Historische Romane sollten meiner Meinung nach gleich mehrere Dinge erfüllen. Sie sollten in eine längst vergangene Zeit entführen, ein kleines bisschen Geschichte in sich tragen und dem Leser das Leben der damaligen Zeit näher bringen.
Nicht oft gelingt es Autoren, die sich diesem Genre verschrieben haben, diese Mischung genauso zu vereinen, dass ich das Buch mit einem Seufzer der Zufriedenheit aus der Hand lege.
Brigitte Janson jedoch hat diese Kombination mit Bravour gemeistert. Ihr historischer Roman „Der verbotene Duft“ entführt nicht nur in das Hamburg des Jahres 1840, sondern es legt gleichzeitig dar wie schwer sich das einfache Leben für manche Bevölkerungsschichten gestaltete.
Ganz besonders gilt hierbei ihr Augenmerk den jungen, verzweifelten Frauen, die sich nicht anders zu helfen wussten, als ihren teils noch kindlichen Körper an stinkende Matrosen zu verkaufen. Eine dieser Huren ist Amelie, die der Hauptperson Clara Vogt im vorliegenden Roman eine gute Freundin wird.
Clara Vogt lebt mit ihrem Vater, einem mittlerweile erfolglosen Kaufmann in Hamburgs Deichstraße. Seit die Mutter verstorben ist, wandelt sich ihr Georg Vogt immer mehr zu einem Tyrannen, und so beschließt Clara zu fliehen. Im Gepäck hat sie nicht weiter als einen alten Zettel ihrer Mutter mit einer Anschrift, und die Hoffnung ihre große Liebe Paul Dahlmann eines Tages wiederzusehen.
„Hamburg 1840: Die junge Parfümeurin Clara versetzt die Hansestadt in Aufregung. Sie hat einen Duft entwickelt, von dem es heißt, dass er jede Frau unwiderstehlich macht. Sofern es ihr gelingt, eine halbe Träne beizumischen. Schon bald stehen die feinen Bürgerinnen Schlange und erste Feinde treten auf den Plan, die ihren Erfolg mit allen Mitteln zunichtemachen wollen. Clara indes träumt von der großen Liebe, aber ihre Jugendliebe Paul ist seit Jahren verschwunden. Wird sie ihn jemals wiedersehen?“ (Kurzbeschreibung laut www.amazon.de)
Die Kurzbeschreibung weist bereits darauf hin, dass Clara es nach ihrer Flucht aus dem Elternhaus schafft, erfolgreich Fuß zu fassen. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg!
Hierbei kommt die oben erwähnte Dirne Amelie ins Spiel, die trotz ihres eigenen harten Lebens ihr großes Herz nicht verloren hat, und sich Clara annimmt. Amelie überzeugt nicht nur durch ihre freundliche Art, sondern auch durch ihre Hilfsbereitschaft und ihre zuweilen kindlichen Züge, die sie trotz ihrer aufreizenden Art immer wieder durchblitzen lässt. Binnen weniger Tage einwickelt sie so eine tiefe Verbundenheit zwischen den Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein können.
Eine weitere Person, die mich sehr amüsiert hat ist die großherzige Mamsell Friederike. In meiner Vorstellung war sie eine rotwangige, etwas rundere Dame, die für alle ein offenes Ohr hat und gerne ihre Lieben um sich hat. Dass sie ihren Neffen Paul ebenso schmerzlich vermisst, wie ihre Schwester Martha, spricht für ihre tiefe Verbundenheit zu ihren Familienmitgliedern. Anders ist es wohl auch nicht zu erklären, dass Friederike trotz der von Eifersucht getränkten  Bemerkungen ihrer Schwester Martha in deren Haushalt blieb. Sicher ist es auch die Angst, auf der Straße zu landen, aber eine Mamsell wie Friederike erscheint mit dafür einfach zu taff.
Bleibt mir noch ein paar Worte zu Clara und Paul zu verlieren. Da Brigitte Janson zwischenzeitlich die Perspektiven wechselt, kann man sich nur allzu gut in seine Gefühlswelt hinein versetzen. Aus Angst sich der Vergangenheit stellen zu müssen, quält er sich tagtäglich mit der unerfüllten Liebe zu seiner Clara. Man spürt seine Zerrissenheit aus jeder einzelnen Zeile und möchte gerne hilfreich eingreifen, um ihn endlich glücklich zu sehen.
Brigitte Janson thematisiert in ihrem Buch die Angst vor dem Feuer und endet mit dem großen Hamburger Brand, der zwischen dem 5. Mai und dem 8. Mai 1842 große Teile der Altstadt zerstörte. Der Übergang dazu gelingt ihr perfekt und ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl nur mit nüchternen Fakten konfrontiert zu werden.
Weiterhin erwähnt sie in ihrem Buch mehrere Verfahren zur Parfümherstellung, die bei mir auf großes Interesse stießen.  So anschaulich wie sie Clara in ihrer kleinen Werkstatt experimentieren lässt, so bildgewaltig gestaltet sich jedes einzelne Kapitel des Romans. Ob auf dem Markt, dem Hafen oder in den vornehmen Herrenhäusern, Brigitte Janson hat mich wahrhaftig ins Jahr 1840 entführt! Ich hatte abwechselnd den Geruch von Fisch, eine steife Meeresbrise oder zauberhafte Essenzen in der Nase.
Dass ich mich nur ungern von Clara und all den anderen Personen trenne, brauche ich sicher nicht extra zu erwähnen. Wer Lust hat auf einen flüssig geschriebenen historischen Roman, der mit facettenreichen Hauptfiguren und einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte aufwartet, der ist mit „Der verbotene Duft“ sehr gut bedient.
© Ricarda Ohligschläger

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