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Gernot Gricksch

Interviews mit Autoren

Interview mit Gernot Gricksch

Ich lebe so entsetzlich gern, dass mich der Gedanke deprimiert, irgendwann damit aufhören zu müssen

 

Lieber Gernot Gricksch, Sie sind unter anderem Kinokritiker. Wie ergeht es Ihnen denn mit Kritiken zu Ihren Büchern? Können Sie mit Kritik gut umgehen? Und welchen Nutzen ziehen Sie daraus für sich?

 

Ach, ich bin da nicht empfindlich. Wenn man 25 Jahre lang hauptberuflich gemäkelt hat, darf man natürlich nicht pingelig sein, wenn man sich irgendwann auf der anderen Seite bewegt. Und im Allgemeinen werde ich von den Kritikern auch sehr freundlich aufgenommen (toi,toi,toi). Manch kritische Anmerkung hilft mir ja auch, denselben Fehler beim nächsten Buch nicht wieder zu machen (und, ja: Autoren machen immer irgendwelche Fehler ;-)). Viele „Kritikpunkte“ sind aber auch schlicht Geschmackssache. Tatsächlich ist mir die direkte Resonanz des Lesers, z.B. Amazon-Kundenkritiken, Blogs, Foren, etc., viel wichtiger als die professionelle Kritik. 
Was mögen Sie lieber: Film oder Literatur?  
Ich könnte ohne beides nicht leben. Gute Geschichten sind ein Grundnahrungsmittel. Wobei ich Filme bevorzugen, deren Stories auch als Roman taugen würden. Special-Effekt-Spektakel und „Event-Movies“ finde ich zunehmend langweilig.
Warum schreiben Sie nicht mehr für die “Cinema”?
Die Redaktion „Cinema“ hat sich vor zwei Jahren aus Kostengründen von allen freien Mitarbeitern getrennt. Das war zumindest für mich aber völlig okay. Ich bin inzwischen mit meinen Büchern und Drehbüchern so ausgelastet, dass ich ohnehin keine Zeit mehr dafür gehabt hätte. Aber die olle Tante „Cinema“ war sehr lange sehr wichtig für mich. Eine schöne Zeit.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Geschichten?
Die keimen irgendwo im hintersten Winkel meines Gehirns und ich habe oft keine Ahnung, wie das entsprechende Ideen-Samenkorn da hineingekommen ist. Im Falle meines neues Buches „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ war die Inspiration aber schlicht meine Angst vor dem Tod. Ich lebe so entsetzlich gern, dass mich der Gedanke deprimiert, irgendwann damit aufhören zu müssen. Ich habe mir viele Fragen über das Sterben, das Zurückbleiben und das Loslassen gestellt. Wie hinterlässt man ein gut gelebtes Leben? Wie macht man weiter, wenn einer der wichtigsten Menschen plötzlich nicht mehr für einen da ist? Und dann habe ich einen Weg gesucht, solch ernste Themen in einem Buch „locker“ zu behandeln. Die Idee war, einen Roman zu schreiben, der sich wie Filme wie „Juno“ und „Little Miss Sunshine“ anfühlt: Eine verspielte und trotzdem realistische und substantielle Geschichte, die gleichzeitig amüsiert und rührt.
Meine Frage betrifft die Personen in Ihren Büchern, wie bzw. wann entstehen diese? Gibt es Personen im “wahren Leben” die sie mit diesen verbinden?
Auf der Webseite meines Verlags habe ich gerade ein kleines Essay veröffentlicht, dass sich mit genau dieser Frage beschäftigt:

Generell gilt: Die meisten Autoren sind leidenschaftliche Beobachter. Seit alle möglichen Leute ihr komplettes Privatleben in der U-Bahn ins Handy brüllen, braucht man aber nicht mal mehr Phantasie, um sich deren Leben auszumalen. Irgendwie schade. Ich vermenge Menschen, die ich kenne, die ich beobachte und denen ich lausche mit mir selbst und einer gehörigen Portion Phantasie. So entstehen meine Romanfiguren. Und da ich ein Autor bin, der die Handlung aus den Figuren heraus entwickelt, anstatt die Protagonisten für einen bereits konstruierten Plot maß zu schneidern, ist die Geburt und charakterliche Aufzucht meiner Helden und Antihelden der langwierigste und wichtigste Teil meiner Arbeit.

War es schon immer ihr Wunsch einmal Bücher zu schreiben? Soweit ich weiß, wollten Sie doch ursprünglich Krankenpfleger werden.
„Wollen“, na ja… Ich habe schon als Achtjähriger Geschichten geschrieben und alles, was das gedruckte Wort umfasst, war schon damals mein Traumberuf. Ich wollte Journalist werden. Doch mit einer schwachen Mittleren Reife war das völlig illusorisch. Ich habe trotz zahlreicher Bewerbungen auch keinen Ausbildungsplatz als Buchhändler bekommen. Und irgend etwas musste ich ja arbeiten. Krankenpfleger erschien mir ein wichtiger und zu mir passender Beruf. Ich hatte schon einen Ausbildungsvertrag, als ich durch eine schier unglaubliche Verkettung von Zufällen überraschend ein Volontariat in einer Presseagentur absolvieren konnte. Von da an ging dann alles seinen wunderbaren Weg. Ich habe sehr, sehr viel Glück gehabt im Leben.
Bringen Sie in ihre Bücher nur ihre eigenen Erfahrungen und Gedanken als Mann ein oder hören Sie sich auch in der Männerwelt um für ein neues Buch?
Doch, ja… Ich habe durchaus männliche Freunde und ich höre ihnen auch zu 😉 Und ob Sie es glauben oder nicht: Auch die gröhlenden Fußballfans, Autobahn-Linksdrängler und bulligen Schrankwand-Verrücker haben Gedanken, Gefühle und Ängste. Mehr, als Frauen sich das wohl vorstellen. Natürlich gibt es auch unsensible Klötze. Aber generell sind Männer trotz aller atavistischen Gebärden ziemliche Weicheier. Und ein Teil unserer Probleme beruht darauf, dass wir versuchen, diese weiche Seite zu kaschieren.
Sie sind selber Vater – sind eigene Erlebnisse und Erfahrungen in Ihrem aktuellen Buch “Das Leben ist nichts für Feiglinge” eingeflossen?
Ich würde niemals etwas, was meine Kinder tun, 1:1 in einem Buch verarbeiten. Aber natürlich hat man als zweifacher Vater eine Menge chaotische Inspiration…
Ist es schwer für Sie als Mann so offen über Gefühle zu reden oder zu schreiben? Oder sind Sie von Natur aus eher ein Gefühlsmensch?
Ich renne nicht herum und belästige alle Leute ungefragt mit meinem Innenleben. Aber natürlich schreibt man solche Bücher, wie ich sie schreibe, nur, wenn man ein eher sensibler Typ ist. Als ich ein Teenager war, hat es mich noch geärgert, dass mich niemals ein Mädchen „cool“, „geil“ oder „stark“ fand. Ich war immer nur „süß“. Inzwischen kann ich gut damit leben 😉

Sie haben ein Sachbuch zum Thema Schwangerschaft aus Männersicht geschrieben. Hand aufs Herz: wenn sie als Mann könnten, würden Sie dann gerne einmal schwanger werden?

Was für eine bemerkenswerte Frage! Mmmh… boah. Schwer. Doch, ja: Ich würde sehr gern schwanger sein und wissen, was für ein Gefühl es ist, neues Leben in sich zu tragen. Das muss toll sein. (Ich würde auch ungemein gern wissen, wie sich Sex für eine Frau anfühlt, das nur so am Rande). Aber diese unglaublichen Schmerzen bei der Geburt! Nee, nee – ihr Frauen macht doch schon super. Das lassen wir mal am Besten alles mal so, wie es ist.

Gibt es bald einen weiteren Band von den Paulis?
Auch wenn es wohl gut für mein Bankkonto wäre: Ich habe beschlossen keine Kinderbuchserie zu schreiben. Die Pauli-Kinder haben in dem Buch eine Entwicklung durchgemacht, die Geschichte ist zu Ende erzählt. Es reizt mich (zumindest momentan) nicht, die Paulis zu reanimieren. Das wäre nicht kreativ, das wäre Recycling. Mein neues Kinderbuch „Im Tal der Buchstabennudeln“ hat ganz neue, hoffentlich spannende, witzige und liebenswerte Hauptfiguren. Immerhin: In beiden Büchern (und auch in dem neuen Kinderbuch, an dem ich gerade arbeite) spielen die „Kimono-Zwilldrillinge“ eine große Rolle. Also irgendwie doch ein Hauch von Serie…
Sind eigene Erfahrungen in der Kirschkernspuckerbande enthalten?
Na klar 🙂 Aber es ist nicht meine Autobiographie. Ganz ehrlich nicht! Das Interessante ist, dass wir alle glauben, dass wir absolut einzigartige Leben führen. Doch wenn ich mich mit Lesern der Kirschkernspuckerbande unterhalte, stellen wir oft fest, dass wir alle ganz ähnliche Erfahrungen gemacht haben, ganz ähnliche Gedanken hatten, ganz ähnliche Entwicklungen durchlebten. Ich hatte wirklich nicht geahnt, dass ich bei diesem Buch praktisch das kollektive Porträt einer ganzen Generation schreiben würde. Ich finde es immer noch erstaunlich.
Schreiben Sie lieber Bücher für Kinder oder eher für Erwachsene? Was ist das Reizvolle an dieser Mischung?
Ich habe eine große Leidenschaft für das Absurde. Das kann ich in meinen Erwachsenenbüchern nicht so ausleben. Ich genieße die grotesken, surrealen Möglichkeiten des Kinderbuchs sehr. Diese Mischung aus realen Alltagsproblemen, die Kinder haben, und absolutem Unfug. Im Gegenzug kann ich in meinen Erwachsenenbüchern durch die Hintertür bei aller Unterhaltung ein kleines bisschen Alltagsphilosophie einschleusen. Ich liebe es, Kinder zum Lachen und Erwachsene zum Grinsen, Grübeln, seufzen und manchmal, wenn’s klappt, auch zum weinen zu bringen. Und ich liebe die Abwechslung.
Was machen Sie in ihrer Freizeit am liebsten, wenn Sie nicht gerade schreiben?
Lesen 😉 Filme gucken. Videospiele spielen (ich bin echt gut im „Call of Duty“-Multiplayer), Theater, Oper, Konzerte, gut essen gehen (an alle Hamburger: Ab ins „Caberlo“!), Kochen (ohne Rezept, pseudo-arabisch oder -indisch, zunehmend vegetarisch, mit einem Hörbuch auf den Ohren), einfach so mit meinen Gedanken durch die Gegend laufen und vor allem und mit ungebremster Begeisterung: Zeit mit meiner Familie verbringen. Quasseln, albern, vorlesen, Brettspiele spielen, mit den Katzen toben, ausgiebig frühstücken, Ausflüge machen…
Was lesen Sie selbst gerne?
Quer durch alle Genres. Ich bin ein leidenschaftlicher Verehrer von Friedrich Dürrenmatt, Jakob Arjouni (speziell die Nicht-Krimis), Kurt Vonnegut und Ben Elton (dessen Bücher leider in letzter Zeit nicht mehr in Deutschland erscheinen. Wer englisch kann: „Blind Faith“ lesen!). Ich mag gute Thriller von Dennis Lehane über Zoran Drvenkar bis Joy Fielding, stehe auf einiges von Dean Koontz und Stephen King, mag die Kinderbücher von Louis Sachar, Frank Cottrell Boyce, Roddy Doyle, Lemony Snicket und Sabine Ludwig, lache bei Steffi von Wolff und Ralf Husmann und bin außerdem ein großer Comic-Fan und langjähriger „Spiegel“- und „Zack“-Abonnent.
Wie hoch ist denn Ihr Stapel ungelesener Bücher und was liegt obenauf?

Da es teilweise Hörbücher und E-Books sind, stößt der Stapel noch nicht ganz an die Decke. Oben liegen derzeit „Allerliebste Schwester“ von Wiebke Lorenz, „Kollaps – Warum Gesellschaften überleben oder untergehen“ von Jared Diamond, „Die Expedition“ von Monika Bittl, „Du“ von Zoran Drvenkar und die gesammelten „Buffy the Vampire Slayer“-Comics. 

Wie stehen Sie zu Facebook und/oder Twitter und wie wichtig ist Ihnen in diesem Zusammenhang der Kontakt zu ihren Fans?

 

Der Kontakt zu meinen Lesern („Fans“ ist so ein furchtbar großes Wort) ist mir sehr, sehr wichtig! Ich freue mich riesig über Briefe und E-Mails und ich mag es gern, mich nach Lesungen noch zu unterhalten. Aber ich bin ein Kind der Datenschutz-Generation, hab damals am Volkszählungs-Boykott teilgenommen und bin ungebrochen irritiert über die exhibitionistischen Auswüchse der elektronischen Medienwelt. Da bin ich altmodisch. Sorry. Ich war zwischenzeitlich Mitglied bei Xing, aber da kam ich vor lauter „Anfragen beantworten“ gar nicht mehr zum Schreiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von mir angetwittert werden will, wenn ich gerade einen schönen Sonnenuntergang am Strand gesehen habe und ich möchte kein Facebook-Mitglied werden, weil ich schlicht nicht die Zeit hätte, dort auch aktiv meine Kontakte zu pflegen. Und einfach nur „Freunde“ zu sammeln ohne wirklich zu interagieren, finde ich unhöflich.
Welches Buch hätten Sie gerne selbst geschrieben und warum?
„Hausaufgaben“ von Jakob Arjouni, „Eleanor Rigby“ von Douglas Coupland und „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt. Für mich die drei eindrucksvollsten Beweise, dass ein Buch unglaublich geistreich, witzig und unterhaltsam zugleich sein kann. Als Drehbuchautor bin ich dagegen neidisch auf alles, was der dänische Autor Anders Thomas Jensen fabriziert. Filme wie „Adams Äpfel“, „Nach der Hochzeit“ und „Wilbur wants to kill himself“. Der Mann ist mein Idol.
Lieber Gernot, ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen für ihre Zeit und ich wünsche Ihnen für ihre Zukunft als Autor alles Gute.

Ich habe zu danken, es war mir eine Freude 🙂

Mir ebenso!

Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Steffen M.
Lena B.
Anette L.
Kerstin M.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“

Rezensionen

Gernot Gricksch – Das Leben ist nichts für Feiglinge

Dies ist das zweite Buch, welches ich von Gernot Gricksch lese und ich bin wie beim ersten Mal nicht in der Lage gewesen auch nur ein klitzekleines Lesepäuschen zu machen, weil er es auf eindrucksvolle Weise schafft Humor, Tragik, Liebe, Tod und die Herausforderungen des Lebens zu verbinden.

Markus ist 40, Inhaber einer kleinen Catering – Firma, Vater einer 15jährigen Tochter und seit einem halben Jahr Witwer.
Im Clownskostüm hat sich seine Frau Babette mit einer metallenen Kette stranguliert – ein Unglück, bizarr und in den Augen der Hinterbliebenen auch völlig überflüssig. Warum ist sie nicht einfach “normal” gestorben, als Krebskranke oder Verkehrsopfer? Diese Frage beschäftigt Markus nun, während er versucht sein Leben zwischen Pizzakartons, Rotwein und Wutausbrüchen wieder auf die Reihe zu kriegen. Nur ist er davon im Moment weit entfernt – mindestens genauso wie von seiner Tochter Kim und er fragt sich inständig wie er endlich Zugang zu ihr bekommt.
Seit dem Tod der Mutter zieht Kim sich immer mehr in ihr Schneckenhaus zurück, färbt sich die Haare schwarz und hört Gruftiemusik. Wenn sie sich nicht gerade mit kuriosen Todesfällen, Statistiken über Unfällen und grotesken Selbstmorden beschäftigt, vergräbt sie sich in ihrem Zimmer.
Ihre Aufmerksamkeit widmet sie einzig Alex aus der 11. Klasse, denn er ist etwas ganz Besonderes. Er ist ihr Prinz, so schön, stark und wild. Außerdem hat er ein Sixpack, stahlhart und durchtrainiert, so wie zum Beispiel Brad Pitt.
Aber das Schicksal lässt die beiden nicht zur Ruhe kommen und schlägt noch einmal heftig zu. Gerlinde, Markus´ Mutter, erkrankt an Darmkrebs und findet ihr Leben fortan im wahrsten Sinne des Lebens zum Kotzen. Für ihren Sohn und ihre Enkeltochter will sie stark sein und erzählt ihnen etwas von einer längeren Reise, statt der Chemotherapie.
Doch sie hat ihren Plan ohne die taffe Paula gemacht. Die 29jährige Krankenpflegerin öffnet Markus ziemlich unsanft die Augen über den Gesundheitszustand seiner Mutter und steht ihm bei, als seine Tochter plötzlich spurlos verschwindet.
Dies ist das zweite Buch, welches ich von Gernot Gricksch lese und ich bin wie beim ersten Mal nicht in der Lage gewesen auch nur ein klitzekleines Lesepäuschen zu machen, weil er es auf eindrucksvolle Weise schafft Humor, Tragik, Liebe, Tod und die Herausforderungen des Lebens zu verbinden. Er lässt so viel Gefühl in seine Zeilen einfließen, so viel Leben, so viel Hingabe und Leidenschaft, dass man den Eindruck nicht los wird, seine Figuren können unmöglich reine Fiktion sein. Viel eher glaubt man sie sind Bekannte des Autors und werden nun Freunde des Lesers – so bildhaft und anschaulich treten sie in Aktion. Kein Wunder also, dass man beim Lesen lachen und weinen muss, denn das macht man ja auch mit Freunden. Seine Figuren konnte ich direkt vor mir sehen und ganz tief im Inneren sogar spüren und so manches Mal hatte ich das Gefühl, ich könnte tatsächlich ihre Gedanken lesen – was nicht heißen soll, dass die Handlung vorhersehbar ist.
Ja, ich hatte auch “Halsbrennen”, sogar mehrmals und am Ende ganz viele Tränchen in den Augen. Und das ist auch gut so, denn ich deute es als Zeichen, dass mich Gernot Gricksch wieder einmal gefesselt, berührt und begeistert hat. Ich hoffe, dass er dies noch ganz oft tut. Seine anderen Bücher werden jedenfalls bald Einzug in mein Buchregal halten.
Als kleinen Vorgeschmack möchte ich den Leser/innen dieser Rezension ein kleines Zitat aus diesem Buch nicht vorenthalten: “Wenn das Schicksal um die Ecke bog, durfte man sich nicht ängstlich in einem Hauseingang verstecken.” (Seite 133 / Gernot Gricksch – Das Leben ist nichts für Feiglinge)
Ist das nicht schön? Und vor allen Dingen so wahr! Eigentlich völlig überflüssig zu sagen, dass ich euch das Buch nur wärmstens empfehlen kann, oder?
Fazit: Dieses Buch beschreibt das Leben so wie es ist, mit allen Höhen und Tiefen. Dramatisch, gefühlvoll, chaotisch, mit viel Liebe und bodenständig realistisch. Ein Highlight für Gefühlsfanatiker!
© Ricarda Ohligschläger
Cover www.droemer-knaur.de

Rezensionen

Gernot Gricksch – Königskinder

Gernot Gricksch hat es mir mit seinem Humor, seinem Feingefühl und seinem Blick für Emotionen und Details einfach unmöglich gemacht, dieses Buch aus der Hand zu legen.

Es gibt sie, die Liebesgeschichte, die zu schön ist, um wahr zu sein. Die, die jeder eigentlich seine eigene nennen und ständig erzählen möchte, weil sie so aufwühlend, romantisch – ja, so einzigartig und besonders ist.
Eine dieser Geschichten erleben Mark und Simone in “Königskinder”.
Simone kommt 1970 drei Wochen zu früh auf die Welt. Ihre Mutter ist eine Hippiefrau mit eigenen Esoterikladen, in dem sie Unmengen an Stoffen, Accessoires und Teekisten einpfercht. Ihr Vater, von Sternzeichen Fisch, ist erst mal nicht vorhanden und wirft bei dem kleinen Kind die Frage auf warum sie keine Meerjungfrau ist.
Mark wächst eher bürgerlich auf, in einem Einfamilienhaus in Marienthal, inklusive Schaukel und Sandkiste. Sein Vater schätzt jede Situation eher nüchtern ein und ist ein großer Freund konventioneller Rollenverteilung. Seine Mutter scheint eine ruhige Person zu sein, die nur manchmal wegen der Hochbegabung ihres kleinen Genies nervös wird.
Im Laufe ihres Lebens kommt es mehrmals fast zu zufälligen Begegnungen der beiden. Manchmal trennt sie eine Straßenseite, dann wieder ein paar Treppenstufen. Immer wieder verfehlen sie sich auf ganz mysteriöse Weise haarscharf, aber beide erleben dabei die gleichen Dinge.
Während Matthias Rust auf dem Roten Platz landet, die Elbe das Hochwasser bringt und das neue Millennium begrüßt wird, sind Simone und Mark immer dabei. Auf ihre ganz eigene Art, aber doch immer getrennt voneinander. Und man hofft und bangt als Leser mit ihnen, denn man möchte doch zu gerne, dass sich die zwei begegnen, weil es doch so das Schicksal bestimmt hat, oder etwa doch nicht?
Ja, man möchte fast als Verbindungsstück agieren und sie zu einander führen und sagen “He, schau her. Das ist dein Seelenpartner!”
Gernot Gricksch hat es mir mit seinem Humor, seinem Feingefühl und seinem Blick für Emotionen und Details einfach unmöglich gemacht dieses Buch aus der Hand zu legen. So brauche ich sicher nicht extra zu betonen, dass ich es in einem durch gelesen habe. Mit seinem Schreibstil hat er mich einfach gepackt und es war sehr interessant noch einmal hautnah die Vergangenheit aufleben zu lassen – auch wenn viele Ereignisse dabei waren, die man gerne streichen würde.
Mit seinem Einfühlungsvermögen ist es ihm gelungen, die Gefühle beider Seiten glaubwürdig darzustellen und zwar so, dass Simones Leben eine Frau nicht besser hätte beschreiben können. Die abwechselnde Erzählweise aus jeweils der Sicht des anderen empfand ich hierbei geradezu wie das passende Gegenstück, zu dem eben erzählten Teil. Und die kurzen Kapitel, die die einzelnen Jahre beschreiben lesen sich sehr, sehr flüssig.
Nach dieser Lektüre bin ich noch mehr als sonst davon überzeugt, dass es für jeden von uns ein Deckelchen gibt. Vielleicht müssen wir im Leben wirklich erst verschiedene Dinge erleben, die uns formen, stärken und ausmachen, um DIE eine große Liebe zu finden, zu erkennen und zu fühlen.
Gernot Gricksch lässt jedenfalls keinen Zweifel daran.
Fazit: “Sich finden” kann im wahren Leben nicht schöner sein.
© Ricarda Ohligschläger
LESEPROBE / Gernot Gricksch – Königskinder