und auch die Lebensbedingungen waren unterschiedlicher denn je. Immer mehr Menschen beschließen daher auch zum Zeitpunkt der Handlung auch Ost-Berlin zu verlassen, doch die Politik will dem nicht länger tatenlos zusehen. Die Situation spitzt sich immer mehr zu und zwischen den Freunden wird die Lage immer angespannter.

Verrat, Geheimnisse und jede Menge Angst hat Winter gekonnt mit einspielen lassen und ganz nebenbei eine dramatische Geschichte voller starker Charaktere gezeichnet. „Kinder ihrer Zeit“ war mit Sicherheit nicht das letzte Buch, welches ich von der Autorin gelesen habe. Sie hat mich begeistert, emotional wie auch mit ihrer Mischung aus Fiktion und Fakten rund um den kalten Krieg. Chapeau!

©Ricarda Ohligschläger

Das könnte dir auch gefallen: Hera Lind – Die Hölle war der Preis

Wer Interesse an dem Buch hat, darf mir gerne einen Kommentar hier im Blog hinterlassen. Die Aktion endet am 10.09.2020
Für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars bedanke ich mich herzlich beim Diana Verlag.

Rezensionen/ Unterhaltung & Roman

Hera Lind – Die Hölle war der Preis - Werbung -

Die Hölle war der Preis von Hera Lind ©randomhouse

Hera Lind – Die Hölle war der Preis

Die Hölle war der Preis von Hera Lind ©randomhouse

Die Hölle war der Preis von Hera Lind ©randomhouse

Gisa Stein, genannt Peasy, wächst in Oranienburg nahe Berlin auf. Ihr Traum ist es, Tänzerin zu werden, und sie schafft es bis an die Staatsoper. Doch hier gerät sie in die Fänge der Stasi. In ihrer Verzweiflung versucht sie mit ihrem Ehemann Edgar, einem rebellischen Architekten, in den Westen zu fliehen. In einer kalten Januarnacht 1974 wird das Paar an der Grenze festgenommen und wegen Republikflucht zu fast vier Jahren Haft verurteilt. Was Gisa dann im Frauenzuchthaus Hoheneck durchmacht, ist die Hölle. Von unzähligen Briefen, die Edgar ihr schreibt, erreicht sie nur ein einziger: Er liebt sie und glaubt die Lügen nicht, die im Gefängnis über sie verbreitet werden. Aber Gisa hat ein Geheimnis. Wie hoch ist der Preis dafür? (Quelle: randomhouse)

Ich selbst bin in der DDR aufgewachsen und ich weiß wie schwer es manche Menschen, die nicht “parteikonform” lebten, hatten. Aus diesem Grund hat mich dieser Tatsachenroman einmal mehr interessiert und ich bin zutiefst geschockt über die Grausamkeiten, zu welchen Menschen fähig sind. Mir hat total imponiert wie stark Gisa während all der Zeit im Gefängnis geblieben ist und wie sehr sie an ihren Träumen festgehalten hat.

Hera Lind hat die Tragik sehr gut umgesetzt und auch keine noch so kleine Grausamkeit und menschenverachtende Handlung ausgelassen. Die systematische Beeinflussung durch Stasi-Mitarbeiter ist hier sehr gut beschrieben und thematisiert worden, denn es fing durchaus schon im Kindesalter an die Bürger der DDR zu beeinflussen. Pioniere, FDJ und später Parteizugehörigkeit – das alles war vorgeschrieben und wer dem nicht pflichtbewusst nachkam, hat die Konsequenzen zu spüren bekommen. So auch Gisa und mich hat dieser Roman so unfassbar wütend und schockiert zurückgelassen, dass er heute noch nachwirkt.

Hera Lind greift zusammen mit Gisa die Frage auf, wie Menschen, die den ganzen Tag Leute quälen abends mit ihrer Familie unbekümmert umgehen können, wie sie privat ein ganz normales Leben führen können, obwohl sie wissen, dass sie jemandem parallel das Leben zur Hölle machen. Diese Frage hat mich sehr beschäftigt und ich bin mir sicher, dass sie bei vielen Lesern des Romans auftauchen wird.

Und eines ist mir einmal mehr bewusst geworden: Wir lebten in einem Land voller Gegensätze. Wir waren eingesperrt in vermeintlicher Sicherheit, die von Parteibonzen dirigiert und vorgegeben wurde!
©Ricarda Ohligschläger