Mit „Wellengang“ entführt uns Anne Griffin in eine berührende Geschichte, die von Schmerz, Verlust und dem langsamen Zurückfinden ins Leben handelt. Der Roman erzählt die Geschichte von Rosie, die nach einem tragischen Schicksalsschlag Zuflucht auf ihrer Heimatinsel Roaring Bay vor der Küste Irlands sucht. Was das Buch so besonders macht, ist die gelungene Mischung aus emotionalem Tiefgang, bildgewaltigen Naturbeschreibungen und der überaus realistischen Darstellung innerer Konflikte.
Eine Geschichte von Verlust und Neuanfang
Rosie hat jahrelang obsessiv nach ihrer verschwundenen Tochter gesucht. Diese Suche hat nicht nur ihre Ehe in eine Krise gestürzt, sondern auch ihr ganzes Leben bestimmt. Nun, zurück auf der Insel, übernimmt sie die Fähre ihres kranken Vaters – die „Aoibhnea“ – und beginnt langsam, wieder Momente des Glücks zu spüren. Besonders das Meer, das ihr einerseits Freiheit und andererseits Sicherheit gibt, ist eine der zentralen Metaphern des Buches. Anne Griffin nutzt das Bild der See, um Rosies innere Gefühlswelt widerzuspiegeln – das aufgewühlte Meer steht für die Unruhe in ihrem Herzen, aber auch für die Hoffnung auf einen Neuanfang.
- Griffin, Anne (Autor)
Die Natur spielt in „Wellengang“ eine tragende Rolle und wird eindrucksvoll und atmosphärisch beschrieben. Die rauen Klippen, die einsamen Strände und die stürmische See von Roaring Bay sind nicht nur die Kulisse der Handlung, sondern verstärken das Gefühl der Isolation und des inneren Aufruhrs, das Rosie empfindet. Griffin schafft es, dass man als Leser die salzige Meeresluft beinahe auf der eigenen Haut spürt und die Dramatik der Küste als Spiegel für Rosies Seelenleben wahrnimmt. Zu gerne hätte ich mit Rosie auf den kargen Felsen gesessen und die tobende See beobachtet!
Rosie: Eine starke Protagonistin auf der Suche nach Heilung
Denn Rosie ist eine ganz besondere Protagonistin und schon gar keine typische Heldin – sie ist gezeichnet von den Schlägen des Lebens, unsicher in ihrer Zukunft und geplagt von ihrer Vergangenheit. Doch gerade diese Schwächen machen sie so authentisch und nachvollziehbar. Ihre innere Reise, ihre Zweifel und die Entscheidung, ob sie in ihr altes Leben zurückkehren oder bleiben und für ihre Heimat und Familie kämpfen soll, sorgen für einen emotionalen Spannungsbogen, der mich bis zum Ende fesselte.
Nicht nur Rosie selbst, auch die Nebenfiguren sind lebendig, vielschichtig gezeichnet und unfassbar liebenswert. Alte Rivalitäten und Konflikte innerhalb der Inselgemeinschaft sowie das raue und gleichzeitig liebende Verhältnis zu ihrem Vater, der sich in einer finanziellen Krise befindet, geben der Geschichte zusätzliche Tiefe. Besonders das Verhältnis zu ihrem Vater und die drohende Gefahr, dass die geliebte Fähre verloren gehen könnte, stehen symbolisch für Rosies Kampf um einen Neuanfang. Es ist diese Entscheidung zwischen Aufgeben und Kämpfen, die den emotionalen Kern des Romans bildet.
Hoffnung zwischen den Wellen: Der Weg zurück ins Leben
Neben der eindringlichen Atmosphäre und den starken Charakteren ist es vor allem das Thema Hoffnung, das „Wellengang“ so besonders macht. Trotz aller Rückschläge und Verluste, die Rosie erlebt, schwingt in Griffins Erzählweise immer eine leise Zuversicht mit. Man spürt, dass auch in den dunkelsten Momenten des Lebens eine Chance auf Heilung und Glück verborgen liegt – wenn man bereit ist, sich ihr zu stellen.
Fazit: „Wellengang“ von Anne Griffin ist ein intensiver und bewegender Roman über das Ringen mit der Vergangenheit und den Mut, einen neuen Weg einzuschlagen. Mit viel Einfühlungsvermögen und bildhafter Sprache erzählt Griffin die Geschichte einer Frau, die nach Jahren des Leidens wieder Hoffnung schöpft und lernt, dass es immer einen neuen Anfang gibt. Für alle, die tiefgründige und emotionale Geschichten lieben, die von der Kraft der Natur und der Stärke des menschlichen Geistes erzählen, ist „Wellengang“ eine absolute Leseempfehlung.