Ich habe auch ein wenig gezittert, was denn die Vorgesetzten so von meinen Schreibkünsten halten, aber auch da hat man mir sogar ein wenig anerkennend auf die Schulter geklopft.
Liebe Janine Binder, war es schon immer Ihr Wunsch, Polizistin zu werden oder wie sind Sie auf diesen Beruf aufmerksam geworden?
Es war nie mein Wunsch Polizistin zu werden. Ich habe seit der Kindergartenzeit immer gesagt, daß ich Lehrerin werden will. Als ich dann allerdings mit Latein auf einem Gymnasium so meine Probleme bekam und die 10. Klasse auf der Realschule absolvierte, bekam ich mit, wie sich um mich herum alle Mitschüler Lehrstellen suchten und irgendwie hatte auch ich das Bedürfnis jetzt schon arbeiten zu gehen und selbstständiger zu werden. Da mir aber jede Vorstellung fehlte, was ich denn gerne tun würde, sah mein Bewerbungsspektrum recht unstrukturiert aus. Unter anderem habe ich auch eine Infokarte der Polizei ausgefüllt, die meine Mutter mir mitgebracht hatte. Eigentlich wollte ich nur Infomaterial haben und dann stand plötzlich ein Einstellungsberater bei mir vor der Tür und warum dieser Besuch der Auslöser war, unbedingt Polizistin werden zu wollen, das kann man gleich am Anfang im Buch nachlesen. 🙂
Wie haben Ihre direkten Kollegen darauf reagiert, dass Sie über Ihren Berufsalltag ein Buch (Seine Toten kann man sich nicht aussuchen) geschrieben haben? Kam da eher Zuspruch oder Ablehnung?
Lustigerweise habe ich wirklich mit großer Ablehnung gerechnet, Polizisten sind ein seltsames Völkchen und haben es meist nicht so gerne, wenn man sich in den Mittelpunkt spielt oder aber groß über die Ereignisse im Dienst erzählt. Diese erwartete große Ablehnung, lässt aber immer noch auf sich warten, sicherlich wird von dem ein oder anderen ein wenig gelästert oder auch mal ein Witzchen gerissen, aber die meisten Kollegen sind offenbar tatsächlich ziemlich angetan von dem Buch. Nur wenige sind mir gegenüber offen ein bisschen skeptisch, ob das jetzt unbedingt hätte sein müssen.
Zwei Kollegen sind in dem Buch so dargestellt, daß Sie sich sofort wieder erkannt haben, die habe ich natürlich vorher um Erlaubnis gefragt und ich glaube, sie waren auch ein bisschen stolz, in einem Buch erwähnt zu werden. Ich habe auch ein wenig gezittert, was denn die Vorgesetzten so von meinen Schreibkünsten halten, aber auch da hat man mir sogar ein wenig anerkennend auf die Schulter geklopft.
Das freut mich natürlich besonders.
Waren Sie anfangs enttäuscht, weil Sie sich den Beruf als Polizistin anders vorgestellt haben oder wussten Sie von Anfang an, welche unangenehmen Seiten dieser Beruf mit sich bringen kann?
Ehrlich gesagt habe ich mir dazu keine großen Gedanken gemacht, ich war 16 und bin in den Polizeijob mehr reingerutscht, als das das wirklich geplant und überlegt gewesen wäre. In der Ausbildung wurde mir dann so langsam bewusst, worauf ich mich eingelassen habe, dass Polizei mehr ist, als eine Uniform tragen, mit Blaulicht durch die Gegend düsen und Freund und Helfer sein. Im Buch gibt es dazu eine Geschichte, da sitze ich mit gebrochener Nase im Schreibraum und diese blutig tropfende gebrochene Nase verdeutlicht mir, daß das alles nicht mehr Ausbildung und Spiel unter Kollegen ist, sondern daß mir da draußen tatsächlich etwas passieren kann und daß es mein Job ist, trotzdem weiter zu arbeiten. Ich habe festgestellt, daß ich mit meinen Aufgaben gewachsen bin. Ich habe in meiner Zeit bei der Polizei Dinge getan, weil sie von mir erwartet wurden, andere nicht fähig dazu waren oder ich sie aus dem Gedanken der Hilfeleistung heraus einfach tun musste, die ich mir nie hätte vorstellen können zu tun. Ich habe Tiere erschießen müssen, bin über Hochhausdächer gelaufen, über Zäune geklettert, habe mich geschlagen, Sterbenden die Hand gehalten und Trost gespendet, eklige Dinge gesehen, angefasst und ertragen. All das hätte ich mir wohl mit 16 nicht zugetraut, aber manche Situation erfordert einfach ein rasches schnelles Handeln, da ist kein Raum für den Gedanken: „Ich kann das nicht!“ oder „Ich will das nicht!“
Haben Sie schon einmal bedauert, die Berufsrichtung gewählt zu haben?
Ja, immer dann, wenn ich aufgrund des Schichtdienstes ein wichtiges Ereignis verpasst habe. Wenn ich nach dem Spätdienst eigentlich eingeladen war und dann kurz vor Feierabend noch der große zeitraubende Einsatz kam und mal wieder eine Einladung platzen musste. Da habe ich mir schon manches Mal gewünscht, einfach einen Job von 8-16 h zu haben, an dem ich jedes Wochenende frei habe. Allerdings währte dieses Bedauern nie wirklich lange, weil es in den meisten Fällen ja einen wichtigen Grund gab, warum ich jetzt arbeiten musste. Und wahre Freunde können auch damit umgehen, daß man eben nicht immer, wie alle anderen Zeit hat.
Wenn Sie heute noch einmal vor der Berufswahl stehen würden: Würden Sie sich wieder für die Polizeiarbeit entscheiden?
Ja, immer wieder. Es gibt keinen anderen Beruf, den ich mir heute für mich vorstellen könnte.
Welcher Beruf wäre für Sie noch in Frage gekommen?
Beworben habe ich mich damals als Bankkauffrau, als Versicherungskauffrau, als Bundespolizistin, als Justizangestellte, als Fachkraft beim Arbeitsamt, als Rechtsanwaltsfachangestellte, als technische Zeichnerin und noch viele Dinge mehr, ich wusste wirklich nicht, was ich genau tun wollte. Aus heutiger Sicht wäre ich aber wohl in keinem dieser Berufe, vielleicht ausgenommen der der Bundespolizistin, wirklich glücklich geworden.
Welches war ihr skurrilster Fall?
Da gibt es einige, den Lesern des Buches gefällt wohl am Besten mein Einsatz mit 400 Schafen, die sich auf der A 1 tummelten und von mir und meiner Kollegin ganz alleine auf ganz besondere Art und Weise von dort weggelockt wurden. Im Nachhinein kann auch ich darüber lächeln.
Zum einen würde ich gern wissen, haben Sie bei Ihren verschiedenen Einsätzen bei der Polizei Konflikte zwischen regional ansässigen Kollegen und „zugereisten“ Kollegen feststellen können?
Die Frage ist, was zugereist heißt. Ich habe mit einem Kollegen aus Bayern Dienst versehen und da kam es dann schon mal zu lustigen Missverständnissen, weil ich seine „Fremdsprache“ nicht immer ganz verstanden habe.
Sollte Zugereist tatsächlich einen ausländischen Hintergrund beinhalten, habe ich da eigentlich keine Konflikte festgestellt. Ich habe mit einer Kollegin mit polnischer Herkunft gearbeitet, eine Kollegin und einen Kollegen mit griechischen Eltern habe ich dienstliche erlebt, viele Kollegen mit türkischer Herkunft kenne ich. Aber eigentlich spielt die Herkunft keine große Rolle, wir versehen alle unseren Dienst, erfüllen die an uns gestellten Aufgaben. Natürlich wird da mal ein Witzchen gerissen, da kommt der kleine Grieche, heißt es dann oder vielleicht muß sich ein solcher Kollege auch erstmal ein wenig mehr beweisen, daß er zum Beispiel bei einer Streitigkeit unter seinen Landsleuten nicht unpassend Partei ergreift oder ähnliches. Aber ich habe es eigentlich immer nur als sehr praktisch empfunden, für gewisse Fälle einen Übersetzer an der Hand zu haben. Häufig auch einen, der mir mitteilt, was erzählt wird, während unser Gegenüber glaubt, daß wir es nicht verstehen. Aus diesem Grund habe ich selbst einige Türkischkurse besucht, während ich in Chorweiler Dienst versehen habe.
Außerdem stammt die Familie meiner Mutter aus Belgien, ein bisschen zugereist bin also auch ich.
Wie schaffen Sie es, diese oft sicher schlimmen Dinge nicht an sich heranzulassen?
Ich verarbeite es in meinen Geschichten und oft wirkt auch die Uniform als eine Art Panzer. Alles was man in der Uniform erlebt, legt man mit dieser auch ab. Mir hat diese Vorstellung sehr oft geholfen, wirklich Feierabend machen zu können und die Dinge nicht mit nach Hause zu nehmen. Natürlich gelingt das nicht immer.
Träumen Sie manchmal davon?
Ja, auf jeden Fall. Aber nicht in Form von Alpträumen, sondern eben als unbewußte Verarbeitung der Erlebnisse. In meinem Buch erzähle ich von einem Unfall mit zwei schlimm verbrannten Toten. Dieser Anblick taucht heute noch ab und an in meinen Träumen auf. Allerdings eben als Erinnerung und nicht als Angstfaktor.
Was betreiben Sie zum Ausgleich?
Ich schreibe.
Glauben Sie noch an das „Gute“ im Menschen?
Nein. Leider nicht. Ich werde jeden Tag von jedem belogen. Da beginnt man irgendwann automatisch an allem zu zweifeln, was einem erzählt wird. Man glaubt schlicht niemandem mehr so richtig. Da ist es hin und wieder dieses Hinterfragen und diese Skepsis dann in der Freizeit abzulegen.
Ab und an hat man aber doch auch gute Momente im Dienst, die den Tag dann ein wenig erhellen und sei es nur ein Ladendieb, dem seine Tat tatsächlich und wirklich aufrichtig leid tut und den man dann wirklich nicht noch einmal erwischt. Oder einfach ein kleines verbales Dankeschön, weil man irgendwem irgendwobei geholfen hat.
Mich interessiert schon lange, ob man bei so einem Job überhaupt privat abschalten kann? Oder ist man dauernd / sehr oft mit den Gedanken bei der Arbeit?
Das muß man lernen. Das positive im Streifendienst ist ja, daß man nach jedem Dienst wirklich Feierabend hat. (Zumindest ist das in NRW so) Wir erhalten Einsätze, die wir auch soweit abarbeiten und häufig müssen wir auch länger Dienst versehen, weil kurz vor Feierabend noch irgendwas gravierendes passiert ist. Aber wenn man dann Feierabend hat, die Uniform auszieht, dann ist die Arbeit auch abgeschlossen, es gibt nichts, was man am nächsten Tag noch erledigen müsste, man hat alles getan, was in der eigenen Macht stand. Man muß nichts planen, nichts vorbereiten, der nächste Dienstbeginn startet wieder bei null. Natürlich denkt man noch über besonders herausragende Einsätze nach, spricht über sie oder schreibt sie in meinem Fall auf. Aber für mich war es immer so, wenn ich die Uniform ablege, beginnt Privatleben.
Jetzt bei der Kripo läuft das etwas anders, da bin ich auch nach dem Dienst häufig noch mit den Gedanken bei den Dingen, die ich am nächsten Tag zu erledigen habe. Mache mir Notizen, woran ich bei einer Vernehmung denken muß, oder überlege, wie ich an eine Befragung am Besten herangehe. Da funktioniert das Abschalten noch nicht ganz so gut, aber ich bin zuversichtlich, daß ich das mit ein wenig mehr Erfahrung im Ermittlungsdienst auch noch in den Griff kriege.
Ganztags der Job, Familie – Freunde und jetzt so „nebenbei“ Autorin… gibt es da jemanden der die Termine betreut und die Absprachen mit Funk und Fernsehen und was noch alles dazu gehört (Termine mit dem Verlag, eventuell ein zweites Buch usw.) organisiert? Oder machen Sie das alles allein?
Grundsätzlich mache ich das alles alleine und dabei habe ich in diesem Jahr zusätzlich auch noch mit meinem Partner mal eben ein Haus gebaut und ja den Aufgabenbereich gewechselt, was im Job auch erstmal ein größeres Arbeitsaufkommen bedeutet. Es war tatsächlich alles ein wenig viel. Aber ich habe liebe Helferleins, die mir unter die Arme greifen. Die Presseabteilung des Piper-Verlags, leitet Anfragen an mich weiter und berät mich. Mein Agent ist auch für alle meine Fragen immer da und meine privaten Termine behält mein Lieblingsmensch im Blick und gibt mir einen erinnernden Schubs, wenn ich irgendwas verduseln sollte.
Und, würden Sie die Einladung einer Talk-Show annehmen? Also die bei WDR, NDR, HR natürlich.
Natürlich ausgesprochen gerne. Ich besitze zwar selbst keinen Fernseher, aber schaue natürlich hin und wieder in solche Talkshows rein. Ich glaube, es wäre schon ein tolles Erlebnis selbst einmal zum Beispiel beim Kölner Treff zu sitzen und über mein Buch und den Dienst sprechen zu dürfen. Also die Möglichkeit zu haben, das Bild der Öffentlichkeit von der Polizei ein wenig dahin zurücken, wie es meiner Meinung nach sein sollte.
Was können Sie überhaupt nicht ausstehen, Frau Binder?
Wenn jemand mich belügt, obwohl offensichtlich ist, daß das was er erzählt, nicht der Wahrheit entspricht. Oder wenn jemand so tut, als würde er meine Sprache nicht sprechen, obwohl ich an seinem Gesichtsausdruck sehen kann, daß er jedes Wort versteht. Und mein ganz großes Problem ist der Geruch nach Erbrochenem, da wird mir leider auch nach all den Dienstjahren immer noch sehr schnell schlecht von.
Wird es auch Lesungen zum Buch geben?
Gab es schon und wenn man mich einlädt, wird es natürlich auch weitere geben. Ich lese sehr gerne, obwohl es dann doch meist in eine kleine Erzählstunde ausartet…
Lesungstermine werde ich immer wieder auf Facebook und meinem Blog ankündigen:
https://www.facebook.com/#!/Janine.Binder
janinebinder.wordpress.com
Als nächster Termin steht allerdings erst im Mai eine Lesung auf dem deutschen Katholikentag an. Da werde ich mit weiteren Kollegen in einer Kirche mit musikalischer Begleitung lesen. Sobald es da Genaueres zu gibt, werde ich das natürlich mitteilen.
Abschließend noch die Frage, was wünschen Sie sich für das neue Jahr?
Ein bisschen mehr Zeit wäre wundervoll! 🙂
Liebe Janine, passen Sie weiterhin gut auf sich auf und bleiben Sie so wie Sie sind! Alles Gute!
Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Cornelia B.
Yvonne K.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“
Monat: Dezember 2011
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Interview mit Janine Binder
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[Blogparade] Zum Jahresende 2011…
Diese Blogparade zum Jahresende habe ich bei Buchsaiten entdeckt und mache gerne mit:
* Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir wenig versprochen habe, das mich dann aber positiv überrascht hat? (und Begründung)
„Nach dem Sommer“ und „Ruht das Licht“ waren wohl die Überraschungen des Jahres. Ein Buch in dem ein Wolf die Hauptrolle spielt? Nichts für mich, dachte ich und wurde dann doch eines Besseren belehrt. Tolle Sätze, eine wunderschöne Sprache und ein außergewöhnlicher Plot – damit hat mich Maggie Stiefvater sehr überrascht.
* Welches war das Buch in diesem Jahr, von dem ich mir viel versprochen habe, das mich dann aber negativ überrascht hat? (und Begründung)
„Die Insel der verborgenen Kinder“ und „Der Märchenerzähler“. Das erste hatte ein tolle Story, außergewöhnliche Charaktere und die Gestaltung des Buches war wahrlich wunderschön. Konnte mich aber über das enttäuschende Ende nicht hinweg trösten. Das zweite habe ich nach 200 Seiten (vorerst) abgebrochen.
Und dann gab es da noch den dritten Teil der PANEM – Reihe, der mich ebenso sehr enttäuscht hat.
* Welches war eure persönliche Autoren-Neuentdeckung in diesem Jahr und warum?
Eindeutig Andreas Winkelmann! Ich habe schon viele Rezensionen zu seinen Büchern gelesen und wurde immer neugieriger. Nach „Tief im Wald und unter der Erde“ war es dann um mich geschehen. Mittlerweile habe ich auch „Bleicher Tod“ und „Blinder Instinkt“ gelesen und bin immer noch begeistert. Die Begründung zitiere ich mal aus meinen eigenen Rezensionen:
„Andreas Winkelmann schreibt mit der perfekten Mischung aus Faszination und Abscheu, die ich bei keinem anderen Thrillerautoren bisher so stark empfunden habe!“
„Sein Talent überzeugende Personen und beängstigende Atmosphäre zu zeichnen sorgt bei mir sogar bei strahlendem Sonnenschein für Gänsehaut!“
„Winkelmanns Schreibstil hat mich an dieses Buch nicht nur gefesselt, sondern mich kurzum willenlos gemacht! Es ist eigentlich verwunderlich, dass ich noch am Leben bin, denn ich habe pausenlos das Atmen vergessen. Herzklopfen und Gänsehaut hatte ich dagegen im Überfluss!!
Was Winkelmann in seinem Thriller an menschlichen Abgründen einfließen lässt, ist schwer zu beschreiben und grenzt ans Unerträgliche. Er verlässt sich dabei allerdings zu großen Teilen auf das Kopfkino seiner Leser, womit er bei mir direkt ins Schwarze getroffen hat.“
* Welches war euer Lieblings-Cover in diesem Jahr und warum?
„Der dunkle Thron“ ist für mich eines der schönsten Cover des Jahres. Dicht geführt von Maggie Stiefvaters Büchern. Gablés Buch war lang ersehnt von mir, daher bekommt es noch einen kleinen „Bonuspunkt“.
* Welches Buch wollt ihr unbedingt in 2012 lesen und warum?
Gisa Klönnes Bücher reizen mich sehr, da habe ich viel gutes von gehört. -
Maria, Mord und Mandelplätzchen
Wer also denkt, dass es immer mordernst zugeht täuscht gewaltig!
Mittlerweile bin ich ein großer Fan diverser Anthologien. Warum?
Weil man auf kurzweilige Art nicht nur altbekannte Autoren wieder entdecken kann, sondern unbekannte Autoren neu entdecken kann.
So kam mir die Anthologie „Maria, Mord und Mandelplätzchen“ zur Weihnachtszeit gerade recht.
Von Sylt bis zur Zugspitze erkundete ich literarisch nicht nur Deutschland, sondern lernte dabei auch mir völlig unbekannte Autoren wie Ingrid Noll, Nicole Förg und Sabine Thomas kennen.
Jeder einzelnen der 24 Geschichten ist ein Ort zugeteilt. So findet man sich mit Christiane Franke in Bremen wieder, erkundet mit Wolfgang Burger Heidelberg und landet mit Gisa Klönne in Mecklenburg.
Natürlich geht es dabei zum Teil sehr ernst zu, was bei mörderischen Krimis nicht umgänglich ist, aber zwischen den Zeilen sorgt auch genug Humor und Ironie für Abwechslung. Wer also denkt, dass es immer mordernst zugeht täuscht gewaltig!
Jede Geschichte ist anfänglich mit dezenten Totenköpfen verziert und endet mit der jeweiligen Autorenvita und auch das Cover ist mit einem ganz besonderen Adventskranz versehen.
Mein Lieblingskrimi ist „Baumsterben“ von Nicola Förg. Warum, werde ich an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: sie hat mich am meisten aufs Glatteis geführt und überrascht.
Fazit: 24 kurzweilige Krimis, die nicht nur in der Vorweihnachtszeit für mörderischen Hochgenuss sorgen!
© Ricarda Ohligschläger -
Janine Binder – Seine Toten kann man sich nicht aussuchen
Trotzdem bleibt dieses Buch ein dramatisches, welches nicht nur einmal die dunkelsten Seiten der Menschen offenbart.
Janine Binder ist Polizistin mit Leib und Seele. Das spürt man direkt, wenn man sich auf ihr Buch „Seine Toten kann man sich nicht aussuchen“ einlässt.
Schon die ersten Seiten sind berührend, machen traurig, wütend und schockieren.
Bald jedoch spürt man noch mehr. Nämlich, dass die Autorin eine mutige junge Frau ist, die ihren beruflichen Weg gegangen ist, auch wenn dies nicht immer leicht für sie war. Mit ihrer schmalen Figur und nur 1,58 m groß bewies sie sich selbst und anderen, dass sie eine ECHTE Polizistin werden kann.
Sie beschreibt ihren beruflichen Alltag ungeschönt real. Blökende Schafe, Notfallschokoriegel, große Fische und die ein oder andere Leiche finden sich in ihren Erzählungen wieder, aber auch Berichte davon, dass immer noch zu wenig hingeschaut wird und manche Menschen den Begriff Pietät nicht zu kennen scheinen!
Der Schreibstil ist mit der genau richtigen Portion Emotionen versehen und zwischen Gänsehaut, stockendem Atem und Ekel fanden sich beim Lesen auch einige Lacher.
Trotzdem bleibt dieses Buch ein dramatisches, welches nicht nur einmal die dunkelsten Seiten der Menschen offenbart.
Danke an die Autorin für diesen Einblick in ihren Berufsalltag, der so gar nichts mit den typischen Klischees von CSI und Cobra 11 zu tun hat.
© Ricarda OhligschlägerJanine Binder und ich am 12.10.2011
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Eva Völler – Zeitenzauber: Eine magische Gondel
Insgesamt werde ich den Eindruck nicht los, dass Eva Völler selbst eine Zeitreisende ist. Vielleicht gelingen ihr gerade deswegen die bildhaften und detaillierten Beschreibungen in diesem wunderschönen Zeitreiseabenteuer.
Kurzbeschreibung laut amazon.de:
Die 17-jährige Anna verbringt ihre Sommerferien in Venedig. Bei einem Stadtbummel erweckt eine rote Gondel ihre Aufmerksamkeit. Seltsam. Sind in Venedig nicht alle Gondeln schwarz? Als Anna kurz darauf mit ihren Eltern eine historische Bootsparade besucht, wird sie im Gedränge ins Wasser gestoßen – und von einem unglaublich gut aussehenden jungen Mann in die rote Gondel gezogen. Bevor sie wieder auf den Bootssteg klettern kann, beginnt die Luft plötzlich zu flimmern und die Welt verschwimmt vor Annas Augen …
Eva Völler ist mir bisher lediglich durch ihre wundervollen historischen Romane bekannt, die sie unter dem Namen Charlotte Thomas veröffentlicht. In „Zeitenzauber: Die magische Gondel“ entführt sie ihre Leser zwar wieder in das frühere Venedig, allerdings geht es diesmal weniger um historische Hintergründe, sondern um Liebe, Intrigen und eine aufregende Zeitreise. Diese erlebt die 16jährige Anna und wird dabei nicht nur mit freundlichen Menschen konfrontiert. Aber nicht nur die Schurken machen ihr zu schaffen, sondern auch die Gegebenheiten des Jahres 1499. Was im Jahre 2009 selbstverständlich ist, muss sich Anna nun mühsam erarbeiten. Um beispielsweise ein Bad zu nehmen, muss sie erst einmal Wasser schleppen, und Conditioner und Shampoo sind auch noch nicht erfunden. Genauso wenig wie Schokolade und iPod.
Auf interessante Weise beschreibt Eva Völler Annas neues Leben und als Leser taucht man immer tiefer ab in eine längst vergessene Zeit. Dazu tragen nicht nur die tollen Beschreibungen des alten Venedigs bei. Nein, Eva Völler beschreibt auch das Leben der Menschen der Zeit angepasst und sehr ausführlich. Beim Lesen bekommt man dadurch wahnsinnige Lust auf eine solche Zeitreise und ich würde sehr gerne selbst erfahren, wie es ist all die historischen Gassen und das mittelalterliche Leben zu erkunden. Insgesamt werde ich den Eindruck nicht los, dass Eva Völler selbst eine Zeitreisende ist. Vielleicht gelingen ihr gerade deswegen die bildhaften und detaillierten Beschreibungen in diesem wunderschönen Zeitreiseabenteuer.
Der einzige Kritikpunkt ist für mich die an manchen Stellen fehlende Spannung. Zu langatmig waren mir manche Abschnitte und leider unterbrachen sie meiner Meinung nach ein bisschen den Lesefluss.
Fazit: Eine lesenswerte und wunderschön detailliert beschriebene Zeitreise, die mit ganz kleinen Einschränkungen verzaubert und begeistert.
© Ricarda Ohligschläger