Es gibt so Mails, die drucke ich aus und bewahre sie für dunkle Stunden auf …
Wie und wo haben Sie für Ihr Buch “Finger, Hut und Teufelsbrut” recherchiert?
Ganz ehrlich, gar nicht. Oder genauer gesagt, ich saß viel und oft Kaffee trinkend in Schwäbisch Haller Cafés und habe einfach nur beobachtet, was in den hiesigen Gassen so passiert. Das könnte man Recherche nennen – oder aber auch einfach nur Traumjob. 😉
Meine Bücher spielen ja in einer realen Stadt, sind – von der reinen Faktenlage her – ganz nah dran an der Realität. Ich beschreibe folglich nur das alltägliche Leben, wie ich es sehe – und erfinde die Verbrechen einfach dazu! Dem echten indischen Kulturattaché darf ich übrigens versichern, dass er in Schwäbisch Hall absolut sicher wäre!
Waren Sie in der Bibliothek, bei der Kriminalpolizei oder gibt es Kommissar Seifferheld in real?
Nein, nur die Orte sind real, an der meine Geschichten spielen, die Figuren sind samt und sonders und sämtlich fiktiv und so schräg, dass es in der Realität gar keine Entsprechung geben kann. Halt, eine Ausnahme gibt es doch: Onis, der Hovawart! Den echten Onis kann man ja auf meiner Homepage bewundern.
Haben Sie auch nach dem 3. Band noch genügend Ideen für Verbrechen im Kopf, um Kommissar Seifferheld auch zukünftig ermitteln zu lassen?
Oh ja, und wie! Der vierte Band ist schon fertiggeschrieben und spielt rund um die Freilichtspiele Schwäbisch Hall. Es gibt darüber hinaus ja noch jede Menge Locations in dieser wunderbaren Stadt, an denen Seifferheld noch nicht ermittelt hat. Für Band 5 und 6 liegen sogar schon Entwürfe vor – sie sollen in der Bausparkasse Schwäbisch Hall und in der Kunsthalle Würth spielen. Jetzt muss nur noch der Verlag mitmachen und mir einen Vertrag dafür anbieten…  😉
Wie kamen Sie auf den Namen Ihres Serienhelden?
Den Namen Seifferheld gab es in früherer Zeit hier in Schwäbisch Hall tatsächlich. Noch heute gibt es einen Seifferheldweg. Die Familie ist allerdings ausgestorben. Deswegen konnte ich mich mal locker flockig an ihrem Namen bedienen.
Bei den meisten  Serien ist es so, dass das Geschlecht des Schriftstellers sich im Hauptprotagonisten wiederfindet. Sie – als Frau – haben sich einen Mann ausgesucht. Ist das nicht schwierig, dieses Umdenken von Frau zu Mann?
Na ja, ich lebe ja nicht auf einer Insel der Seligen – sprich: auf einem Eiland, auf dem nur Frauen zuhause sind. Bin umgeben von Männern, von denen ich mir das Mannsein einfach abgucke.
Im übrigen habe ich – Vorsicht: Desillusionierungsalarm! – mir den Helden nicht selbst ausgesucht. Ich bin Auftragsmörderin und töte auf Bestellung, will heißen: der Verlag hat sich eine Serie um einen älteren Mann mit einem ungewöhnlichen Hobby gewünscht und mir den Auftrag dazu erteilt. Die Knochen waren quasi vorgegeben, ich habe das Ganze dann nur noch mit Fleisch aufgefüllt.
Gibt es bei den Figuren Parallelen zu Ihnen bekannte Personen?
Ha, wenn ich jetzt “ja” sage, werde ich morgen verklagt! 😉
Alle Figuren sind fiktiv, also erfunden. Wäre aber – rein theoretisch, wohlgemerkt! – möglich, dass in einem der Seifferheld-Bände ein besonders unangenehmer Zeitgenosse die Züge meines ehemaligen Mathelehrers trägt… also, rein theoretisch…
Es gibt ja unzählige Krimis und es ist sicherlich nicht einfach, ein Thema zu finden, das nicht schon erschienen ist. Wie entstehen die Ideen zu Ihrem Buch?
Man kann das Rad nicht immer wieder neu erfinden, man kann ihm aber immer wieder von neuem ein zeitgenössisches Design verleihen. Anders ausgedrückt, ich denke nicht groß nach, was alles schonmal erzählt wurde. Ich erzähle einfach das, was ich sehe und erlebe und mir ausdenke … und ich erzähle es auf meine ureigenste Weise.
Frau Kruse, ist es nicht schwer, den dritten Teil eines Regionalkrimis zu schreiben, wenn man dort direkt wohnt und man so auch bestimmt auf der Straße von so einigen Lesern angesprochen wird?
Hihi, Sie haben mich offenbar noch nicht in natura gesehen. Also nicht auf der Bühne, da bin ich ja ganz umgänglich, sondern so als Mensch. Keiner traut sich, mich schräg von der Seite anzusprechen. Ist zumindest noch nie vorgekommen. Soll auch nur mal einer wagen… 😉
Aber ich weiß, was Sie meinen und ich gebe Ihnen recht: der Prophet im eigenen Lande gilt a) nichts und wird b) immer besonders kritisch unter die Lupe genommen. Da ist es hilfreich für mein Seelenheil, dass ich beruflich sehr, sehr viel unterwegs bin. Das Unterwegs ist mein Zuhause.
In Ihrem Roman “Kreuzstich, Bienenstich, Herzstich” erwähnen Sie am Ende die Ten Tenors. Wie sind Sie gerade auf die Gruppe gekommen?
Während der Arbeit an diesem Buch starb meine Mutter. Sie hat die Ten Tenors sehr gemocht. Da lag es auf der Hand, die Jungs ins Buch zu integrieren. Besonders gefreut hat mich, dass die Ten Tenors davon erfahren und mir aus Australien eine Mail geschickt haben, um mir mitzuteilen, wie nett sie das fanden!
Gibt es für Sie noch einen ganz besonderen Schauplatz, den Sie gern einmal in eine Krimihandlung einfließen lassen würden?
Oh ja! Seifferheld sollte, wenn es nach mir ginge, wie so viele ältere Herrschaften einmal eine Kreuzfahrt unternehmen und zwar eine ganz besondere Kreuzfahrt: eine Atlantiküberquerung an Bord der Queen Mary II. Ich fürchte nur, weder der Verlag noch die Cunard Linie werden für die Recherchespesen aufkommen wollen… ;-))
Hat das Schreiben etwas in Ihrem Leben verändert und welche Schattenseite sehen Sie in dem Beruf?
Das Schreiben hat in meinem Leben nichts verändert, es IST mein Leben. Es wird leider nur immens schlecht bezahlt…
Wollten Sie schon immer Schriftstellerin werden? Oder gab es noch andere Berufe, die Sie interessierten?
Als Kind wollte ich zur Bühne, weil die Schauspieler der Freilichtspiele Schwäbisch Hall im Gasthaus meiner Mutter verkehrten (es gibt ein Foto von mir als Vierjähriger auf dem Schoß von Inge Meisel). Und dann habe ich ja lange Jahre als Menschenhändlerin gearbeitet und schnuffige, junge IT-Spezialisten aus England nach Deutschland geschmuggelt. Aber das ist, glaube ich, noch nicht verjährt und kann daher erst posthum in meiner Autobiografie nachgelesen werden…
Haben Sie neben der Arbeit noch Zeit und Muße, Bücher zu lesen? Welches Genre lesen Sie am liebsten und haben Sie einen Lieblingsautor?
Krimi ist mein Beruf und meine Freizeit. Mit Abstand am liebsten lese ich Dorothy Sayers; sie ist unerreicht. Überhaupt lese ich massenweise Krimis. Wie schon Stephen King sagte: “Wer schreiben will, muss lesen.” Ich war sogar letztes Jahr in der Glauser-Jury in der Sparte “Roman“ (der Glauser ist einer der renommiertesten deutschsprachigen Krimipreise) und habe neben allem anderen (Liebe, Leben, Arbeit) in den 12 Monaten meiner Jurymitgliedschaft noch über 300 Kriminalromane gelesen. Und die Lust am Krimi dennoch nicht verloren!
Können Sie sich noch daran erinnern, wie es war, als Sie Ihr erstes Buch in den Händen gehalten haben bzw. als es die Zusage für das erste Buch gab? Was ging da in Ihnen vor, haben Sie dann etwas Besonderes gemacht oder sich gegönnt?
Damals war ich so fassungslos vor Glück, dass ich den ganzen Abend (ich erfuhr es an einem Freitag um 19 Uhr per Telefon von der Lektorin) erstarrt in meinem roten Lieblingssessel saß und es einfach nicht glauben konnte. Heute dagegen, man ist ja lernfähig, köpfe ich immer eine Flasche Champagner. Richtigen Champagner, keinen Ersatzperlwein! Und sitze dann – immer noch so fassungslos wie beim ersten Mal – im selben roten Lieblingssessel…
Ihre Buchtitel bestehen bisher immer aus drei Schlagwörtern. Welche drei Schlagwörter treffen auf Sie zu?
Griesgrämig, grottenfaul & Griespuddingsüchtig
Wie viel Zeit investieren Sie in Ihre Webseite und in den direkten Kontakt zu Ihren Lesern?
Wer meine Webseite kennt, weiß, die ist selbstgestrickt. Und auch meine offizielle Facebookseite verwalte ich ganz allein. Dafür nehme ich mir in der Tat jeden Tag etwas Zeit.
Macht aber auch Spaß – dadurch merke ich ja, dass ich nicht in den luftleeren Raum hineinschreibe, sondern dass ich Menschen mit meinen Büchern und Kurzkrimis eine Freude bereiten kann. Erst vorgestern kam eine Mail von einem zauberhaften Herrn, der leider schwer erkrankt ist. Im Krankenhaus hat ihn mein Pfarrer Hölderlein (der mit dem Flatulenzfluch) wieder zum Lachen gebracht. Es gibt so Mails, die drucke ich aus und bewahre sie für dunkle Stunden auf – seine war eine davon.
Welche Frage hätten Sie gern in diesem Interview beantwortet, wurde Ihnen aber nicht gestellt?
Stimmt es, dass sich George Clooney die Option auf die Verfilmung der Seifferheld-Bände gesichert hat und dass er selbst die Hauptrolle übernehmen will? Und ist es richtig, dass man Sie und George Clooney in der Bar eines Berliner Luxushotels sehr vertraut zusammen gesehen hat?
Ja, aber George und ich sind nur gute Freunde!
(…die Autorin errötet, ihre Managerin lässt das Interview abbrechen…)
Liebe Tatjana, ich bedanke mich ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses amüsante und informative Interview.
Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Suzana A.
Bettina K.
Tanja V.
Silvia K.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”
(Copyright: Autorenfoto Jürgen Weller / Coverfoto © Ricarda Ohligschläger)

1 thought on “Interview mit Tatjana Kruse

  1. Wer die Möglichkeit hat, sollte auf jeden Fall mal eine Lesung mit Tatjana Kruse besuchen, sollte allerdings die Taschentücher nicht vergessen, um sich die Lachtränen abzuwischen. Den Seifferheldweg habe ich neulich in Schwäbisch Hall gesehen, und ich war ehrlich gesagt kurz irritiert. Mal sehn, ob ich Tatjana Kruse irgendwann mal begegne, wenn ich wieder in Schwäbisch Hall bin.
    LG,
    Heidi, die Cappuccino-Mama

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