«Vor Ihnen sitzt der liebe Gott höchstpersönlich», erklärt mein Gegenüber und wischt sich die Lachtränen aus dem Gesicht. Wir schweigen. «Witzig», sage ich nach einer Weile und gebe mich unbeeindruckt. «Ich hab Sie mir immer anders vorgestellt.» Baumann hebt den Zeigefinger und sagt mit gespielter Strenge: «Das ist verboten. Man darf sich kein Bild von mir machen.» «Na, immerhin scheint Gott Humor zu haben», sage ich. Baumann nickt. «Es bleibt Gott nichts anderes übrig, als die Dinge mit Humor zu nehmen.» Sein Lächeln verwandelt sich in einen Anflug von Melancholie. Nachdenklich schaut er zu Boden. «Es ist die Wahrheit, Dr. Jakobi. Ich bin es wirklich.» Er beugt sich vor und sieht mir nun direkt in die Augen. «Ich bin Gott. Und ich bin, unter uns gesagt, ziemlich im Arsch. Es wäre also schön, wenn Sie mir helfen könnten, Doktor.»
(Kurzbeschreibung laut www.amazon.de)
Hans Rath ist bekannt durch seine humorvollen Romane um Paul Schuberth (z. B. “Da muss man durch“). Mit seinen überzogenen und skurrilen Charakteren hat er sich bisher in die Herzen seiner Fans geschrieben.
Nun zeigt Rath, dass er auch anders kann.
“Und Gott sprach: Wir müssen reden!” ist ernster, erwachsener und auch ein bisschen spirituell. Vor allen Dingen aber regt er zum Nachdenken an. Über das Leben, verpasste Chancen und über Dinge, die sehr unwahrscheinlich scheinen, es aber nicht immer sind.
Rath lässt seine Leser teilhaben am chaotischen Leben des Psychotherapeuten Jakobi und auf dessen Reise mit Gott – zu sich selbst.
Der Schreibstil ist wunderbar leicht und mit Zeilen gespickt, die man mehrmals lesen muss, weil sie ins Herz gehen.
Natürlich darf man nicht allzu viel erwarten. Es geht nur um einen Spinner, der sich für Gott hält. Oder steckt etwa doch mehr dahinter?
Am Ende des Buches wird sich jeder diese Frage stellen. Da bin ich mir sehr sicher!
© Ricarda Ohligschläger
Andreas Winkelmann ist meine literarische Neuentdeckung des letzten Jahres. Innerhalb kürzester Zeit verschlang ich nicht nur “Tief im Wald und unter der Erde“, sondern auch “Bleicher Tod” und “Blinder Instinkt“. Winkelmann schreibt rasant, beeindruckend und mit einer beeindruckenden Art Urängste zu wecken.
So widmet er sich in seinem neuesten Buch “Wassermanns Zorn” all denjenigen, die schon immer Angst davor hatten, in tiefe Gewässer abzutauchen.
Kennst du das, wenn du in einem Badesee nicht mehr sehen kannst, was zu deinen Füßen schwimmt und du die ganze Zeit das Gefühl hast, dass dich gleich etwas in die Tiefe zieht? Genau an diesem Punkt packt Winkelmann zu.
Von Anfang an reißt er seine Leser in die Geschichte und lässt sie nicht mehr los. Besser gesagt seine Hauptfigur. Der “Wassermann”, wie ihn die Polizei nennt. Und wie der Titel schon äußerst passend verrät, ist dieser zornig. Sehr sogar!
Seine Opfer ertränkt er kaltblütig und gnadenlos, und verziert sie im Nachhinein noch mit Botschaften an Kriminalhauptkommissar Stiffler. Der macht allerdings den Eindruck, dass er völlig überfordert mit der Situation ist. Nicht umsonst trägt er den unsichtbaren Stempel “Feigling” mit sich herum.
Lediglich Manuela Sperling, der Neuling, macht sich mit unerschütterlichem Ehrgeiz an die Ermittlungsarbeit und begibt sich damit selbst in große Gefahr!
Nebenfiguren, wie den an Narkolepsie erkrankten Taxifahrer, lässt der Autor genug Spielraum, um sich facettenreich zu präsentieren.
Winkelmann spinnt um alle Beteiligten herum ein Netz aus Spannung und Verwirrspiel. Dabei wechselt er in hohem Tempo die Schauplätze und schafft somit eine unheimliche Atmosphäre, die schon fast etwas Mystisches hat. Gänsehaut ist somit garantiert!
Die Auflösung folgt später in ebenso hohem Tempo, wenn sich die Ereignisse zum Schluss des Buches nur so überschlagen. Einige Dinge zeigen sich plötzlich in ganz neuem Licht und sorgen für den nötigen Überraschungseffekt.
Das Motiv des Täters ist nachvollziehbar und macht vor allem fassungslos. Vom Titel über den Inhalt bis hin zur Gestaltung des Covers wirkt das gesamte Buch dadurch noch stimmiger!
“Wassermanns Zorn” ist ein rundum gelungener Thriller, der gelesen werden MUSS. Seine dunkle Atmosphäre, die Figuren und vor allen Dingen die Schauplätze überzeugen als Gesamtpaket mit Sicherheit alle Thrillerfans.
© Ricarda Ohligschläger
ES BRAUCHT SO WENIG, UM SO VIELE LEBEN ZU ZERSTÖREN. Am Ostersonntag verbreitet sich die Nachricht wie ein Lauffeuer im Dorf: Janice Heckler ist tot in der Greve gefunden worden, halbnackt und offensichtlich ertränkt. Auf den Täter einigt man sich in Garsdorf schnell: der Nachbar. Alex Junggeburt – als Kind noch von allen bedauert, als Jugendlicher gefürchtet, als Erwachsener verteufelt. Sechs Jahre später kommt Alex frühzeitig aus der Haft frei. Sein erster Weg führt ihn zurück an den Ort des Geschehens – in sein Elternhaus. Kaum jemand im Dorf ist darüber glücklich: Die einen fürchten seine Rache, die anderen weitere Gewalttaten. Alex kann es ihnen nicht verdenken, weiß er doch selbst nicht, was damals geschah …(Kurzbeschreibung laut www.amazon.de)
“Die Schuldlosen” ist mein erstes Buch von Petra Hammesfahr und wird mit Sicherheit nicht mein letztes der Autorin sein. Eigentlich ist es kein Krimi und auch kein Thriller, sondern eher eine erschütternde Familiengeschichte voller Tragik.
Im Mittelpunkt steht Alex. In Mädchenkleider gesteckt und Alexa genannt, ersetzt er der Mutter die verstorbene Tochter. Die Dorfkinder meiden ihn, wenn sie ihn nicht gerade beschimpfen oder anderweitig quälen.
Schnell wird Alex zum Außenseiter. Nur Sylvie kommt Alex näher und es entwickelt sich eine kurze Liebelei zwischen den beiden.
Doch dann gerät Alex unter Mordverdacht.
Sechs Jahre später kehrt Alex aus der Haft zurück und wieder ist es einzig Sylvie, die ihn versteht.
“Die Schuldlosen” ist mein bisheriges Jahreshighlight. Es ist dicht konstruiert, ausdrucksstark und überzeugt auf ganzer Linie durch seine vielschichtigen Charaktere. Alex Geschichte hat mich so tief berührt, dass ich für seine Mutter nur noch Wut fühle. Ein Kind zu benutzen, um Trauer zu verarbeiten, ist meiner Meinung nach ein Verbrechen an schuldloser Kinderseele!
Durch Zeitsprünge schafft die Autorin ihre Leser an die Story zu fesseln, wobei ich zugegebenermaßen das Buch eher zelebriert habe. So hatte Alex Geschichte Zeit auf mich zu wirken.
Ich habe sie jedenfalls sehr genossen und empfehle das Buch gerne weiter.
© Ricarda Ohligschläger
Cover © www.rowohlt.de
Ines Thorn schreibt wie gewohnt mit einer Leichtigkeit, die von Anbeginn fesselt
Ausgerechnet während der Raunächte, der Zeit der Toten und der Geister, wird Pater Fürchtegott zum Exorzisten berufen. Im Knüllwald sollen Nachzehrer ihr Unwesen treiben. Unterwegs schließt das kluge Mädchen Karla sich ihm an. Sie hat ihren kleinen Weiler verlassen, auf der Flucht vor einer Heirat wider Willen. In Alwerode trifft das ungleiche Gespann auf eine eingeschworene Dorfgemeinschaft, die mit dem Finger auf die Michelsmühle zeigt: Dort soll das Böse hausen; die Müller hätten die Ernte verhext, trieben Unzucht mit dem Teufel. Dann sterben immer mehr Mitglieder der Familie einen plötzlichen und unerklärlichen Tod, geschüttelt von Krämpfen, wie vom Satan besessen. Karla und Fürchtegott wissen nicht mehr, was sie glauben sollen. Wandeln die Michelsmüller wirklich nachts als Nachzehrer über den Friedhof, oder hat der Hass der Dorfbewohner Gründe, die schlimmer sind als der Teufel? (Kurzbeschreibung laut www.amazon.de)
Pater Fürchtegott und Karla stoßen schon bald auf Leichenschänder, die den alten toten Michelsmüller nachts ausgraben. Angesichts der aufgeblähten Leiche wird der Aberglaube um den Nachzehrer weiter geschürt. Tote, die ihren Hinterbliebenen die Lebenskraft aussaugen. Karla jedoch spürt, dass noch etwas anderes im Dorf umgeht: Angst und Misstrauen, und aus diesem Grund gibt sie keine Ruhe. Auch wenn sie dafür ihre Angst überwinden muss.
Leseprobe zu Ines Thorn – Teufelsmond
Historische Romane der Autorin Ines Thorn sind mitreißend, anschaulich und packend! Daher freute es mich umso mehr mit “Teufelsmond” erneut in die damalige Zeit eintauchen zu können. Denn auch das gelingt der Autorin wie nur wenigen anderen: ihren Lesern das Gefühl zu geben mittendrin im Geschehen zu sein. Nicht nur die Gedanken und Lebensbedingungen der damaligen Zeit, sondern auch der Aberglaube werden glaubwürdig dargestellt. Es ist kaum zu glauben in welchem Ausmaß die Menschen damals an den Teufel glaubten.
Ihren Figuren haucht Ines Thorn ebenso wie ihrer Handlung einen ganz besonderen Zauber ein. So war mir die junge Karla sofort sympathisch. Ihre selbstbewusste und kämpferische Art sich nicht unterkriegen zu lassen, war mit Sicherheit für diese Zeit eher die Ausnahme. Gerade bei ihr beschreibt Ines Thorn beeindruckend das Leben der Frauen.
Von der Familie gegen den Willen verheiratet zu werden war genau so normal, wie die Frauen als dumm darzustellen. Pater Fürchtegott ist hierfür ein glänzendes Beispiel. Seine Gedanken über Karla und auch die Gespräche zwischen den beiden deuten an, wie minderwertig Frauen begriffen wurden. Frauen wurden nur als Eheweib, Mutter und Hausfrau angesehen. Dass sie aber eigene Gedanken und zum Teil klügere Ansichten hatten, war verpönt und für die Männer beängstigend.
Und auch sonst lässt Ines Thorn keine ihrer Figuren farblos und blass erscheinen. Jeder einzelnen gibt sie Ausdrucksstärke, einen interessanten Charakter und Glaubwürdigkeit mit. Doch darf man sich nicht täuschen lassen, denn wer auf den ersten Blick als böse erscheint, muss nicht auch so denken und handeln.
Bei allem möchte ich natürlich nicht vergessen zu erwähnen, dass “Teufelsmond” auch viele spannende Momente enthält. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass meine Neugier arg geschürt wurde, wer denn hinter all den undurchsichtigen Vorkommnissen im Dorf steckte. War es wirklich eine teuflische Fügung oder Menschenhand, die Angst und Schrecken verbreitete? Das jedoch möchte ich nicht verraten, denn dann würde dem ein oder anderen ein beeindruckender historischer Roman entgehen.
Fazit: Ines Thorn schreibt wie gewohnt mit einer Leichtigkeit, die von Anbeginn fesselt. Eine spannende Handlung, glaubwürdige Charaktere und viele Eindrücke in das damalige Leben zeichnen ihren Schreibstil aus und sorgen erneut für wundervolle Lesestunden. “Teufelsmond” empfehle ich all denen, die gerne in bildgewaltige Romane abtauchen.
© Ricarda Ohligschläger
Cover © www.rowohlt.de
Mit “Fünf” katapultiert sich Ursula Poznanski erneut ganz weit nach oben in die Riege derer, die es verstehen ihre Leser an ein Buch zu fesseln.
THANKS FOR THE HUNT Du bist fündig geworden. Rätselaufgaben, deren Lösung Koordinaten sind. In Plastikbehälter verpackte Leichenteile. Zeugen, die nach der Befragung sterben. Es ist eine blutige Version des Geocaching, eine grausige Jagd, auf die sich die Salzburger Ermittlerin Beatrice Kaspary einlassen muss. Der Fall scheint unlösbar. Und plötzlich wird sie selbst zur Beute …
(Kurzbeschreibung laut www.amazon.de)
Mittlerweile weiß ich, dass Bücher der Autorin Ursula Poznanski bedeuten: Telefon und Klingel ausschalten!
Mit “Fünf” beweist sie nach “Erebos” (und “Saeculum”) einmal mehr, dass dies auch dringend notwendig ist, denn ihre rasanten Storys lassen keinen Platz für Lesepausen oder anderweitige Unterbrechungen.
Der Grund liegt klar auf der Hand. Ihre Bücher besitzen eine unbeschreibliche Sogwirkung, sodass Bedürfnisse wie essen, trinken oder schlafen komplett ausgeschaltet werden. Sie hetzt ihre Leser gnadenlos von einer Seite zur anderen und macht sie zu Sklaven ihres temporeichen Schreibstils, der keinerlei Atempausen zulässt.
Zur Leseprobe: Ursula Poznanski – Fünf
Die Ermittlerin Beatrice Kaspary wird Zielscheibe einer besonderen Variante des Geochaching. Abgetrennte Leichenteile, eintätowierte Koordinaten und immer wieder neue Rätsel lassen ihr in einem neuen Fall, der mit einer Leiche auf einer Kuhweide begann, keine ruhige Minute. Kollege Florin Wenninger und Beatrice müssen koordinieren, Zusammenhänge entschlüsseln und Rätsel lösen bevor es ein weiteres Opfer gibt. Derweil geht das Spiel rasend schnell weiter. Nicht nur, weil der Täter Kontakt zu Bea aufnimmt.
Die beiden Ermittler stoßen bei ihren Nachforschungen auf immer mehr Bruchstücke, die ein Ganzes ergeben. Bleibt die Frage WIE. Die Lösung scheint unglaublich nah und gleichzeitig spürt Bea, dass sie etwas übersehen hat bzw. haben muss.
© thinkstockphotos.de; iStockphoto/Frank Leung
Bea und Florin sind ein tolles Team und man kann behaupten, dass sie wunderbar zusammen harmonieren. Sie wissen hundertprozentig, dass sie sich auf den anderen verlassen können und wirken auf den ersten Eindruck dadurch sehr sympathisch. Als Leser wird man schnell Teil dieses Teams und fühlt sich in die Ermittlungsarbeiten fest integriert.
Florin ist es, der Bea den Vorgesetzten Hoffmann vom Hals hält und auch mal seinen Kopf für sie hinhält, wenn der Bosse einen seiner Tobsuchtanfälle hat.
Bea hat eine gescheiterte Ehe hinter sich und hadert mit ihrer Vergangenheit, denn ein großer Verlust füllt ihre Biographie.
Hin und her gerissen zwischen Mutterpflichten und ihrem Job kommt es mehr als einmal zu Auseinandersetzungen mit ihrem Exmann Achim, der ihr unterstellt sie würde die Kinder abschieben.
Poznanskis Schreibstil ist genial. Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.
Ihre Plots sind hervorragend konstruiert, flüssig zu lesen und actionreich. Aufkommende Langeweile hat bei ihr absolut keine Chance und so ist jedes ihrer Bücher ein Lesegenuss par excellence. Ich habe das Buch kaum zur Seite gelegt und wenn, dann nur, um das Finale noch etwas hinauszuzögern und zu zelebrieren.
Mit “Fünf” katapultiert sich Ursula Poznanski erneut ganz weit nach oben in die Riege derer, die es verstehen ihre Leser an ein Buch zu fesseln.
© Ricarda Ohligschläger
Cover © www.rowohlt.de