Ich bin übrigens davon überzeugt, dass Qualität nach wie vor das Kriterium Nummer eins ist, um zu bestehen und Leser zu fesseln

Liebe Frau Busch, wie haben Sie die Krankheit Amnesie, die eine ihrer Protagonistinnen im neuen Buch „Mein wirst du bleiben“ erleidet, recherchiert und gab es vielleicht einen tatsächlichen Fall, der sie zu dieser Geschichte inspiriert hat?
Die Recherche habe ich mit psychiatrischen Fachbüchern begonnen. Erst einmal, um zu sehen, was für ein Krankheitsbild passt und wie das in den Grundzügen aussehen kann. Auch im Internet war ich unterwegs – aber ich bevorzuge halt immer echte Fachleute. Zwei Ärzte haben mich dann mit fundierten Infos versorgt und mir vor allem detailliert die spezifischen Krankheitsausformungen und Symptome erklärt, die ich für den Plot gebraucht habe.
Einen exakt so gelagerten tatsächlichen Fall kenne ich nicht. Aber es gibt einige Parallelen zu (verschiedenen) Patienten.
Deutsche Kriminalromane werden ja Gott sei Dank immer mehr beachtet. Empfinden Sie den Druck da eher positiv oder ängstigt sie das?
Weder noch. 🙂 Denn ich sehe das nicht als Druck, sondern als willkommene Entwicklung auf dem Buchmarkt. Es ist für jeden deutschen Krimiautor die Chance, viele Leser zu finden. Also eher Erleichterung als Druck. Ich bin übrigens davon überzeugt, dass Qualität nach wie vor das Kriterium Nummer eins ist, um zu bestehen und Leser zu fesseln. Besser kann es eigentlich nicht sein, denn wer gute Bücher schreibt, hat damit die Chance auf Erfolg.
Wenn man sich Ihren Lebenslauf ansieht dann ist dieser sehr vielfältig und abwechslungsreich, welche Stellung nimmt da das Schreiben ein und welche Bedeutung hat es für Sie?
Schreiben ist meine Nummer 1b. Es ist Leidenschaft, Aufputschmittel, manchmal Frust – und vor allem mein Job. Ich arbeite seit über 15 Jahren als Werbetexterin und Journalistin, und seit drei Jahren – als ich mit meinem ersten Psychokrimi gestartet bin – halten sich Werbetexterei und Bücherschreiben etwa die Waage. Mit andern Worten: Mein Tag besteht aus schreiben. Na ja, fast. Da sind auch noch Kaffee trinken, joggen, Katzen kraulen, fotografieren und „photoshoppen“. Und Nummer 1a: der Gefährte in meinem Leben.
Haben Sie sich „bewusst“ für das Genre Krimi entschieden, und wenn ja, warum?
Das war bewusst, ja. Ich liebe Krimis, das Rätselhafte, Abgründe; mich interessieren Menschen und Zwischenmenschliches, die Frage, was uns zu einem Mörder werden lässt. Der Krimi ist für mich die ideale Form, das zu schildern, was uns Grenzen überschreiten lässt: Grenzen, die uns Gesetz, Moral, Gesellschaft, Glaube, Menschlichkeit – oder welche Werte auch immer wertvoll sind für einen Einzelnen – gesetzt haben.
Welches Genre lesen Sie selbst am liebsten?
Das ist unterschiedlich und vollzieht sich in Phasen. Natürlich lese ich unglaublich viele Krimis. Aber manchmal kann ich keinen mehr sehen 😉 Dann lese ich wochenlang querbeet, die sogenannte höhere Literatur. Moderne Autoren, viele aus den Niederlanden und der Schweiz, auch einige amerikanische Schriftsteller. Mediävistische Fachbücher gehören auch zu meiner Nachttisch-Lektüre (ohne lesen kann ich nicht einschlafen *g*). Die Freude an mittelalterlicher Kultur, Sprache, Geschichte und Philosophie sind ein geliebtes geliebtes Relikt aus meiner Studienzeit.
Haben Sie schon mal daran gedacht, eine gänzlich andere Art von Buch zu schreiben, vielleicht ein Fantasybuch oder einen Liebesroman?
Habe ich – aber einen Fantasy- oder Liebesroman wird’s sicher nie von mir geben. Mit beiden Genres kann ich nicht so sehr viel anfangen. Mich reizt es, einen Thriller zu schreiben (also ohne Ermittler) oder auch ein gänzlich unmörderisches Buch über die Geschichte einer Freundschaft, über die Figur eines weisen Narren und noch so einiges andere. Ideen gibt’s da schon so einige …
Wie sieht der Platz aus, an dem Sie schreiben? Haben Sie bestimmte Rituale, wenn Sie sich zum Schreiben hinsetzen?
Großer dunkler Schreibtisch, darauf mein Mac, eine Kanne Ingwer-Zitrone-Tee, Notizbücher und ein Ablagekorb – in dem vorzüglich meine Fellnasen Krabat und Momo liegen und schnurren. Links davon gibt’s eine Mega-Bücherwand, Bücher zu Kripo-, Rechtsmedizin- und Sprachthemen in Greifweite.
Finden sich Personen aus Ihrem Umfeld unverkennbar in den Büchern wieder?
Nein. Meine Charaktere sind reine Fiktion. Was nicht heißt, dass ich den einen oder anderen Charakterzug, eine Marotte, Sprüche oder skurrile Kleidung eines echten Zeitgenossen einfließen lasse. Aber das ist dann nur ein Detail, ein Stück einer komplexen Figur. Ich „klaue“ aber ganz gerne von Fremden. Denn ich liebe es, zu beobachten, während ich vermeintlich gelangweilt im Café sitze oder in der Kassenschlange am Supermarkt stehe … Man erlebt und sieht die tollsten Dinge dort. Und kommt auf manche Idee für Figuren oder Szenen …
Gibt es Ort oder Begebenheiten, die Sie zum Schreiben besonders inspirieren?
Klar. Es gibt Tage, fernab vom Schreibtisch, da erlebt man die unglaublichsten Dinge. Siehe letzte Frage … Beobachten ist die beste Inspiration. Fast gleichauf mit Diskussionen mit meinen Freunden und Helfern aus der Kripo und Rechtsmedizin. Am besten bei einem Glas Rotwein.
Wer darf als erster Ihre Manuskripte beurteilen?
Da habe ich einen Kreis von Testlesern. Die sind auch keineswegs zimperlich mit Kritik – und das ist gut so. Dann natürlich auch mein Lektor aus dem Droemer Knaur Verlag und mittlerweile auch mein Agent, mit dem ich seit meinem dritten Buch (an dem ich gerade arbeite) zusammenarbeite.
Wann haben Sie das erste Manuskript an einen Verlag geschickt und wie war die Reaktion?
Ich habe nur ein Exposé verschickt. Das war Ende 2008 für mein Debüt „Schweig still, mein Kind“, das 2010 erschienen ist. Zugefügt hatte ich eine Leseprobe von zwei Kapiteln, mehr hatte ich damals noch nicht. Das Ganze hatte ich an drei große Publikumsverlage geschickt – und die Reaktionen waren ziemlich gut, um es einmal so zu sagen. Ich habe mich für Droemer Knaur entschieden und vier Wochen später hatte ich den Vertrag auf dem Tisch. Das war ein gutes Gefühl – und der Beginn des täglichen Buchschreibens. Immerhin haben ja noch 40 Kapitel gefehlt … 😉
Wie war das Gefühl für Sie, als Sie zum ersten Mal ein veröffentlichtes Buchexemplar in Händen halten konnten?
Es war nicht der Flash, den viele dabei wohl empfinden. Es war eine tiefe Zufriedenheit und Freude.
Gibt es bereits neue Projekte an denen sie arbeiten und möchten Sie schon etwas darüber verraten?
Ich plotte gerade die letzten Szenen von meinem dritten Psychokrimi. Wieder mit Hauptkommissar Ehrlinspiel und seinem Team.
Bevor ich den ersten Satz schreibe, habe ich immer den gesamten Roman strukturiert und für alle (Haupt)Figuren eine Art Biographie entworfen. Aussehen, Herkunft, Vorlieben und Macken, Licht- und Schattenseiten, gesellschaftlicher Status, Psyche, Leichen im Keller …
Gibt es eine Frage, die sie gerne beantwortet hätten, die aber in diesem Interview nicht gestellt wurde?
Ja. Aber die kommt ja vielleicht beim nächsten „Leser-fragen-Autoren-antworten“-Interview!
Abschließend beenden Sie bitte diesen Satz: Schreiben ist …
… Leidenschaft, Höhenflug, manchmal Desillusion, Brötchensicherer, Freude, die Möglichkeit, Welten zu schaffen und sich für eine Zeit dort abzutauchen.
Liebe Frau Busch, ich danke Ihnen herzlichst – auch im Namen der Leser – für die Teilnahme an meiner Aktion und wünsche Ihnen alles Gute für weitere Projekte.

Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Anastasia T.
Claudia E.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten

1 thought on “Interview mit Petra Busch

  1. Hach, ein schönes Interview! Danke Ricci an Dich und selbstverständlich an Frau Busch 🙂
    Grüßle
    Bine

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