Kategorie: Rezensionen Sachbuch

  • Steffi von Wolff – Mundgeblasen

    Ja, ich gebe es zu: mich hat der Titel „Mundgeblasen“ neugierig auf das Buch gemacht.
    Ein Buch über Sex. Als wenn es das noch nicht geben würde. „Die nackte Wahrheit über echten Sex“ sollte es angeblich sein. Lustig eventuell sogar noch!? Das ließ das Cover vermuten und mittlerweile weiß ich, dass man solche Kombinationen durchaus trägt. Im Swingerclub bei Herta beispielsweise.
    Aber nun mal im Ernst: Ich habe selten ein Buch gelesen, in dem so oft das Wort mit dem F fällt und gleichzeitig so viel gelacht.
    Steffi von Wolff hat nämlich das gemacht was sich viele nicht trauen. Sie hat „Hilfsmittel“ ausprobiert, Freundinnen befragt, ein Bordell besucht und sich von Lady Saphira aufklären lassen. Sie hat erfahren warum sie sich nicht als Prostituierte eignet, dass man auf dem Parkplatz nicht nur parken kann und warum das Büfett im Swingerclub so wichtig ist.
    Kurzum sie war neugierig. Und zwar richtig neugierig! Und hat damit Fragen beantwortet, von denen man bisher noch gar nicht wusste, dass man sie gerne beantwortet hätte!!
    Was ist eigentlich Klismaphilie? Oder ein Looner? Wollen Frauen Handlung in Pornos? Und was kann man alles mit Luftpolsterfolie oder Murmeln anfangen?
    All diese Fragen beantwortet Steffi von Wolff ausführlich, immer mit der nötigen Ernsthaftigkeit und trotzdem mit einem klitzekleinen Augenzwinkern.
    Und weil Steffi von Wolff so mutig war all diese Fragen zu stellen, einen sehr(!) unterhaltsamen Schreibstil hat und obendrein das ganze Thema noch humorvoll verpacken konnte, bekommt dieses Buch von mir eben nicht nur ein „befriedigend“, sondern volle 5 Punkte! 😉
    © Ricarda Ohligschläger

  • Anja Goerz – Der Osten ist ein Gefühl

    Auch heute noch ist die Mauer in den Köpfen der Menschen nicht verschwunden. Das erfährt Anja Goerz in ihrer täglichen Rundfunkarbeit. Deshalb wollte sie es genauer wissen: Warum fühlen sich im Osten sozialisierte Menschen oft so ungerecht behandelt? Stimmen die Behauptungen über das Verdrängen der Ossis von den Spitzen der Universitäten, Gerichte und Kliniken? Waren die Ossifrauen wirklich so viel emanzipierter? Haben die Wessis einfach alles plattgemacht und nach ihren Regeln umgebaut? Anja Goerz stellt ganz unterschiedliche Menschen aus der ehemaligen DDR vor. In die Porträts ist viel Biografisches eingeflossen, erzählt wird aber auch von Motivationen und Haltungen, Verletzungen und Chancen. Und es gibt auch den umgekehrten Blick von West nach Ost. So unterschiedlich die Erinnerungen sind, so haben sie doch die DDR-Herkunft als starkes Identitätsmerkmal gemein. »Ossi-Sein«, so zeigt sich, ist keine Generationen-Frage und keine Frage des Berufes, sehr wohl aber eine des Gefühls. (Kurzbeschreibung laut amazon)

    DER OSTEN IST EIN GEFÜHL“ – das klingt erst einmal etwas seltsam und trotzdem hat Anja Goerz Recht, denn es gibt Dinge, die versteht man nur unter „Ossis“. Eigentlich mag ich dieses Wort überhaupt nicht, da es heute noch Deutsche in zwei Klassen teilt. Leider! Und ich musste auch mit Erschrecken feststellen, dass Vorurteile immer noch viel zu sehr in den Köpfen verankert sind.
    In ihrem Buch finde ich für mich persönlich so viele Zitate, dass ich es zu einer Art „Seelenbuch“ für mich gemacht habe. Ein Buch, welches einem aus dem Herzen und aus der Seele spricht – eines bei dem man ständig denkt: „Ja, genau so ist / war es!“

    Die Mauer fiel als ich 14 war und ich habe mich als Kind durchaus wohl „im Osten“ gefühlt. Natürlich kann ich nicht nachvollziehen, wie es war als Erwachsener durch die politische Situation drangsaliert zu werden. Aber auch wir Schüler hatten unsere sozialistische Pflicht zu leisten, wenn es beispielsweise am 1.Mai antreten zum Marschieren hieß. Für uns war das Normalität. Und ich lasse mich ungern dafür als Mensch zweiter Klasse hinstellen, nur weil ich versucht habe in diesem System meinen Platz zu finden.
    Genau so kann ich den Satz: „Ihr hattet ja nichts!“ nicht mehr hören.
    Eines der Zitate hat mich in diesem Zusammenhang sehr berührt:
    „Der Osten gilt vielen als uninteressant und erledigt. Und immer noch fühle ich mich dann verpflichtet, für mein untergegangenes Land zu werben.“ (Seite 22)
    Anja Goerz Interviewpartner zeugen von der Motivation aus dem Stempel „Ossi“ das Beste zu machen und ich bin mir sicher, dass sie alle dazu beitragen die Mauer in den Köpfen weiter abzutragen.
    Wenn dieses Buch Pflichtlektüre im Geschichtsunterricht werden würde, dann könnte man in den nachfolgenden Generationen meiner Meinung nach Vorurteile direkt im Keim ersticken!
    © Ricarda Ohligschläger

     

  • Jennifer Teege – AMON; Mein Großvater hätte mich erschossen

    Es ist ein Schock, der ihr ganzes Selbstverständnis erschüttert: Mit 38 Jahren erfährt Jennifer Teege durch einen Zufall, wer sie ist. In einer Bibliothek findet sie ein Buch über ihre Mutter und ihren Großvater Amon Göth. Millionen Menschen kennen Göths Geschichte. In Steven Spielbergs Film «Schindlers Liste» ist der brutale KZ-Kommandant der Saufkumpan und Gegenspieler des Judenretters Oskar Schindler. Göth war verantwortlich für den Tod tausender Menschen und wurde 1946 gehängt. Seine Lebensgefährtin Ruth Irene, Jennifer Teeges geliebte Großmutter, begeht 1983 Selbstmord. Jennifer Teege ist die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers. Sie wurde bei Adoptiveltern groß und hat danach in Israel studiert. Jetzt ist sie mit einem Familiengeheimnis konfrontiert, das sie nicht mehr ruhen lässt. Wie kann sie ihren jüdischen Freunden noch unter die Augen treten? Und was soll sie ihren eigenen Kindern erzählen? Jennifer Teege beschäftigt sich intensiv mit der Vergangenheit. Sie trifft ihre Mutter wieder, die sie viele Jahre nicht gesehen hat. Gemeinsam mit der Journalistin Nikola Sellmair recherchiert sie ihre Familiengeschichte, sucht die Orte der Vergangenheit noch einmal auf, reist nach Israel und nach Polen. Schritt für Schritt wird aus dem Schock über die Abgründe der eigenen Familie die Geschichte einer Befreiung. (Kurzbeschreibung laut amazon)
    Als ich das Buch „AMON – Mein Großvater hätte mich erschossen“ im Vorschaukatalog sah, habe ich mich zuerst einmal gefragt, ob ich mich wirklich darauf einlassen möchte, denn das dieses Buch kein Spaziergang wird war mir bereits im Vorfeld klar! Doch ich wollte und habe es nicht bereut.
    Viele von uns kennen Amon Göth -den Schlächter von Plaszow – aus dem Film „Schindlers Liste“. Dort verkörperte ihn Ralph Fiennes.
    Für Jennifer Teege ist der Mann, der seine Hunde auf Menschen abrichtete aber nicht nur eine Person von der Leinwand, sondern ein Familienmitglied, ein Vorfahre und die große Liebe ihrer geliebten Großmutter Ruth Irene – der Frau, die sich im Film die Ohren mit dem Kissen zuhält, wenn Göth (Fiennes) vom Balkon seiner Villa aus Langeweile Juden erschießt!
    Teege fragt sich nach der Entdeckung ihrer Familiengeschichte, ob sie ihm ähnlich ist und ob es Zufall ist, dass gerade sie in Israel studiert hat. Und kann sie lernen mit der Wahrheit zu leben?
    Mich hat das Buch sehr bewegt. Die Abschnitte in den Teege ihre Geschichte erzählt werden immer wieder unterbrochen durch Ergänzungen von Nikola Sellmair, die zusätzliche Hintergrundinformationen einfügt. An manchen Stellen fand ich das sehr störend, doch insgesamt betrachtet waren sie von großer Wichtigkeit, weil sie die Erzählungen Teeges noch komplettierten.
    Interessant fand ich auch die vielschichtigen Nachwirkungen solch einer Familiengeschichte. Nicht selten sind Depressionen, Sterilisation oder gar Suizid die Folge.
    Das im Buch erwähnte Buch über ihre Mutter Monika „Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?“  werde ich mir mit Sicherheit ebenfalls bestellen, denn Jennifer Teeges Geschichte hat mich darauf sehr neugierig gemacht.
    Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch. Erschütternd und doch voller Hoffnung!
    © Ricarda Ohligschläger

  • Vom Glück mit Katzen zu wohnen

    Vom Glück mit Katzen zu Wohnen
    Katzen sind wunderbare Individualisten…so steht es auf Seite 6 des Buches geschrieben, aber Katzenliebhaber/innen wissen das auch so – ganz sicher!
    Denn Katzen sind wundervolle, elegante und doch zugleich verspielte Wesen die ein Zuhause erst komplett machen. Hundehalter werden etwas anderes behaupten, aber das steht auf einem anderen Blatt Papier oder in einem anderen Buch.
    Katzenfreunde werden mir Recht geben, wenn ich sage, dass der Titel des Buches nicht treffender gewählt sein könnte, denn es ist eines wahrhaftig:  Glück. Ein Glück mit Katzen zu wohnen.
    So individuell wie die Katzen in diesem Buch sind auch die dazugehörigen Wohnungen und manchmal fragt man sich, ob die Katze zur Wohnung gehört oder umgekehrt.
    Sind die vielen Nischen im Zuhause von Bestsellerautorin Kerstin Gier nicht ganz speziell für Mim und Merlin geschaffen worden? Oder spiegelt das Haus im Bergischen Land lediglich die Großherzigkeit der dort lebenden Menschen wider, die gar nichts anderes sein können als Katzenliebhaber?
    Den Eindruck gewinnt man schnell und er wird verstärkt, wenn man Autorin und Katzen miteinander erlebt hat.
    Eher kühl wirkt dagegen das Zuhause von Schauspieler Markus Knüfken. Trotzdem wirken seine Katzen keinesfalls als Fremdkörper in dem asiatischen Ambiente. Zwischen Buddhas und balinesischen Flechtmöbeln harmonieren die beiden Singapuras perfekt, was aber eher Zufall ist wie Knüfken beschreibt.
    Ohne Katze würde das Natursteinhaus von Cora Stephan geradezu unvollständig wirken. Die preisgekrönte Krimiautorin schläft im Sommer auf der Terrasse im sogenannten Lotterbett unter dem Sternenhimmel. Selbstverständlich nicht ohne ihre Katzen. Bisou, Bougie und Nikita. Das Haus strahlt Erholung, Kreativität und Leidenschaft aus – und ich würde es sofort für eine Auszeit nutzen wollen.  Die Veranda lässt den Blick auf eine herrliche Landschaft zu und man muss gewissermaßen künstlerisch tätig werden.
    Perfekt in Szene gesetzt haben sich Oskar und Mieps neben Zoë Beck. Die heimlichen Stars ihrer Facebookseite verzieren nicht nur die erste Umschlagseite auf majestätische Weise, sondern rahmen die Autorin im Portrait auf Seite 35 formvollendet ein.
    Die Fotos beweisen, dass die zwei Katzen sich wohlfühlen in der Altbauwohnung in Berlin. Ob sie nun entspannt auf dem Designersessel liegen oder auf dem Küchenfußboden liegen. Sie strahlen auf jedem Bild aus: hier gehöre ich hin! Und es ist schön zu lesen, dass Zoë Beck das eben so sieht.
    Ich könnte noch mehrere Beispiele für das Wohnen mit Katzen aus diesem Buch aufzählen, aber ich denke der kleine Einblick genügt um darzustellen wie vielfältig Katzen und Menschen in Harmonie miteinander leben können. Ob im romantisch-verspielten Landhaus, im futuristisch angehauchten Wohnsalon oder auf der Familienranch in Bayern –  die zauberhaften Fotos fangen sämtliche Stile perfekt ein. Die dazugehörigen Texte beschreiben Bewohner und Einrichtungsmerkmale und man erfährt noch einige interessante Details zur Einrichtung der Häuser bzw. Wohnungen.
    Ergänzt wird das mit Schutzumschlag versehene Buch abschließend mit Wohn- und Wohlfühltipps von Katzentherapeutin Birga Dexel und Kurzportraits der Katzenfreunde in diesem Buch.
    Das Buch ist ein Geschenkegeheimtipp für alle, die jetzt schon auf Weihnachtsgeschenk-Suche sind. Perfekter kann man einem Katzenfreund das Fest nicht versüßen!
    © Ricarda Ohligschläger

  • Dr. Josephine Chaos – Dann press doch selber, Frau Dokta!

    Ein lustiges Buch über Kreißsaal, Wehenschmerz und PDA?? Ich war ja ein bisschen skeptisch als mir das Buch empfohlen wurde, aber bereits nach wenigen Seiten wusste ich: Das WIRD ein Spaß!
    Dr. Josephine Chaos ist das Pseudonym einer Gynäkologin, die mehrmals ungeplant schwanger wurde! Ihre vierte Schwangerschaft erlebt man in „Dann press doch selber, Frau Dokta!“ hautnah mit, denn während sie über den alltäglichen Wahnsinn aus einer mittelgroßen Klinik irgendwo in Deutschland berichtet, wird ihr Bauch runder und runder.
    Passenderweise sind die Kapitel des Buches somit in Schwangerschaftsmonate eingeteilt und während sich Josephine überlegt wie sie ihrem Chef die nächste Schwangerschaft beichtet, hastet sie eifrig zwischen Assistenzärztin Dr. Bambi, CTG und der Stationsliege hin und her.
    Um unerkannt zu bleiben versieht sie alle Kollegen mit passenden Namen. Dr. Bambi (oben bereits erwähnt), Dr. Messer und Schwester Totalausfall und viele andere runden ihren Arbeitsalltag ab, und sorgen so für mehr oder weniger Chaos.
    „Dann press doch selber, Frau Dokta!“ ist wohl die witzigste Art sich auf die Geburt eines Kindes vorzubereiten. Und wer bereits Kinder hat, wird sich mit Sicherheit in einer der beschriebenen Geburten von Dr. Josephine Chaos wiederfinden.
    Und wer nach diesem Buch nicht genug hat von der Entbindungsstation kann unter www.josephinechaos.wordpress.com weiterlesen!
    Ächt jetzt!
    Einen kleinen Kritikpunkt habe ich dennoch. Manchmal war mir der Ton schon zu flappsig und es gab auch einige Wortwiederholungen (Ächt jetzt!), die mich letzten Endes nur noch nervten. Und wenn ich die Rezensionen zum Buch anschaue, dann bin ich wohl nicht ganz alleine mit meiner Meinung!
    © Ricarda Ohligschläger