Haben Sie Sarah Jessica Parker schonmal persönlich getroffen?  
 
Ja, 2008 haben wir uns auf dem pink farbenen Teppich in Berlin bei der Premiere von SatC 1 getroffen. Das war eine sehr charmante Begegnung. Ich bin einfach auf sie zugegangen und habe gesagt: „Hi Sarah Jessica, i am your german voice“ und sie war ganz begeistert und hat gleich die anderen drei Ladies und Michael – Patrick King dazu gerufen und mich allen vorgestellt.Danach ging sie vor die Presse und sagte: „I just met my German voice, she is better than mine“. Später haben wir vier deutschen Stimmen uns in den VIP-Bereich hinein argumentiert und konnten jede mit unserer Protagonistin reden. Sarah meinte, dass sie alles in die Rolle reingegeben hat und ich sagte ihr, dass ich meine Seele noch dazu gegeben hätte. Ein schöner, sehr bewegender Moment. Alle vier Frauen sind wirklich sympathisch.
 
Mit welcher der vier Damen können Sie sich am meisten identifizieren?
 
In jeder Frau steckt etwas lustvolles wie Samantha, etwas romantisches wie Charlotte, etwas schroffes wie Miranda. Carrie ist die Schnittmenge, die quasi mit den Eigenschaften und Erfahrungen ihrer Freundinnen experimentiert. Das heisst nicht, dass sie nicht ihre Eigenheiten hätte. Ihre Freundinnen gehen ihr über alles, sie versucht immer in Bewegung zu bleiben, sich immer wieder neu zu erfinden, nie still zu stehen. Damit kann ich mich identifizieren. Allerdings bin ich sehr natur verbunden (ein Aspekt, den keine der Damen abdeckt) und ich benutze meinen Ofen zum Backen und meinen Herd zum Kochen, weil ich das sehr liebe…
Wie ist es für eine Synchronschauspielerin einer so bekannten Schauspielerin ihre Stimme zu leihen?
Im Grunde ist es egal wem ich meine Stimme leihe. Mein Anspruch ist immer, so nah wie möglich ans Original heran zu kommen (es sei denn es ist nötig, das Original aufzubessern. Was manchmal auch vorkommt). Ich drücke keiner Figur meinen Irina – Stempel auf und freue mich sehr, wenn mich manchmal keiner erkennt (ich mich selber übrigens auch nicht). Das passiert bei Carrie nicht. Ihr habe ich sehr viel von mir geben können, weil sie mir sehr ähnlich ist. Ihr trockener Humor, ihre Verspieltheit, ihre Kopflastigkeit, ihr Temperament. Das macht die Arbeit sehr leicht. Natürlich spielt bei der Synchronisation dieser Figur immer etwas vom Glamour rein, den diese Figur nunmal hat. Und ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass mich das nicht stolz macht.
Viele staunen sicher, dass Sie die „deutsche Stimme der Carrie“ sind, oder?

Ja, sicherlich. Und am schlimmsten ist dann immer die Aufforderung: „sag mal was!“
Worin liegt der Spass beim Synchronisieren?
Du hast als Schauspielerin die Möglichkeit ganz grosses Hollywood zu spielen, richtig in einen Film einzutauchen, Liebe mit Brad Pitt zu machen und alle Gefühle zu erzeugen, von denen Du träumst. Aber auch die kleinen Fernsehauftritte in Zeichentrickserien als besoffene Schiffratte oder Ausgeflippte Patientin in Emergency Room können eine Herausforderung sein. Das tolle ist, dass Du in kürzester Zeit alles sein kannst, an einem Tag durch alle Emotionen von Studio zu Studio segeln kannst.
Sie haben eine eigene Hörbuchreihe. Wie kamen Sie dazu?
Hörbücher wollte ich schon lange lesen. Aber leider war ich nicht promiment genug. Seit „Carrie“ hat sich das schlagartig geändert und nachdem ich einige Produktionen gemacht hatte, ermutigte mich ein Produzent dazu, selbst Hörbücher raus zu bringen. Es hat mich gereizt, mir selbst die Stoffe auszusuchen. Was das alles bedeutet war mir nicht so klar. Aber nur so bleiben wir in Bewegung und das Leben bleibt bunt. Ich habe jetzt 5 ganz unterschiedliche Produktionen am Start, die mir alle am Herzen liegen.
„Die Bienenkönigin“ liest sich sehr schnell. Wie lange braucht man, um dieses Buch in ein Hörbuch umzuwandeln? Welche Vorbereitung ist nötig?
Erstmal ist wichtig festzustellen ob und wieviel gekürzt werden muss. Leider verrechne ich mich immer wieder. Bei „die Bienenkönigin“ musste ich im Nachhinein kürzen. Diese Produktion ist so einzigartig wie alle anderen. Ich lasse mir immer etwas besonderes einfallen. In „Glitzernacht“ beispielsweise habe ich Sequenzen liegend gelesen, weil das einfach anders klingt. Ich arbeite mit minimalen Effekten oder Tönen, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen, manchmal singe ich sogar für den Hintergrund. In diesem speziellen Fall hatte ich die Idee, die Rollen getrennt voneinander zu lesen/zu spielen. Normalerweise habe ich die Figuren immer im Text eingefärbt und springe von Rolle zu Rolle.
Hier habe ich das Experiment gemacht, die „Bienenkönigin“ ganz durch zu lesen, dann Priscilla und das im Nachhinein zusammen zu setzen. Sowas kann man nur mit einem Tonweltmeister wie Frank Willer vom Tonstudio LiveLive machen. Wir kennen uns schon aus alten Radiozeiten und sein Studio ist mein zweites Zuhause. Schlimm ist dann immer die Nacharbeit. Wenn mir ein Atmer fehlt oder zu viel ist, ich nicht schlafen kann, weil mir die Aussprache irgendwo missfällt. Da wird dann oftmals noch dreimal nach gearbeitet, bevor ich zufrieden bin. So eine Produktion hält mich einige Wochen in Atem. Hinzu kommen ja auch noch die Gestaltung der CD, die Trackliste und und und.
Was ist das besondere an erotischen Hörbüchern, wo liegt dabei die Herausforderung?
Im Grunde ist es egal, ob es sich bei der Vertonung um einen erotischen Text handelt oder nicht. Es geht immer darum, eine Stimmung zu erzeugen. In Geschichten wie „die Bienenkönigin“ möchte ich natürlich ganz bewußt erotisieren und das macht mir großen Spass. Ich wünsche mir, dass Menschen sich – ohne Wertung- einfach einmal fallen lassen und sich ihrer Phantasie hingeben können.
Das Hörbuch „Ich bin eine Berlinerin“ erscheint mir sehr persönlich. Was macht IHR Berlin aus. Können sich sich vorstellen, je in eine anderen Stadt zu ziehen?
„Ich bin eine Berlinerin“ IST ein sehr persönliches Hörbuch und wird auch entsprechend angenommen. Ich habe es mit sehr viel Leidenschaft geschrieben und zusammen gestellt. Es ist absolut ein Teil von mir und meiner Familie. Meiner Stadt. Ich liebe Berlin über alles und kann mir heutzutage nicht vorstellen, woanders zu wohnen, oder wenn dann nur vorübergehend. Ich brauche mehr als nur einen Koffer in Berlin. Viele Jahre (insbesondere Anfang der 1990er, als die Stadt so schwer am Zusammenwachsen war) wollte ich weg, habe mir die Welt angesehen und bin immer wieder zurück gekommen. Mit jedem Schritt, den ich mich weiter entfernt habe, habe ich Berlin mehr lieben gelernt. In den letzten zwei Jahren bin ich intensiv gependelt und habe Berlin sogar lieben gelernt, wenn keine Blätter an den Bäumen waren und es regnete. Im Vergleich mit anderen Weltstädten ist Berlin wirklich herausragend. Es bietet kulturell unendlich viel, hat die interessantesten Museen, Galerien.
Immer wechselnde Clubs an den ungewöhnlichsten Orten, viel Wasser, Wald Parks und Bäume überall. Nun gut, die Menschen sind bestimmt etwas ruppig, aber zu perfekt darf es nie sein.
Gibt es für Sie so etwas wie eine Sprechertraumrolle?
Ich möchte gern die Dialoge von Rhett und Scarlett in „Vom Winde verweht“ lesen. Das ist ein Traum, den ich schon fast verwirklicht sah, als mir auffiel, dass das Buch nicht gekürzt werden darf. Ok, ich würde es auch ungekürzt einlesen. Die Geschichte fasziniert mich, insbesondere die Hilflosigkeit der beiden Figuren, sich ihre Liebe einzugestehen. Was da alles mitschwingt…
Würden Sie eine Sprecherrolle auch ablehnen und unter welchen Umständen?
Sicherlich würde ich das, wenn dadurch jemand zu Schaden käme oder mein Ruf leiden würde, aber da ist meine Toleranz doch sehr groß. Schließlich lebe ich davon.Ich habe allerdings wirklich das große Glück, dass ich viele tolle Projekte angeboten bekomme. Bisher bin ich nur aus YuGiOh ausgestiegen, als es mir einfach zu brutal wurde.
Eines Ihrer nächsten Projekte ist die Moderation der Lesungen der Bestsellerautorin Lara Adrian für den Egmont-Lyx-Verlag, wie kam es zu diesem Projekt und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Ich wurde Lyx vom Verlag Plaisir d’Amour empfohlen, für die ich schon mehrere Veranstaltungen moderiert habe. Hier geht es nun auch um die Übersetzung von Lara Adrian. Dies ist eine neue Herausforderung, da ich zwar schon zweisprachig moderiert, aber noch nicht direkt übersetzt habe. Insofern war mein erster Schritt(nachdem ich mich mit der Literatur auseinander gesetzt und über die Autorin recherchiert habe,) mit Lara Adrian persönlich zu sprechen, um zu hören, ob ich ihr Englisch auch verstehe. Gott sei Dank geht das via Skype ja so einfach. Das war eine wunderschöne Begegnung. Wir haben uns auf Anhieb verstanden(wir sind beide Sternzeichen Löwe) und ich freu mich riesig darauf, Sie auf der Bühne noch näher kennen zu lernen und damit auch dem Publikum näher zu bringen.

Liebe Irina von Bentheim, ich wünsche Ihnen für die Moderation viel Glück und ein tolles Kennenlernen mit Lara Adrian. Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für die Fragen genommen haben und weiterhin viel Erfolg bei ihrer Arbeit auf der Bühne und hinter dem Mikrophon.
Die Hörbücher gehen in den nächsten Tagen an
Martina H.
Anette L.
Jette M.
Rebecca K.
Herzlichen Glückwunsch!!
© Ricarda Ohligschläger
Foto  ©  Matthias Frommann