Hier die Übersicht für die Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“ in kurzer und übersichtlicherer Form
Januar 2011
03.01.2011 – Sven Koch
10.01.2011 – Henrike Heiland
17.01.2011 – Charlotte Lyne
24.01.2011 – Iris Kammerer
31.01.2011 – Inge Löhnig
Februar 2011
07.02.2011 – Brigitte Janson
14.02.2011 – Deana Zinßmeister
21.02.2011 – Markus Barth
28.02.2011 – Jennifer Schreiner -BG-
März 2011
07.03.2011 – Janna Hagedorn -CG-
14.03.2011 – Ines Thorn
21.03.2011 – Sina Beerwald
28.03.2011 – Michaela Möller -CM-
April 2011
04.04.2011 – Ulf Schiewe
11.04.2011 – Sofie Cramer -C-
18.04.2011 – Matthias Sachau
25.04. 2011 – Yannick Mahr
Mai 2011
02.05.2011 – Mia Morgowski -3-
Juni 2011
06.06.2011 – Helena Marten -3U-
27.06.2011 – Ursula Schröder -2U-
Juli 2011
04.07.2011 – Nicole Vosseler -3U-
18.07.2011 – Jana Voosen
August 2011
15.08.2011 – Conni Lubek
29.08.2011 – Henriette Kuhrt
September 2011
05.09.2011 – Astrid Fritz
26.09.2011 – Valentina Berger
Oktober
03.10.2011 – Rebecca Michéle
10.10.2011 – Petra Busch -3G-17.10.2011 – Katrin Jäger
November
07.11.2011 – Andreas Izquierdo
Dezember
12.12.2011 – Janine Binder
Monat: November 2010
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Leser fragen – Autoren antworten 2011
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Interview mit Vincent Kliesch
Ich werde auch sehr oft gefragt, ob man mich irgendwo ausschalten kann.
Lieber Vincent, vielen Dank, dass Sie sich für diese Aktion Zeit nehmen.
Nach ihrem Erfolg mit „Die Reinheit des Todes“ darf man nun mit der Fortsetzung „Der Todeszauberer“ rechnen. Worum geht es in diesem Buch? Dürfen Sie schon etwas verraten? Viel kann ich noch nicht verraten. Es wird aber wieder einen Serienmörder geben, der Julius Kern vor große Probleme stellt. Außerdem taucht eine sehr attraktive Kollegin aus München auf, und auch Tassilo lässt nicht lange auf seinen Auftritt warten …
Haben Sie bereits jetzt eine Vorstellung wie viele Bücher es mit dem Ermittler Julius Kern geben soll?Jedenfalls wird 2012 der dritte Band der Kern-Tassilo-Trilogie erscheinen. Auch darüber hinaus steht schon fest, dass es 2013 einen weiteren Thriller von mir bei blanvalet geben wird. Ob es darin dann aber wieder um Julius Kern oder um etwas vollkommen anderes gehen wird steht jetzt noch nicht fest. Wir wissen ja schließlich auch noch nicht, wie der dritte Teil ausgeht. 😉
Wie haben Sie den Ermittler Julius Kern und seinen privaten Hintergrund konstruiert? Ist alles rein fiktiv oder haben Sie sich dabei von echten Menschen inspirieren lassen?Ich habe Julius Kern genau so konstruiert, wie alle meine Figuren: Er hat ein paar Eigenschaften von mir selber, einige, die ich von Bekannten und Freunden kenne, sowie ein paar erfundene Züge. Ich stelle mir beim Schreiben gern Menschen vor, die ich kenne und überlege dann, wie sie in den verschiedensten Situationen reagieren würden. So versuche ich, meine Figuren so realistisch und glaubwürdig wie möglich zu gestalten.
Wie haben Sie recherchiert? Haben Sie Freunde, die Ihnen da beratend zur Seite stehen?Die Gastronomie war lange meine berufliche Heimat, da musste ich nicht recherchieren. Über die Arbeit der Polizei habe ich mich bei der Autorenberatung des LKA Berlin informieren können. Außerdem habe ich tatsächlich viele Freunde angesprochen, die mir in den verschiedensten Bereichen kostbare Ratschläge geben konnten.
Wie lange haben Sie für „Die Reinheit des Todes“ von der ersten Idee bis zur Vollendung gebraucht?Am Manuskript habe ich etwa ein Jahr gearbeitet. Wenn ich jetzt aber die Vorlaufzeit dazu rechne, in der ich mit der Idee herumgelaufen bin und mir immer wieder Gedanken gemacht habe, wie die Geschichte am Ende funktionieren könnte, dann kommt sicher noch mal ein halbes Jahr dazu.
Das erste Buch war für mich allerdings auch das schwerste, weil ich erst meine Strukturen und Techniken finden musste. Für den „Todeszauberer“ habe ich dann schon nur noch etwa sechs Monate benötigt.
Hat Sie der Erfolg überrascht? Was sagen Sie nun dazu?Natürlich hofft ja jeder Autor, dass sein Buch erfolgreich sein wird. Wenn es dann aber wirklich passiert, ist es trotzdem eine große Überraschung. Jetzt hoffe ich nur, dass die Leser auch von meinen nächsten Geschichten nicht enttäuscht sein werden und mir auch in Zukunft treu bleiben, damit ich noch viele schöne Bücher veröffentlichen kann.
Wissen Sie noch, in welcher Situation Ihnen die Idee zu „Die Reinheit des Todes“ gekommen ist? Oder kamen die Ideen eher beim Schreiben?Ich hatte beim arbeiten in einem Restaurant wahnsinnigen Stress mit ein paar unangenehmen Gästen. Da habe ich zu zwei Kolleginnen gesagt „Ich schreibe mal ein Buch über einen Kellner, der solche Typen einfach umbringt“. Die beiden waren von der Idee begeistert und haben mich immer wieder nach diesem Buch gefragt. Bis ich es dann schließlich wirklich geschrieben habe …
Wie sind Sie denn auf die Idee mit dem Putzteufel gekommen? Sind Sie selbst auch ein Sauberkeitsfanatiker?Ich wünschte, ich wäre nur halb so fleißig wie der Putzteufel. Meistens warte ich mit dem Putzen so lange, bis mich der Staub so ärgert, dass ich gar keine andere Wahl mehr habe, als sauber zu machen.
Ich wollte einen mysteriösen Mörder schaffen und habe mir überlegt, vor welches Rätsel er die Polizei stellen könnte. Der klinisch sauber gereinigte Tatort kam mir originell vor. Ich habe dann mehrere Ideen ausprobiert, welche Motivation ein Mörder haben könnte, so zu putzen. Die endgültige ist dann aber erst während des Schreibprozesses entstanden.
Wie passt es zusammen, einen Thriller zu verfassen und gleichzeitig als Stand-Up-Comedian tätig zu sein? Sehen Sie das sozusagen als „Ausgleich“ zum anderen – wie zwei verschiedene Pole, die sich die Balance halten?Der Thriller liegt der Comedy keineswegs fern. In beiden Fächern baut man Spannung auf und bringt das Publikum dazu, wissen zu wollen, worauf die Geschichte hinausläuft. Und in beiden Fächern ist der Zuschauer über die Auflösung am Ende überrascht. Nur, dass er über die Auflösung in der Comedy lacht, während ihn die des Thrillers erschreckt oder sogar gruselt.
Das mit dem Ausgleich stimmt auch. Jeder Mensch hat schließlich eine nette und eine böse Seite …
Hat es Sie schon, bevor Sie im Gastronomie-Gewerbe gearbeitet haben, gereizt ein Buch zu schreiben?
Ich weiß noch, dass ich mit neun Jahren einen Wettbewerb der Stadtbücherei gewonnen habe, bei dem Kinder eine Geschichte mit dem Anfang „Als ich gestern in den Keller ging …“ erfinden sollten.
Auf Klassenfahrten in der Grundschule habe ich später auch immer tagsüber Gruselgeschichten geschrieben, die ich dann den anderen vor dem Schlafengehen vorgelesen habe. Außerdem habe ich mich als einziger in der Klasse immer gefreut, wenn wir Aufsätze schreiben mussten.
Mit fünfzehn wollte ich dann lange Zeit unbedingt Schriftsteller werden und habe peinliche Texte an Verlage geschickt. Zum Glück hat das nie jemand gedruckt …
Ja, und 2008 war dann die Zeit reif. Das Schreiben hat also immer irgendwie in mir gesteckt, es hat nur etwas gedauert, bis es endlich raus kam.
Als Stand-Up-Comedian haben Sie bereits Erfahrungen im „Quatsch Comedy Club“ gemacht. Ist es angenehmer in einer kleinen, aber gemütlichen Runde zu performen oder reizt es Sie, auch mal in großen Hallen wie Mario Barth und Co. zu spielen?
Im Filmpark Babelsberg habe ich als Moderator oft Gelegenheit, vor fast dreitausend Zuschauern zu moderieren. Das ist dann immer so, als ob man allein ist. Man sieht keine Gesichter, hört keine Stimmen und nimmt keine Individuen wahr. Angenehmer ist es, vor einem kleineren Publikum zu stehen. Man erfährt die Namen einzelner Zuschauer und kann eine fast familiäre Stimmung entwickeln. Am Ende plaudere ich dann oft noch mit dem Publikum, was immer großen Spaß macht.
Sind Sie auch im Privatleben ein sehr lustiger und humorvoller Mensch?
Absolut. Ich habe eigentlich in fast jeder Situation einen Scherz auf Lager. Ich werde auch sehr oft gefragt, ob man mich irgendwo ausschalten kann. Geht aber nicht. 😉
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, mit einem anderen Autor zusammenzuarbeiten, wer würde es sein?
Ich bin Fan von Thomas Harris, der Hannibal Lecter erfunden hat. An seinem Stil habe ich mich auch ein bisschen für meinen ersten Thriller orientiert. Mit ihm zusammen würde ich sehr gern mal ein Buch schreiben. „Hannibal meets Tassilo“. Das wäre ein Spaß!
Welche Bücher lesen Sie gern in Ihrer Freizeit?
Auch Thriller. Ich bin ein ungeduldiger Leser und brauche ständig offensichtliche Spannung. Humoristische Bücher lese ich auch manchmal, aber nur, wenn sie von Kollegen geschrieben wurden, die ich persönlich kenne. Ein Geheimtipp wäre da übrigens „Die Schwerelosigkeit der Flusspferde“ von Volker Surmann. Eine köstliche Abrechnung mit der Realität im Comedybusiness.
Holen Sie sich Ideen auch aus anderen Büchern, die Sie gelesen haben?
Inhaltlich nicht, stilistisch schon. Wenn es mir besonders gut gefallen hat, mit welcher Technik ein Autor eine Szene spannend gemacht hat, setze ich diese gern auch in einem meiner Kapitel ein.
Was lieben Sie mehr? Ihre Arbeit als Moderator, Comedian oder doch als Autor?
Das ist so, als würde man einen Vater fragen, welches seiner Kinder ihm am liebsten ist. Ich liebe es, ausschließlich davon leben zu können, dass ich das tue, was mir Spaß macht und was mir liegt. Das ist wirklich alles, was man sich beruflich wünschen kann. Dann auch noch zwischen den verschiedenen Lieblingstätigkeiten hin und her springen zu können macht das ganze perfekt. 🙂
Was sagt eigentlich ihre Familie dazu, dass sie sowas „Solides“ wie die Gastronomie gegen so was „Unsicheres“ wie Autor und Entertainer eintauschen?
Wenn mal alle wüssten, dass die Gastronomie etwas Solides ist. Viele denken ja immer, Kellner sei kein Beruf, sondern ein Studentenjob, mit dem man nichts verdient und den man nur so nebenher macht. Deswegen werden selbst erfahrende Restaurantfachleute immer wieder gefragt, was sie „sonst noch machen“. Was meine Familie betrifft – meine Geschwister kennen mich gar nicht anders, als in der Rolle des Entertainers, und mein Vater würde mich selbst nach hundert Bestsellern noch fragen, wovon ich eigentlich lebe. Aber das ist eben die Aufgabe eines Vaters …
Welche Wünsche haben Sie für 2011?
Beruflich möchte ich gern mindestens wieder so vielen Menschen Freude mit dem „Todeszauberer“ machen. Außerdem möchte ich gern eine weitere Saison im Filmpark Babelsberg dabei sein. Zudem stelle ich 2011 den dritten Thriller fertig und hoffe, dass es ein tolles, spannendes Trilogie-Finale mit vielen überraschenden Wendungen wird.
Privat hoffe ich, weiter so viel Spaß und schöne Momente mit meinen Freunden und Kollegen zu haben und mich weiterhin so wohl zu fühlen, wie jetzt schon.
Lieber Vincent, ich danke Ihnen für diese offene Interview und wünsche Ihnen für 2011 weiterhin viel Erfolg!
Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Jasmin S.
Anja M.
Melanie S.
Herzlichen Glückwunsch!
Autorenfoto © Manuel Abraham
Cover „Der Todeszauberer“ / Quelle: https://www.randomhouse.de
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“
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Charlotte Freise – Die Seelenfotografin
Als (fast) „Berliner Göre“ war es für mich ein ganz besonderes Lesehighlight…
Nachdem ich vor einiger Zeit Karla Schmidt „Das Kind auf der Treppe“ verschlungen habe, stand für mich außer Frage ihr neuestes Werk, welches sie unter dem Pseudonym Charlotte Freise geschrieben hat, auch zu lesen.
Im Mittelpunkt der Handlung steht der Fotograf Ruven, der die letzten Jahre mehr oder weniger sinnlos auf dem Rummel in Berlin verbracht hat. Frauen in aufreißenden Posen und unschuldiger Lüsternheit zu fotografieren das ist das Geschäft, wovon sein hinterhältiger Meister Bing und er mehr schlecht als recht leben.
Als eines Tages trifft Ruven dort auf Doktor Karl Greipel, der ihm eine Festanstellung an der Berliner Klinik für geistige und seelische Störungen anbietet. Ruven soll die Geisteskranken fotografieren. Greipel erhofft sich dadurch einen Einblick in deren Seelenleben.
Unter seinen Patienten befindet sich auch die junge Isabell. Ruven fühlt sich sofort zu ihr hingezogen und ist immer mehr fasziniert von der hochbegabten Schönheit. Wegen eines Nervenleidens in den Rollstuhl gezwängt und vom Doktor u.a. als hysterisch eingestuft fesselt sie Ruven zusehends mit ihrem Wissen rund um die Fotografie.
Ihre Idee der fotografischen Trockenplatte und des fotografischen Negativ Verfahrens nimmt immer mehr Formen an, doch äußere Umstände und Doktor Greipel machen ihrer Forschung einen Strich durch die Rechnung.
„Die Seelenfotografin“ ist die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe, aber auch eine verworrene Familientragödie und diese hat Charlotte Freise gekonnt und sehr geschickt miteinander verbunden. Ganz nebenbei fließt hierbei die Entwicklung der Fotografie mit ein, ohne belehrend zu wirken.
Besonders gelungen ist ihr dabei die Figur der Isabell. Widerspenstig, zerbrechlich und doch vor innerer Kraft strotzend – so facettenreich beschrieben lässt diese Hauptfigur keinerlei Wünsche offen.
Nicht nur, dass die Autorin ein außergewöhnliches Talent hat indirekt Dinge auszudrücken, sondern auch ihre bildhafte Sprache machen diesen Roman zu einem kleinen Geheimtipp der hoffentlich bald noch mehr Leser/innen finden wird.
Als (fast) „Berliner Göre“ war es für mich ein ganz besonderes Lesehighlight, denn die Beschreibungen der Stadt Berlins sind ihr so plastisch gelungen, dass ich irgendwie das Gefühl hatte „nach Hause“ zu kommen. Ich hatte zeitweise das Gefühl irgendwo auf einem Hinterhof zu sitzen und in weiter Ferne ein Pferdefuhrwerk zu hören.
Abgerundet wird der Roman durch ein fulminantes Ende, welches sich ganz leise in den vorherigen Kapiteln schon erahnen lässt.
Fazit: Wer eine leise aber feine Sprache und bildhafte Beschreibungen mag, wird an diesem Roman seine helle Freude haben.
© Ricarda Ohligschläger -
Marie Cristen – Der Damenfriede
Einzig ein Lesebändchen könnte diesen Roman noch wertvoller machen
Paris 1529
Frankreich befindet sich seit Jahren im Krieg und nicht nur das Volk, sondern auch die Mutter des französischen Königs, ist sich einig es muss etwas geschehen. Frieden muss endlich her!
Doch die Herrscher Kaiser Karl V. und König Franz I. von Frankreich wollen partout nicht miteinander verhandeln. Zu groß sind die Zwistigkeiten, die u. a. die Geiselhaft der beiden Söhne des Königs in Madrid beinhalten. Seine Mutter hat König Franz im Austausch der beiden Prinzen freibekommen und Kaiser Karl fordert nun eine Million Goldstücke für deren Freilassung. Da der König aber diese Summe unmöglich aufbringen kann, lässt er seine Untertanen durch Sonderausgaben bluten.
So beschließt die Mutter des französischen Königs, Louise von Savoyen, unter größter Geheimhaltung mit ihrer Habsburger Erzfeindin, Margarethe von Österreich, Tante Karls V., zu verhandeln. Ihre Stärke zu verhandeln ist allerdings nicht bei allen beliebt. Während Franz Gefangenschaft war sie als Regentin zwar gut angesehen, trotzdem wurden Stimmen laut, dass sie ihre Enkel zu Geiseln gemacht hat.
Die junge Venezianerin Simona Contarini gerät mehr durch Zufall in den Umkreis des Pariser Hofes. Eingeengt in Konventionen und in eine unglückliche Ehe gedrängt ist sie nach der Ermordung ihres zur Gewalt neigenden Ehemanns auf dem Weg nach Flandern, wo sie nun Louise kennenlernt. Zum ersten Mal im Leben fühlt sie sich frei und glücklich. In Fontainebleau trifft sie das erste Mal auf Louise und gewinnt sofort ihr Vertrauen. Sie bezieht sie in ihre Korrespondenz mit Margarete von Österreich mit ein, da diese flämisch schreibt. In ihrer neuen Position agiert Simona fortan nicht nur als Übersetzerin, sondern wird mehr und mehr zur Vertrauten der Herzogin.
Marie Cristen zeichnet in „Der Damenfriede“ nicht nur ein anschauliches Bild der Ereignisse rund um den Damenfrieden von Cambrai, sondern vermittelt auch auf ihre Weise ein Stück Geschichte.
Über einen Zeitraum von 4 Jahren spannen sich die Ereignisse in einem flüssigen Schreibstil. So fällt es schwer das Buch aus der Hand zu legen, nicht nur wegen der Kapiteleinteilung, die zusätzlich zum Lesefluss beiträgt.
Der Autorin ist es gelungen historische Persönlichkeiten, wie auch fiktive Personen facettenreich darzustellen. Als Leser ist man hautnah dabei, wenn es sich um politische Verhandlungen oder auch zwischenmenschliche Beziehungen geht.
Besonders beeindruckt hat mich Louise von Savoyen, die mir als starke Persönlichkeit in Erinnerung bleiben wird. Trotz fortschreitender Krankheit hält sie fest an ihren Plänen zum Frieden. Sie ist als Strippenzieherin sehr präsent, wenn es um politische Entscheidungen geht aber auch in Liebesdingen überlässt sie nichts dem Zufall und sorgt so für manche Überraschungen in ihrem Umfeld. Simona lässt sich meiner Meinung nach sehr von der Autorität der Herzogin leiten und während sie anfänglich noch sehr entscheidungsfreudig und spontan handelt, wirkt sie am Ende hin eher besonnen und reifer.
Das spiegelt sich meiner Meinung nach in der Episode mit Bernhard Palissy, dem Glasmaler, wieder. Ohne lange zu überlegen schließt sie sich seinem Wege an und ist dabei für damalige Zeiten mehr als unvorsichtig. In der späteren Handlung möchte sie eigentlich gerne bei ihrem Geliebten sein, doch hält sich zurück, da dieser erst noch einige Vorbereitungen auf seiner Burg treffen möchte. Auch wenn es ihr tief im Inneren weh tut bringt sie die Geduld auf noch länger auf ein Heim zu warten. Diese Wandlung hat Marie Cristen ganz behutsam geschrieben und das machte die Figur der Simona noch glaubwürdiger.
„Der Damenfriede“ wird abgerundet durch den Anhang inklusive Stammbaum, der noch einmal die wichtigsten Personen beschreibt und somit noch mehr zum Verständnis beträgt.
Einzig ein Lesebändchen könnte diesen Roman noch wertvoller machen.
Fazit: Eine gelungene Mischung aus politischen Spannungen und Romantik, aber auch ein anschauliches Bild einer der wichtigsten Personen für die Grande Nation.
© Ricarda Ohligschläger -
Interview mit Marie Cristen
Alles zu seiner ZeitLiebe Frau Cristen, ich freue mich sehr Sie bei der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“ begrüßen zu können. Ihr aktueller Roman „Der Damenfriede“ handelt von dem Vertrag, der letzten Endes den Krieg der zwischen Kaiser Karl V. und König Franz I. von Frankreich beendete. Die Verhandlungen tätigten Margarethe von Österreich und Luise von Savoyen aus. Haben Sie die Stärke und der Ehrgeiz der beiden Damen zu diesem Roman inspiriert? Oder war es etwas völlig anderes? In erster Linie war es der Umstand, dass die Zeit des „goldenen“ Flandern mit dem Damenfrieden zu Ende ging. Dass die beiden Verhandlungspartnerinnen zwei so außergewöhnliche Damen waren, kam natürlich positiv hinzu. Die Flandern-Saga umspannt dieses Zeitalter mit ihren 4 Romanen.
Wie lange haben Sie recherchiert und welche Quellen haben Sie genutzt?
Das Beginenfeuer ist 2005 erschienen und bereits in den Jahren zuvor, habe ich die Idee verfolgt. Die Gesamtrecherche erstreckt sich also über gut sechs bis sieben Jahre. In dieser Zeit bin ich mehrmals nach Brügge und Flandern, nach Paris und Burgund gereist, habe Unmengen von Biographien und Bücher gelesen, Museen besucht und meine Informationen mit dem Internet abgeglichen. Das ist natürlich nur möglich, wenn eine gewisse Basis an Geschichtswissen vorhanden ist, auf der man aufbauen kann. Ich habe mir diese Basis über lange Jahre hinweg aus persönlichem Interesse geschaffen, so dass ich weiß, wo ich mir Informationen besorgen kann, die nicht auf der Straße liegen, wie man so schön sagt.
Was macht Ihnen mehr Spaß, die Arbeit bei einer Zeitung oder das Schreiben von Romanen? Und weshalb?
Alles zu seiner Zeit. In meinen Jahren bei der Zeitung habe ich nicht nur Schreiben, sondern auch recherchieren, organisieren und Disziplin gelernt. Ohne diese handwerklichen Fähigkeiten kommt man bei einem Roman nicht weiter, egal wie ausgefallen und gut die Grundidee der Geschichte auch ist. Aufgrund dieser Ausbildung kann ich nun als freie Autorin meine Themen selbst aussuchen. Heute macht das natürlich mehr Spaß, als hektischer Zeitungsbetrieb, aber ohne meine Zeitungsjahre wäre ich heute nicht wo ich bin.
Da die Hauptschauplätze der historischen Romane von Ihnen alle NICHT in Deutschland liegen würde ich gerne wissen, ob Sie familiäre Bande nach Frankreich oder Italien haben oder ob es andere Gründe gibt, warum die Geschichten immer in „fremden“ Ländern spielen?
Ich bin bekennender Frankreich-Fan und habe dieses Gen von meinem Vater übernommen, der als Kriegsgefangener in Frankreich war und Land und Leute dennoch lieben lernte. Von der Geschichte Frankreichs fasziniert habe ich gelesen, gelesen, gelesen und mir dabei mühelos ein Grundwissen angeeignet, das ich über andere Länder nicht in diesem Maße besitze. Hinzu kommt, dass die meisten meiner Reisen nach Frankreich gehen und ich die Sprache gut genug spreche, um auch französische Bücher lesen zu können. Dass daraus Ideen für Romane entstehen, ist geradezu zwingend.
Wird es auch demnächst mal ein Buch geben, was z.B. im Ostallgäu spielt? (Das fände ich sehr interessant, da meine Familie auch aus dem Allgäu kommt.) Oder ist der Grund ganz einfach, dass es dort zu wenig historisch relevante Personen gab?
Die Frage habe ich eigentlich zum Thema Frankreich schon beantwortet. Aber ich habe auch versucht, meinem Verlag einen regionalen, bayrischen Stoff nahezubringen. Er wurde mit dem Argument abgelehnt, dass ein historischer Roman überregional interessant sein müsse. Regionales zieht in erster Linie bei Krimis. Schade, aber als Autor ist man darauf angewiesen, seine Manuskripte auch zu verkaufen.
Mich würde interessieren warum Sie Pseudonyme verwenden, wenn Sie einem dann doch zugeordnet werden? Eigentlich möchte man ja nicht unbedingt „erkannt“ werden, oder?
Die Pseudonyme sind ausschließlich auf Verlagswunsch zustande gekommen. Dort sieht man ein Pseudonym als Marke für eine bestimmt Art von Buch. Marie Cristen steht für historische Romane, Valerie Lord und Marie Cordonnier für sog. „Nackenbeißer“-Liebesromane. Gaby Schuster ausschließlich für Jugendbücher. Ich habe versucht, meinen ersten historischen Roman unter Gabriele Marie Schuster anzubieten, aber angeblich verbinden die Buchhändler mit Schuster ein Jugendbuch. Die Marketing-Abteilung des Verlages befürchtete Irrtümer.
Mich würde interessieren, ob Sie persönlich als Lektüre auch historische Romane bevorzugen oder ob es da komplett in eine andere Richtung geht?
In erster Linie lese ich tatsächlich viel Historisches, Romane ebenso wie Biographien und Sachbücher. Daneben kann ich mich auch für Krimis (Stieg Larsson oder Kobr/Klüpfel) begeistern, für Fantasy, Modernes oder englische Bücher. So habe ich, nachdem die Reihe in Deutsch eingestellt wurde, die letzten drei Bücher der Niccolo-Reihe kürzlich in Englisch gelesen. Ich bedaure sehr, dass Dorothy Dunnett nicht komplett in Deutschland veröffentlicht wurde.
Haben Sie Vorbilder beim Schreiben oder hat Sie jemand auf ihrem Weg zur Autorin ganz besonders geprägt?
Es gibt Autoren die bewundere, aber ich versuche dennoch meinen ganz eigenen Weg zu finden. Den Anstoß dafür, historische Romane schreiben zu wollen, haben aber die Angélique-Bücher von Anne Golon gegeben. Als Teenager habe ich die Bücher verschlungen und schon damals davon geträumt, einmal Leser auf solche Weise in ferne Zeiten zu entführen.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Im Moment lese ich „Der Fluch der Hebamme“ von Sabine Ebert, davor war es „Reisen im Mittelalter“ von Norbert Ohler.
Wie sieht ein typischer Schreibtag bei Ihnen aus? Gibt es den überhaupt oder lassen Sie sich eher von der Muse leiten?
Da die Muse ein launisches Geschöpf ist, verlasse ich mich auf die Disziplin, die ich schon erwähnt habe. Das heißt, wenn gerade ein Roman in Arbeit ist, müssen täglich fünf bis zehn Seiten entstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind cirka 6 bis 9 Stunden am Computer erforderlich. Morgens bin ich spätestens um neun am Laptop, unterbrochen von einer Mittagspause, geht das dann je nach Tagesform bis 18, 19 oder manchmal auf 20 Uhr weiter. Zeiten in denen die Muse dennoch streikt – auch die gibt es – nutze ich für Recherchen über neue Themen, zum Überarbeiten und den ganz normalen Alltag, den auch eine Autorin zu stemmen hat.
Und auf was können sich ihre Leser in 2011 freuen?
Der nächste Roman, an dem ich im Moment schreibe, wird zur Abwechslung in Deutschland spielen, obwohl auch er gewisse Verbindungen nach Burgund hat. Erscheinungstermin und Ausgabe sind noch nicht ganz sicher, also kann ich im Augenblick nur auf „Das flandrische Siegel“ verweisen, das im Dezember 2010 als Taschenbuch erscheint, und den „Turm der Lügen“, der als Originaltaschenbuch zwar schon ein Jahr alt ist, aber immer noch neue Leser findet.
Liebe Frau Cristen, ich danke Ihnen herzlichst für dieses Interview.
Das Buch aus der Verlosung geht an
Claudia E.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“