1922: Hulda Gold ist gewitzt und unerschrocken und im Viertel äußerst beliebt. Durch ihre Hausbesuche begegnet die Hebamme den unterschiedlichsten Menschen, wobei ihr das Schicksal der Frauen besonders am Herzen liegt. Der Große Krieg hat tiefe Wunden hinterlassen, und die junge Republik ist zwar von Aufbruchsstimmung, aber auch von bitterer Armut geprägt. Hulda neigt durch ihre engagierte Art dazu, sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Zumal sie bei ihrer Arbeit nicht nur neuem Leben begegnet, sondern auch dem Tod. Im berüchtigten Bülowbogen, einem der vielen Elendsviertel der Stadt, kümmert sich Hulda um eine Schwangere. Die junge Frau ist erschüttert, weil man ihre Nachbarin tot im Landwehrkanal gefunden hat. Ein tragischer Unfall. Aber wieso interessiert sich der undurchsichtige Kriminalkommissar Karl North für den Fall? Hulda stellt Nachforschungen an und gerät dabei immer tiefer in die Abgründe einer Stadt, in der Schatten und Licht dicht beieinanderliegen.
(Kurzbeschreibung laut amazon)
- Stern, Anne (Autor)
- Stern, Anne (Autor)
Ich möchte euch heute sehr gerne diese Reihe um eine junge, vorwitzige Hebamme im Berlin der 1920er Jahre wärmstens ans Herz legen und erlaube mir direkt Teil 1 bis 3 zu besprechen. Ich habe alle Teile hintereinander regelrecht inhaliert und lasse euch gerne dann teilnehmen warum.
Zuerst sei gesagt, dass mir die Reihe von Rowohlt ans Herz gelegt wurde und der Verlag durchaus mittlerweile weiß, welche Themen ich bevorzuge und da haben sie absolut ins Schwarze getroffen!
Hulda Gold ist eine junge Hebamme, die in den Straßen Berlins ihr Geld als Hebamme verdient und somit Zugang zu vielen Familien hat. Dementsprechend intensiv wird sie konfrontiert mit Armut, persönlichen Schicksalen und dem Tod. Schon nach wenigen Seiten hatte ich das Gefühl Hilda schon eine Weile zu kennen und auch ihr persönliches Schicksal wird immer wieder angerissen.
Nach der Trennung ihrer Eltern verfällt die Mutter immer mehr in Depressionen und die Familie zerbricht komplett. Zum Auftakt der Buchreihe ist die Mutter bereits verstorben und zum Vater hat Hulda, die jüdischer Abstammung ist, wenig Kontakt.
Ihr zentraler Ort ist der Winterfeldtplatz, an dem sie auch wohnt und dort Freundschaft mit dem Zeitungsverkäufer Bert schließt.
Durch einen Mordfall lernt sie Karl North kennen und beginnt mit ihm eine Beziehung. Ihre offensichtlich große Liebe Felix Winter hat sie verlassen. Die Beweggründe klären sich im Laufe der Handlung immer mehr auf. Hin und wieder hat man den Eindruck, es gäbe für die beiden ein Happy End, jedoch sind Felix politische Ansichten immer weniger mit Huldas Abstammung vereinbar und so kommt es hier zu Konflikten.
Karl North ist von Hulda von Anfang an fasziniert, zumal sie ein Gespür für Tragödien zu haben scheint. Jedoch hatte ich am Ende der drei Bände den Eindruck, dass die größte Tragödie Karl selbst ist…
Jedoch fand ich seine Figur trotzdem ebenso spannend gezeichnet wie Hulda oder Bert. Sein Schicksal ging mir sehr nahe und zeigt was eine lieblose Kindheit – auch heute noch – mit einem Menschen anrichten kann.
- Stern, Anne (Autor)
- Stern, Anne (Autor)
Hulda steckt ihr hübsches Näschen zum Glück immer wieder in Mord, Entführung und ungeklärte Todesfälle. Diese Vorfälle sind spannend gezeichnet und das Ermittlerpaar aus Kommissar und Hebamme ist eine interessante Mischung, die seinesgleichen sucht.
Die Charaktere habe ich geliebt und freue mich auf weitere Bände des Saga. Sie sind facettenreich gezeichnet, mit Schwächen, dunklen Geheimnissen und ihren ganz persönlichen Geschichten. Besonders Berts Schicksal ist mir in Band 3 sehr ans Herz gegangen und auch um Karl muss man sich große Sorgen machen, aber vielleicht gibt hier Band 4 ein bisschen Hoffnung, der im November erscheinen wird.
Für mich ist diese Reihe ein wahrer Lesegenuss gewesen. Mit spannenden Wendungen, unzähligen historischen Eindrücken und ich hatte immer wieder das alte Berlin vor Augen. Anne Stern schafft es hervorragend ihre Leser in das historische Treiben, den zunehmenden Judenhass und das Elend der Menschen zu bringen.
Auch die Arbeit der Hebamme kam nicht zu kurz und wurde interessant und detailliert geschildert. Wer also Krimis mag, ist mit dieser Reihe genau so gut bedient wie Fans historischer Romane.
©Ricarda Ohligschläger