Liebe Kathryn, nachdem du bereits mit „Colours of Love“ eine Fortsetzungstory geschrieben hast, ist „Daringham Hall“ ebenfalls auf mehrere Teile ausgelegt. Würdest du grundsätzlich sagen, dass dich Fortsetzungen mehr reizen als abgeschlossen Romane? Und wenn ja, warum?
Nein, nicht unbedingt. Ich mag schon Serien sehr gerne, einfach, weil ich es schön finde, zu bereits vertrauten Figuren zurückzukehren. Außerdem ist es beim Schreiben von fortgesetzten Geschichten schon reizvoll, dass man mehr Platz hat und tiefer in eine Geschichte einsteigen kann als das vielleicht bei Einzelbänden geht – „Daringham“ zum Beispiel hätte als Einzelband fast 1000 Seiten, da kann man schon mehr erzählen als in einem „normalen“ Buch. J Aber ich werde nicht immer Fortsetzungen schreiben, tatsächlich sind die nächsten drei Projekte alle Einzeltitel.
„Daringham Hall“ ist eine spannende Familiensaga mit vielen überraschende Wendungen, die mittlerweile viele LeserInnen begeistert. Wie kam es zu dieser Idee?
Die Frage wird einem als Autor oft gestellt – und sie ist furchtbar schwer zu beantworten. Ideen kommen einem nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sie liegen irgendwie in der Luft, kommen einem einfach, wenn man sie braucht. Und es ist auch nie nur eine, ein Buch besteht aus hunderten davon. Was es gibt, sind Entscheidungen. Ich wollte gerne ein Buch schreiben, das auf einem englischen Landsitz spielt, und ich wusste auch schon, dass der in East Anglia, einer sehr schönen Gegend in Südengland, nordöstlich von London, spielen sollte. Dann habe ich viel nachgedacht darüber, was das für eine Familie ist, die dort lebt, habe vieles aufgeschrieben und wieder verworfen. Man braucht immer einen Aufhänger, etwas, das die Geschichte ins Rollen bringt, und die Idee dazu kam mir, das weiß ich noch, bei einer Folge einer amerikanischen Krimiserie. Darin ging es um einen Mann, der an Amnesie litt und sich nicht an seine Vergangenheit erinnern konnte. Ich fand das sehr spannend: Wie ist man, wenn man nicht mehr weiß, wer man ist? Was bleibt übrig von den eigenen Verhaltensweisen, wenn man seine eigene Vorgeschichte nicht mehr kennt? Darüber habe ich lange gegrübelt, und am Ende ist daraus dann die Figur des Ben Sterling entstanden. Aber wie gesagt – das war nur eine Idee von vielen, die ich für den Roman brauchte, andere sind mir in anderen Situationen oder einfach durch langes Nachdenken gekommen. Am Ende hat man dann ein fertiges Gerüst für die Handlung, das man in einem Exposé festhält. Es ist so was wie meine Landkarte, mein Wegweiser. Manchmal biege ich dann zwar trotzdem noch mal anders ab oder gehe einen Umweg, der sich für mich besser anfühlt, aber im Prinzip weiß ich dann, welche Geschichte ich erzählen will. So geht das mit den Ideen.
Alle deine Bücher waren bisher auf der Spiegel-Bestsellerliste, mit dem zweiten Teil von „Colours of Love“ (Entblößt) hast du es sogar direkt auf den zweiten Platz geschafft. Beschreibe doch mal das Gefühl als du davon erfahren hast.
Das war ganz irre. Der Verlag hatte mir vorher schon gesagt, dass der Roman ganz außerordentlich gut vorbestellt worden war, und man konnte auch bei den Rankings von Amazon sehen, dass der Titel stieg und stieg. Am Erscheinungstag selbst stand das Taschenbuch dort auf Platz 2, war also der zweimeistverkaufte Artikel von diesem riesigen Online-Shop, und das Ebook hatte es gleichzeitig sogar auf den ersten Platz geschafft. Okay, dachte ich, das könnte unter Umständen für die Bestsellerliste reichen (die allerdings vor allem aus den Verkäufen im stationären Buchhandel errechnet wird), aber ich habe mich nicht getraut, daran zu glauben. Schließlich war ich da noch total unbekannt. Ich dachte, ganz nach oben schaffen es nur etablierte Autoren, ich hatte wirklich keine Vorstellung, wie das alles eigentlich funktioniert. An dem Tag, als ich von der Platzierung erfuhr, kam ich nach Hause und meine Tochter hat mir die Tür aufgemacht. Ich wusste, dass mein Mann zuhause ist, aber meine Tochter meinte, er wäre im Keller – und ich sollte dringend meine Lektorin zurückrufen. „Sitzt du“, meinte die, als ich sie kurze Zeit später anrief, und dann hat sie mir gesagt, dass wir mit dem Roman auf Platz 2 eingestiegen sind. Ich war total überrascht, auch weil plötzlich neben mir ein Sektkorken knallte – mein Mann hatte nämlich vorher schon mit meiner Lektorin gesprochen und die beiden hatten verabredet, dass sie es mir sagt und er dann mit dem Sekt kommt, damit wir auf diesen Erfolg anstoßen können. Das hat diesen Moment noch besonderer gemacht, als er ohnehin schon war. Auf der Spiegel-Bestsellerliste zu stehen, und noch dazu so weit oben, das ist schon so etwas wie ein Adelsschlag für einen Autor. Es ist das, was man sich wünscht, wenn man wie ich Unterhaltungsliteratur schreibt – dass man viele Leute mit der eigenen Geschichte begeistern kann. Deshalb werde ich diesen Tag ganz sicher nie vergessen.
War es schon immer dein Traum als Autorin zu arbeiten?
Ja, eigentlich schon. Oder sagen wir mal so: ich wusste schon ganz früh, dass mein Beruf etwas mit Schreiben zu tun haben sollte. Das habe ich nämlich immer schon gerne gemacht. Aber Schriftstellerin ist ja kein Ausbildungsberuf, deshalb bin ich nach dem Studium erst mal Journalistin geworden und habe später freiberuflich als Übersetzerin, Werbetexterin und Lektorin gearbeitet – was ja auch alles sehr viel mit Schreiben zu tun hat. Nebenbei habe ich auch immer die Geschichten geschrieben, die mir Spaß gemacht haben – und irgendwann hatte ich dann meinen ersten Buchvertrag in der Tasche. J Inzwischen kann ich vom Bücherschreiben leben, und das ist schon ein großes Privileg – und tatsächlich mein absoluter Traumberuf.
Sind bereits weitere Projekte geplant?
Oh ja. Ich sitze gerade an einem Weihnachtsroman, der im September 2016 erscheinen wird, und danach schreibe ich zwei weitere Bücher, diesmal Einzeltitel, von denen der erste im Frühjahr 2017 rauskommen soll. Es werden wieder schöne, spannende Liebesgeschichten, so wie man das inzwischen von Kathryn Taylor kennt.
Liebe Kathryn, ich danke dir ganz herzlich für dieses Interview und freue mich sehr, dass du dir Zeit genommen hast meine Fragen zu beantworten!
© Ricarda Ohligschläger
Autorenfoto © Kathryn Taylor
1 thought on “Interview mit Kathryn Taylor”
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Tolles Interview. Freue mich schon auf den 3.Teil.
Schönes Wochenende.
LG Sonja