Die Idee zu „Die Tote von Higher Barton“ kam mir, da ich die vom ZDF ausgestrahlten Rosamunde-Pilcher-Filme zwar gerne sehe, mit den jeweiligen Storys aber nichts anfangen kann
Liebe Rebecca, ich freue mich, dass ich Sie für meine Aktion begeistern konnte. Sie haben gerade eine Leserunde im Forum www.delia-liest.de zu ihrem neuen Buch begleitet. Wie bewerten Sie als Autorin eine solche Leserunde? Nehmen Sie daraus auch etwas für weitere Bücher mit?
Erstmal an dieser Stelle nochmals meinen ganz herzlichen Dank, dass ich meinen neuen Roman in dieser tollen Leserunde vorstellen durfte.
Für mich sind Leserunden sehr wichtig, denn hierbei hat man den direkten, täglichen Kontakt zu den Lesern. Als Autorin erfährt man sofort, was bei den Lesern bei Szenen für Gefühle ausgelöst werden und welche Gedanken/Mutmaßungen ihnen durch den Kopf gehen. Das ist äußerst interessant, oft auch überraschend, wie manche Szenen/Abschnitte auf die Leser wirken, was sich natürlich auch auf mein weiteres Schreiben auswirkt.
Obwohl das Schreiben mir persönlich sehr viel Freude macht – was wäre ich, was wären alle AutorInnen ohne unsere Leser? Aus diesem Grund ist mir ein Feedback sehr wichtig, auch wenn es natürlich nicht immer nur gut ausfällt. Schlussendlich schreibe ich für die Leser draußen, um ihnen Vergnügen zu bereiten, deswegen nehme ich Anmerkungen sehr ernst und denke über diese nach.
Woher kommt ihre Leidenschaft für Großbritannien, insbesondere Cornwall? Ist es die wunderschöne Landschaft die sie gefangen nimmt und inspiriert? Oder sind es die Menschen und ihre Geschichten?
Alles zusammen ist es, was für mich den Zauber Cornwalls ausmacht. Bereits als Jugendliche las ich mit Vorliebe Romane, die in Cornwall spielten und interessierte mich für die zahlreichen Sagen und Legenden dieser Grafschaft. Im Jahr 1989 war es dann endlich soweit – ich reiste zum ersten Mal nach Cornwall. Seitdem hat mich der Landstrich gefangen. Da ich in Süddeutschland geboren wurde und auch hier lebe, ist das Meer sehr weit entfernt, ich bin jedoch kein Fan der Berge, sondern das Meer hat mich schon immer fasziniert. Ein paar Tage wandern auf Cornwalls Küsten hat für mich den höchsten Erholungswert, den ich mir denken kann. Auch mag ich die cornische Küche … ja, ja, die ist besser, als ihr Ruf!
Die besten Ideen für neue Geschichten finde ich in Cornwall. Beim Wandern stelle ich mir immer vor, wie hier die Menschen in vergangenen Zeiten gelebt, geliebt, gelacht aber auch geweint haben, und wie schwer das Leben früher gewesen sein musste.
Obwohl ich schon viele andere Orte und Gegenden bereits habe, gibt es für mich keinen schöneren Platz als Cornwall. Mindestens einmal im Jahr eine Reise dahin – das muss einfach sein!
Mich würde interessieren, wie weit die Recherche für die Storys geht z. B. was die Örtlichkeiten angeht, oder wenn es fachspezifisch wird. Kontaktieren Sie da Leute „vom Fach“ oder lesen Sie sich das alles an?
Nach 26 Aufenthalte in Cornwall (in Großbritannien müssen es so um die 60 sein …) verfüge ich über ein umfangreiches Grundwissen, was Land und Leute angeht. In meinen Bücherregalen befinden sich ca. 300 Bücher, die mit dem Land zu tun haben, gut die Hälfte habe ich vor Ort gekauft. Somit muss ich keine „Grundrecherche“ betreiben, wenn ein neuer Roman entsteht.
Natürlich geht es dann beim Schreiben aber immer noch ins Detail. Das Internet ist dabei eine sehr große Hilfe, und ich scheue mich nicht, Menschen zu kontaktieren, wenn ich eine Frage habe. Die Reaktionen waren bisher immer sehr positiv. Außerdem bin ich seit knapp zwanzig Jahren mit einer cornischen Familie befreundet, durch die ich sehr viel erfahre, was „normalen“ Touristen verborgen bleibt. Auch diese stehen mir gerne und jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.
Spielt meine Handlung an fiktiven Orten (wie Lower Barton in „Die Tote von Higher Barton“), so entstehen diese in meiner Fantasie, meistens ist es ein Mix aus verschiedenen anderen Ortschaften). Orte wie z.B. Polperro, Looe oder Truro, die real sind, versuche ich, so detailgetreu wie möglich zu beschreiben, ebenso Landhäuser ö.ä., die real existieren.
Wollten Sie schon immer gerne auch Krimis schreiben oder wie kam es dazu, dass Sie nun nicht mehr ausschließlich historisches Romane schreiben?
In den meisten meiner historischen Romane kamen auch immer Krimielemente vor. Das heißt – es wird oft jemand getötet oder zumindest werden Mordanschläge verübt, und die Suche nach dem Täter verwebte sich mit der Handlung. Diese Art von Spannung mag ich auch gerne, wenn ich selbst lese. Gerne webe ich alte Familiengeheimnisse und auch etwas Vergangenheitsbewältigung in meine Romane.
Die Idee zu „Die Tote von Higher Barton“ kam mir, da ich die vom ZDF ausgestrahlten Rosamunde-Pilcher-Filme zwar gerne sehe, mit den jeweiligen Storys aber nichts anfangen kann. Leider gibt es keine anderen Verfilmungen mit dem Setting Cornwall im deutschen Fernsehen. Warum also nicht mal ein Krimi vor dieser Kulisse, dachte ich mir, und die Idee war geboren.
Nun ist es natürlich „nur“ ein Buch … aber wer weiß, was noch daraus wird …
Wie sieht denn so ein durchschnittlicher Schreibtag bei Ihnen aus? Wo schreiben sie am liebsten, läuft Musik im Hintergrund und wer steht Pate für ihre Charaktere?
In der Regel stehe ich zwischen acht und halb neun auf (ich bin eine Nachteule ..). Während ich frühstücke checke ich meine Mails usw., und kümmere mich um weitere Belange (wie z.B. meine Tätigkeit bei DeLiA oder das beantworten von Leserzuschriften und Interviewfragen …. So gegen zehn Uhr beginne ich dann mit dem Schreiben. Ich setzte mir täglich keine Zeit, sondern ein Soll von mindestens zehn Manuskript-Normseiten. Das kann drei, aber auch sechs Stunden in Anspruch nehmen, je nachdem wie leicht mir das Schreiben aus der Hand läuft, bzw. wie viel Recherche an den einzelnen Abschnitten notwendig ist.
Die meiste Zeit schreibe ich in meinem Arbeitszimmer, bei schönen und warmen Wetter auf der Terrasse. Im Hintergrund läuft das Radio, manchmal lege ich mir aber auch eine Cd ein, besonders, wenn ich in eine gewisse Stimmung versetzt werden möchte. Bei gefühlvollen Szenen ist das in der Regel Musik von Chris de Burgh oder Robbie Williams, bei Kampfszenen Queen oder die Stones. Auch höre ich gerne englische und schottische Folkmusik, besonders, wenn ich Landschaften u.ä. beschreibe.
Meine Charaktere entspringen vollständig meiner Fantasie. Ich habe noch nie reale Menschen irgendwie in meinen Geschichten „verarbeitet“.
Ich habe gelesen, dass sie Turniertänzerin sind. Mich interessiert jetzt natürlich welcher ihr Lieblingstanz ist und mit welchem Tanz sie überhaupt nichts anfangen können?
Tja, als aktive Tänzerin über zehn Tänze (Standard und Latein) muss ich natürlich alle Tänze bestreiten und sollte sie eigentlich auch gleich mögen … und mit gleicher Leistung aufs Parkett bringen.
Im Standardbereich tanze ich jedoch besonders gerne den Slowfoxtrott, in Latein die Rumba oder auch den Jive, je nach Stimmung. Weniger mag ich den Quickstep, von mir aus könnte dieser aus dem Turnierprogramm gestrichen werden, was aber nie geschehen wird. So muss ich da also durch. Das Dumme ist nur, dass mein Partner den Quick liebt.
Wie viel Raum nimmt der Tanzsport in Ihrem Leben ein? Bleibt da eigentlich neben dem Schreiben noch Zeit für andere Dinge?
Mit fortschreitendem Alter wird auch die Intensivität des Trainings weniger. Man braucht einfach mehr Ruhepausen und Phasen, in denen man einfach mal nur die Seele baumeln lässt. Früher habe ich durchaus bis zu 20 Stunden pro Woche trainiert, und fast jedes Wochenende ein Turnier bestritten. Heute steht das Schreiben im Vordergrund, ich versuche dennoch, ca. 3-5 Mal pro Woche zu trainieren. Vor wichtigen Turnieren kann es auch täglich sein.
Da ich früher keine Zeit für andere Dinge hatte, nehme ich mir diese heute – Freunde treffen, Essen und ins Kino gehen usw. Hinzu kommt noch meine ehrenamtliche Tätigkeit im örtlichen Tierheim, wo ich 1-2 mal wöchentlich arbeite, meine Arbeit für DeLiA, und dann habe ich noch ein paar Hobbys.
Sie sind Mitglied bei DeLiA, der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautoren. Wie gestaltet sich der Austausch mit den anderen Mitgliedern?
Sehr gut, DeLiA ist wie eine große Familie, obwohl die Vereinigung sich einem ständigen Mitgliederzuwachs erfreut. Dieser Austausch mit KollegInnen ist mir sehr wichtig, denn als Autorin arbeite ich ja immer allein im stillen Kämmerchen. Die Form des Miteinanders bei DeLiA ist eine sehr herzliche, wir teilen nicht nur berufliche, sondern auch hin und wieder private Belange miteinander. Wenn man sich freut, freuen sich die anderen mit, ebenso erhält man auch Zuspruch und viel Motivation, wenn es einmal nicht ganz so läuft, wie man es gerne hätte.
Haben Sie bei einem Ihrer Bücher das Gefühl, dass Sie da richtigen Mist zusammen geschrieben haben?
Das ist ja mal eine ganz interessante und außergewöhnliche Frage, wie sie mir noch nie gestellt wurde, die ich aber sehr gerne beantworte.
Nein, richtigen Mist eher nicht, allerdings würde ich meine ersten vier Romane heute doch anders aufbauen. Ausführlicher, was besonders die Charaktere angeht, und auch die Hintergründe sind doch recht oberflächlich gehalten. Die Grundideen gefallen mir jedoch immer noch gut, aber ich denke, jeder muss mal anfangen und sich auch weiterentwickeln. Damals wusste (oder konnte?) ich es eben nicht anders.
In meiner Schublade ruhen zwei Manuskripte, die nie den Weg zwischen Buchdeckeln finden werden. Bei dem einem weiß ich, dass es zwar kein Mist, aber in dieser Art einfach auf dem Markt nicht gefragt ist. Bei dem anderen liegen markttechnische Gründe vor, warum es bisher niemand wollte, dieses Manuskript würde ich aber sofort wieder so schreiben.
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Kritik ist für alle Künstler ganz, ganz wichtig – sofern sie konstruktiv ist. Es gibt zwei Arten von Kritik, mit der wie Autoren leben müssen: Einmal eben die genannte, die aufzeigt, wo die Schwächen liegen, was bei den Lesern nicht zu gut ankommt und aus der man lernen kann, es beim nächsten Buch vielleicht besser zu machen.
Was mich früher aber richtig geärgert hat, sind Kritiken, in denen es einfach nur heißt: „Das schlechteste Buch, das ich jemals gelesen habe“ oder „Von vorne bis hinten nur Mist“, ohne, dass dabei in irgendeiner Weise darauf eingegangen wird, was der Leser denn als schlecht befunden hat.
Heute weiß ich, dass leider viele Kritiken einfach nur aus Neid geschrieben werden. Leider gibt es viele Menschen, die selbst gerne schreiben und veröffentlich werden möchten, es aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht schaffen. Diese laden ihren Frust denn gerne bei Werken anderer aus, ich bin sogar überzeugt, dass ich einige diese Schreiber sogar persönlich kenne. Ich versuche, darüber zu stehen, und nehme mir lieber die Kritik, die gezielt auf einzelne Punkte meiner Romane eingeht, zu Herzen und überlege, was ich besser machen kann.
Was bringt Sie zum Lachen?
Die Frage neun hier. 🙂
Im Ernst – ich lache gerne und viel, denn ich bin ein optimistisch und lebensbejahend. Menschen bringen mich gerne zum Lachen, zum Beispiel in meinem Freundeskreis. Auch gute Filme mit der Art von Comedy, wie ich sie mag, oder die jeweiligen Komiker. Aber auch eine Amsel, die in dem Baum vor meinem Balkon sitzt, ihr Lied zwitschert und mich dabei aus ihren Knopfaugen ansieht, muss ich lächeln.
Was können die Leser demnächst von Ihnen erwarten? Können Sie schon etwas über neue Projekte verraten?
Ab dem 1. November wird mein neuer historischer Roman „Das Lied der Lüge“ unter den Pseudonym Ricarda Martin bei Weltbild erhältlich sein. Die Geschichte spielt ebenfalls in England, zu Teilen auch wieder in Cornwall. Es ist Zufall, dass ich auch hier die Gegend zwischen Polperro und Looe wählte, wobei die Handlung 100 Jahre vor dem Krimi angesiedelt ist.
Am nächsten Ricarda-Martin-Roman schreibe ich bereits. Auf den dürfen sich die Leser dann im Frühjahr 2013 freuen.
Wenn sich die Verkaufszahlen für „Die Tote von Higher Barton“ in den nächsten Wochen zufriedenstellend für den Verlag entwickeln, dann steht einem zweiten Band mit aufregenden Abenteuern für Mabel und Victor nichts mehr im Weg. Entsprechende Ideen liegen bereits vor.
Im Frühjahr 2012 wird mein erster Lokalkrimi erscheinen – Schauplatz ist hier die baden-württembergische Stadt Rottweil, in der ich geboren wurde und 19 Jahre lang lebte.
Das sind die aktuellen Projekte, es ist aber noch viel mehr in Planung.
Abschließend möchte ich Sie bitten diesen Satz zu vollenden. Schreiben ist…
… für mich zwar nicht alles, aber ein ganz wichtiger und großer Teil meines Lebens.
Um einen Satz des großartigen Vicco von Bülows abzuwandeln: „Ein Leben ohne Schreiben ist möglich, aber nicht sinnvoll.“
Liebe Rebecca, ich wünsche dir ganz viele interessierte Leser für deinen Roman „Die Tote von Higher Barton“ und einen baldigen „Nachfolger“. Vielen dank für deine ausführlichen Antworten!
Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Annika S.
Claudia H.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten
2 thoughts on “Interview mit Rebecca Michéle”
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Danke für das tolle Interview und danke, dass ich das Buch gewonnen haben *freu*
LG Claudia
Danke liebe Rici für das tolle Interview 🙂
Liebste Grüße
Bine