Erst einmal würde mich interessieren wie sie überhaupt zum Schreiben gekommen sind. Gab es ein bestimmtes Ereignis?
Im Alter von dreizehn Jahren habe ich während eines Spanien-Urlaubs einfach nur aus Spaß mein erstes Fantasy-Märchen in ein Schreibheft gekritzelt, das hatte den Titel „Sarah im Land von Paxika“. Aber eigentlich wollte ich zu der Zeit noch Musik studieren. Mit 17 fing in dann an, neben der Schule Konzertkritiken für eine Tageszeitung zu schreiben, so bin ich dann mehr und mehr auf den Geschmack gekommen und habe mich von der Musik wegorientiert. Die Idee zu meinem ersten Roman „Männer bevorzugt“ hatte ich während meines Studiums. Und da ich die Zeit dazu hatte, habe ich mich gleich daran gemacht und glücklicherweise für das Manuskript auch einen Verlag gefunden. Neben meiner Ausbildung zur Journalistin und späteren Tätigkeit als Redakteurin habe ich immer weiter Romane geschrieben und seit knapp zehn Jahren bin ich nun freiberufliche Autorin – und das mit großem Spaß an der Sache! 
Sie schreiben ja auch Bücher gemeinsam mit ihrer Schwester. Sicherlich ist es doch ein großer Unterschied, nur eigene Ideen in einem Buch umzusetzen oder gemeinsam Geschichten zu erarbeiten. Fällt Ihnen das nicht schwer?
Klar, bei der gemeinsamen Arbeit ist man ein Team und kann nicht einfach alles allein entscheiden. Da knallt’s schon mal zwischen Frauke und mir, aber bisher haben wir uns am Ende immer geeinigt. Wenn ich mit meiner Schwester zusammen arbeite, hat es den enormen Vorteil, dass wir miteinander brainstormen können und uns gegenseitig die Bälle zuspielen, das empfinde ich als sehr bereichernd. Als Autor ist man ja oft sehr allein mit sich und seiner Geschichte, und deshalb freue ich mich, dass es mit uns beiden so gut klappt, als Anne Hertz haben wir unheimlich viel Spaß miteinander. Tja, und bei den eigenen Geschichten gibt’s dann halt niemanden, der einem reinredet. Manchmal ein Vorteil, manchmal ein Nachteil.
Wie schafft es ein Schwesterpaar, so viele Romane zu schreiben und dabei immer noch beste Freundinnen zu sein? Oder seid ihr vielmehr Freundinnen als Schwestern und liegt darin das Geheimnis eures Erfolges?
Na ja, ich will es mal so formulieren: Dadurch, dass wir Schwestern sind, werden wir sowieso ein Leben lang miteinander verbunden bleiben. Und wenn wir uns mal streiten, vertragen wir uns ziemlich schnell wieder, denn im Gegensatz zu einer Freundin bleibt eine Schwester immer eine Schwester. Niemand kennt mich so gut wie Frauke und umgekehrt, wir sind miteinander aufgewachsen und wissen einfach immer, was die andere gerade denkt oder fühlt. Vielleicht klappt es deshalb so gut, jede von uns könnte die Sätze der anderen beenden. Und es ist einfach schön, wenn die eigene Schwester gleichzeitig die beste Freundin ist!
Die Bücher, die ich von Ihnen kenne, sind ja allesamt eher heiterer Natur. „Allerliebste Schwester“ geht ja nun in eine etwas andere Richtung. Wollen Sie damit ein neues Kapitel in Ihrer Autorinnenlaufbahn beginnen?
Wer von Euch alle meine Romane kennt, wird sehen, dass es von „Männer bevorzugt“ über „Liebe, Lügen, Leitartikel“ bis hin zu „Was? Wäre? Wenn?“ schon eine Entwicklung gab. Gerade der letztgenannte war zwar auch eine Komödie, doch schon mit sehr ernsten Untertönen, da ging es im Wesentlichen um die inneren Prozesse meiner Hauptfigur. Eine Freundin hatte mich damals, nachdem sie den Roman gelesen hatte, angerufen und geschluchzt, weil sie meinte, dass das ein sehr schöner, aber auch sehr trauriger und nachdenklicher Roman sei. Mit „Allerliebste Schwester“ gehe ich jetzt natürlich noch einen Schritt weiter uns wechsle als Wiebke Lorenz komplett das Genre. Und, ja, das wollte ich, denn ich finde, dass man als Autor ruhig zeigen darf, dass man Freude an verschiedenen Facetten hat. Diesen eingeschlagenen Weg werde ich als Wiebke Lorenz sicher weiter verfolgen, denn die Arbeit an „Allerliebste Schwester“ hat mich extrem gefordert. Mit einem neuen Buch habe ich schon angefangen.
Wiebke, was meinen Sie, woran liegt das, dass die Bücher die ihre Schwester und Sie auf „eigenen Faust“ schreiben, so komplett in unterschiedliche Richtungen gehen. „Dackelblick“ und „Allerliebste Schwester“ sind ja eigentlich die kompletten Gegensätze.
Weil wir – trotz unserer Schwesternschaft – sehr unterschiedliche Menschen sind. Wir interessieren uns für komplett andere Dinge und haben jeweils unsere ganz eigene Weltsicht. In der Zusammenarbeit als „Anne Hertz“ ist das sehr nützlich, denn hier kann eine von uns von der anderen profitieren, so dass wir unser Spektrum als Autorinnen erweitern. Und bei den Einzelprojekten zeigt es sich jetzt eben. So teilen wir auch die Szenen in den Anne-Hertz-Romanen auf, da schreibe ich oft die eher nachdenklicheren, ruhigeren oder auch romantischen Passagen, und wenn man einfach nur noch brüllen will vor Lachen, war’s meistens Frauke.
War es für Sie nicht wahnsinnig aufwühlend, über den Tod einer Zwillingsschwester zu schreiben, wo sie sich mit ihrer eigenen Schwester doch offenbar so gut verstehen? Das stelle ich mir irgendwie hart vor.
Auch, wenn es eine rein fiktionale Geschichte ist, kamen beim Schreiben hin und wieder eigenartige Emotionen hoch, mit denen ich teilweise auch zu kämpfen hatte. Ich möchte mir das im Leben nicht vorstellen, dass ich Frauke irgendwann verliere. Ja, die Arbeit an dem Buch war hart – aber ich hoffe, sie hat sich gelohnt! 
Der Roman scheint so anders als das, was ihr als Schwesternpaar schreibt. Liegt Ihnen das Genre, welches Sie mit „Allerliebste Schwester“ bedienst am Herzen?
Absolut, sonst hätte ich es ja nicht geschrieben! Mir liegt genau so viel an Anne Hertz wie an meiner Arbeit als Wiebke Lorenz, aber mit „Allerliebste Schwester“ habe ich mich einer Herausforderung gestellt, die mich schon immer gereizt hat. Es ist nicht nur eine völlig andere Geschichte, sondern auch ein komplett anderer Ton – und ich wollte herausfinden, ob ich das kann.
Wie sind Sie du auf die Idee zu „Allerliebste Schwester“ gekommen, es unterscheidet sich ja doch deutlich von ihren sonstigen Büchern. Hat die Schilderung des Schwester-Schwester Verhältnisses autobiographische Bezüge?
Alle meine Bücher haben autobiografische Züge, aber ich verfremde sie so, dass sie zu meinen Figuren passen. Ich will ja nicht meine eigene Geschichte erzählen – die wäre auch in Maßen langweilig und würde kaum einen ganzen Roman füllen – sondern eine neue Welt erfinden. Was das Schwesternthema betrifft: Klar habe ich da auch aus eigenen Erfahrungen geschöpft! Wer kennt das nicht, wenn man Geschwister hat, dass man sie manchmal liebt und manchmal gleichzeitig auch hasst?
 Wie ergeht es Ihnen in der Zeit, in der Sie getrennt voneinander schreiben? Wie sehen Sie die Zeit der „Trennung“? Was macht mehr Spaß am Alleineschreiben und was sind die positiven Seiten am gemeinsamen Schreiben zusammen mit ihrer Schwester? Was macht mehr Spaß: Zusammen arbeiten oder alleine?
Das kann ich nicht sagen, beides macht gleichermaßen Spaß, beides hat seine Vor- und Nachteile. Wenn wir an einem neuen „Anne Hertz“ sitzen, glucken wir natürlich mehr oder weniger rund um die Uhr zusammen. Dann ist es ganz erholsam, nach Monaten der Zusammenarbeit mal für sich allein zu sein. Und nach einem eigenen Romanprojekt freuen wir uns dann immer wieder darauf, die Köpfe erneut zusammen zu stecken. Eigentlich eine perfekte Mischung! Immer, bevor einem die eine Arbeitsweise auf die Nerven gehen kann, kommt die andere.
 Haben die Bücher, die sie schreiben etwas mit ihrem eigenen Leben gemeinsam?
Alles, was ich schreibe, hat etwas mit mir zu tun – aber ich schreibe nicht über mich. Ob Musiker, Schriftsteller oder Maler – man kann ja Person und Werk nicht eins zu eins in einen Topf werfen. Jedem Künstler dient das eigene Leben als Inspiration, das ist ja eben die Kunst, daraus etwas zu erschaffen, das auch andere Menschen berührt.
Lesen Sie selbst und welches Genre ist ihr Lieblingsgenre?
Natürlich lese ich jede Menge, das wäre bei einem Autor ja sonst auch etwas seltsam. Generell geht das bei mir quer durch den Gemüsegarten, von heiteren Komödien über Thriller bis hin zu junger deutscher Literatur ist da eigentlich alles dabei. Sehr gern habe ich „Die Wahrheit über Frankie“ von Tina Uebel gelesen, Conni Lubeks „Anleitung zum Entlieben“ und ihr „Entlieben für Fortgeschrittene“ finde ich absolut großartig und bei Kazuo Ishiguros „Alles, was wir geben mussten“, hatte ich eine regelrechte Gänsehaut. Aber ich lese viel zu viel, um hier auch nur ansatzweise aufzählen zu können, was mir alles gefällt. Halt, natürlich noch „Dackelblick“ von meiner Schwester Frauke, dabei habe ich Tränen gelacht! 
Welches Buch war Ihr Lieblingsbuch in der Kindheit?
Na ja, natürlich habe ich die Geschichten von Astrid Lindgren geliebt, das merkt man ja schon an meinem Roman „Allerliebste Schwester“, der Titel ist eine Hommage an eine ihrer Erzählungen. Dann habe ich gern Fantasy wie „Märchenmond“ von Wolfgang und Heike Hohlbein gelesen und außerdem die Romane von John Christopher wie „Die Wächter“ und „Leere Welt“ verschlungen. Und – das muss ich gestehen – als junges Mädchen habe ich Denise- und Denise-Mystery-Liebesromane geliebt und schäme mich auch nicht, zuzugeben, dass ich sowohl Harry Potter als auch die Biss-Romane regelrecht gefressen habe. Gefressen im positiven Sinn! Aber, okay, bei Potter und Biss war ich natürlich kein Kind mehr.
Vielen Dank Wiebke für diesen sehr interessanten Einblick in Ihren Schreiballtag!
Das signierte Buch geht an Tatjana K. -Herzlichen Glückwunsch
© Ricarda Ohligschläger
Foto © Iris Terzka

2 thoughts on “Interview mit Wiebke Lorenz

    1. Danke Karin, wundervoll aber auch durch die neugierigen Blogleser/innen, die mir immer wieder tolle Fragen zu senden. Dafür danke ich an dieser Stelle einmal!!

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