Herzogtum Oberlothringen, 1187. Nach dem Tod seines Vaters übernimmt der junge Salzhändler Michel de Fleury das Geschäft der Familie. Doch seine Heimatstadt Varennes leidet unter einem korrupten Bischof und einem grausamen Ritter, der die Handelswege kontrolliert – es regieren Armut und Willkür. Als Michel beschließt, Varennes nach dem Vorbild Mailands in die Freiheit zu führen, steht ihm ein schwerer Kampf bevor. Seine Feinde lassen nichts unversucht, ihn zu vernichten. Nicht einmal vor Mord schrecken sie zurück. Und schließlich gerät sogar seine Liebe zur schönen Isabelle in Gefahr …(Kurzbeschreibung laut amazon)
Ich habe in der letzten Zeit historische Romane etwas vernachlässigt und hatte mir diesen Roman aufgespart für eine Woche mit viel Lesezeit. Und was soll ich sagen? Es hat sich gelohnt von Anfang bis Ende.
Ich bin absoluter Fan von historischen Romanen in die man tief abtauchen kann und das geschah hier rasant. Die über 1100 Seiten sind zwar im ersten Moment etwas abschreckend, doch sie sind prall gefüllt mit spannenden Ereignissen, Wendungen, Intrigen und allem was man sich in einem historischen Roman nur wünschen kann.
Daniel Wolf hat es geschafft mich mit der Geschichte um den Aufstieg eines Kaufmannssohns Michel de Fleury mitzureißen und zu begeistern.
Und selbst die politischen Ereignisse haben mich in diesem Buch nicht etwa aus dem Lesefluss gebracht, sondern sie haben die Handlung perfekt abgerundet. Wolf hat nämlich nicht seitenlang politische Ränkespiele und Ereignisse miteinfließen lassen, sondern diese kurz und präzise auf den Punkt gebracht.
Ich möchte anmerken, dass ich absolut kein Fan bin von historischen Romanen in denen es sich in erster Linie um Politik und geschichtlichen Hintergrund handelt. Mich interessiert viel mehr die Lebensweise der Menschen zur damaligen Zeit. Und wenn ich in einem Buch welches über 1100 Seiten umfasst ständig über königliche Machenschaften etc. lesen müsste, dann würde ich schnell den Spaß daran verlieren. Wolf zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass man fiktive Personen und historische Fakten auch spannend miteinander verknüpfen kann.
„DAS SALZ DER ERDE“ hat damit bei mir voll ins Schwarze getroffen, weil es eben die Menschen und ihr Leben in den Vordergrund stellt. De Fleury hat einen Traum, den er verfolgt und darum geht es vordergründig. Das Buch beschreibt über 30 Jahre im Leben von Michel de Fleury und die Entwicklung der fiktiven Stadt Varennes. Seine Weggefährten sind facettenreiche Charaktere, die man entweder sofort ins Herz schließt oder zutiefst verabscheut. Im Figurenregister erscheinen auf den ersten Blick eine Vielzahl von Personen, aber ich kann jedem die Angst nehmen, dass es trotzdem übersichtlich bleibt. Ich musste nicht ein einziges Mal überlegen, wer zu wem in welchem Verhältnis stand o.ä.
Zur Handlung habe ich jetzt absichtlich nichts weiter geschrieben. Das haben andere Rezensenten schon zur Genüge getan und wie ich oben bereits erwähnt hatte, ist dieser Roman so prall gefüllt mit Ereignissen, dass ich ehrlich gesagt gar nicht wüsste welche Ereignisse ich den als besonders erwähnenswert hervorheben sollte.
Fazit: Ein historischer Roman der seinesgleichen sucht!
© Ricarda Ohligschläger
Schlagwort: 5 Punkte
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Daniel Wolf – Das Salz der Erde
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Gabriella Engelmann – Sommerwind
„Geliebter Zugvogel, ich schreibe dir, wie ich es immer mache, sobald du die Insel verlassen hast“ – so beginnt einer jener geheimnisvollen Liebesbriefe, unterzeichnet nur mit dem Initial A., die die Hamburgerin Felicitas auf dem Dachboden findet. Alle Briefe wurden auf Föhr geschrieben, wohin Felicitas nur wenig später aus beruflichen Gründen reisen muss. Die Sehnsucht, die in jeder Zeile der Briefe steckt, berührt sie tief, obwohl sie nach einer großen Enttäuschung in Sachen Liebe ein gebranntes Kind ist. Als sie auf der wunderschönen Nordseeinsel die Brüder Niklas und Frederick kennenlernt, bekommt die Frage, ob sie selbst je wieder lieben kann, eine neue Dringlichkeit. (Kurzbeschreibung laut amazon)
Felicitas führt ein eher unkonventionelles Leben. Mit ihrem schwulen Freund lebt sie in einer Wohngemeinschaft, ist beruflich als Regieassistentin viel unterwegs und von einer festen Beziehung ist sie nach einer großen Enttäuschung weit entfernt.
Als es sie beruflich nach Föhr verschlägt, hat sie etwas ganz besonderes im Gepäck: Briefe, die sie in Hamburg auf dem Dachboden gefunden hat. Und diese Briefe sprechen von großer Sehnsucht und berühren Felicitas zutiefst. Daher möchte sie auch unbedingt herausfinden wer dahinter steckt.
Auf Föhr angekommen lenkt sie allerdings erst einmal der Job von ihren Nachforschungen ab. Doch nicht nur ihr nerviger Chef und der „SOMMERWIND“ wirbeln Felicitas Herz mächtig durcheinander.
Zugegeben der Klappentext könnte(!) bei dem ein oder anderen interessierten Leser andere Erwartungen wecken, daher möchte ich gerne erwähne, dass es eben nicht vorrangig um die Briefe geht, sondern eher um das „Sich-Selbst-Finden“ und die Frage, ob man nach einer großen Enttäuschung noch vertrauen kann. So interpretiere ich jedenfalls die Geschichte, die Gabriella Engelmann mit so viel Liebe zur Insel Föhr gefüllt hat, dass man das Gefühl hat beim Lesen in warmen Nordseesand zu versinken.
Ich wäre normalerweise zum Zeitpunkt der Lektüre ebenfalls an der Nordsee gewesen, was ich aber aus persönlichen Gründen nicht umsetzen konnte. Daher war „Sommerwind“ in vielerlei Hinsicht die perfekte Trost-Lektüre für mich.
Gabriella Engelmann hat das Flair der Nordsee und ganz besonders der Insel Föhr auf so vielfältige Weise in ihrem Roman eingefangen, dass ich nichts vermisst habe.
Ihr Roman ist wunderbar angereichert mit abwechslungsreichen Charakteren, die fest im Leben stehen und mir während der Lektüre schnell ans Herz gewachsen sind. Sie spiegeln im wahrsten Sinne des Wortes wider was die Nordsee bedeutet: Leichtigkeit (Leevke), stürmische Böen (Frederick) und ganz viel Sonne im Herzen (Felicitas).
Eine sehr zu empfehlende (Urlaubs)Lektüre. Nicht nur für diejenigen, die ihr Herz bereits an die Nordsee verloren haben!
© Ricarda Ohligschläger -
Mia March – Sommerblau
Drei Frauen, drei Schicksale. Ein Sommer, der alles verändert. Blaues Meer, der Himmel in azur und der beste Blaubeerkuchen von Maine: Der Sommer in Boothbay Harbor könnte nicht schöner sein. Doch Veronica, die in einem kleinen Diner arbeitet, kann keinen Sommer mehr genießen, seit sie vor vielen Jahren ihre neugeborene Tochter zur Adoption freigeben musste. Erst die Begegnung mit zwei Besucherinnen des kleinen Küstenstädtchens hilft ihr, wieder nach vorn zu blicken: Gemma, ungewollt schwanger, und Bea, auf der Suche nach ihrer Mutter. Im Laufe des Sommers werden die drei Frauen zu Freundinnen. Und entdecken, dass das große Glück manchmal nur einen kleinen Augenblick entfernt liegt. (Kurzbeschreibung laut amazon)
Sommerblau von Mia March © Rowohlt Eigentlich ist Gemma nach Boothbay Harbor gekommen, um sich darüber im Klaren zu werden, ob sie das Kind das sie unter dem Herzen trägt auch behalten will. Doch die Küstenstadt hält eine Geschichte für sie bereit, die sofort Interesse bei der Reporterin weckt. In dem verschlafenen Nest trifft sie auf Bea, deren leibliche Mutter vor 22 Jahren im Heim der guten Hoffnung lebte und ihre Tochter danach zur Adoption freigegeben hat. Gemma schreibt einen Artikel über das Heim, interviewt hochschwangere Teenies und möchte auch Beas Geschichte miteinfließen lassen. Doch die muss erst einmal den Mut finden ihre leibliche Mutter Veronica auch anzusprechen, denn mittlerweile weiß sie wo sie arbeitet und wie sie aussieht.
Dadurch, dass die Figuren abwechselnd in einzelnen Kapiteln agieren lässt Mia March einen kleinen hochemotionalen Mikrokosmos entstehen, der spannender nicht sein könnte. Die Frage wie es mit Gemma, Bea und Veronica weitergeht fesselt mit jedem weiteren Kapitel an den Roman. Ich bin total begeistert von der Fähigkeit der Autorin ihren Charakteren Leben einzuhauchen, in dem sie ihnen mit Hilfe einer lebhaften Sprache verschiedene Facetten mit auf den Weg gibt. Große Gefühle kommen dabei nicht zu kurz. Trotzdem behandelt March auch Gewissenskonflikte, Fehlentscheidungen und Zukunftsängste so gekonnt, dass es an Abwechslung nicht hapert und die Geschichte letzten Endes ein versöhnliches Ende nimmt.
„Sommerblau“ ist eine herzerwärmende, hochemotionale Geschichte, die ein sehr sensibles Thema auf hohem Niveau behandelt.
© Ricarda Ohligschläger -
Diane Chamberlain – Das Mädchen, das keiner wollte
1960 in North Carolina
Jane Forrester ist 22 als sie gegen den Willen ihres Mannes eine Stelle als Fürsorgerin antritt. Robert, ihr Ehemann und Kinderarzt, hält nicht viel davon, dass seine Frau arbeitet statt das Haus einzurichten und ihn pünktlich zum Feierabend mit dem Abendessen zu empfangen. Vor seinen Freunden aus dem Country Club möchte er sogar verheimlichen, dass Jane ihr eigenes Geld verdient und gibt ihren Job als Wohltätigkeitsarbeit aus!
Doch Jane hat ihren eigenen Kopf und setzt ihre Wünsche unbeirrt durch – auch wenn sie dabei Gefahr läuft, dass ihre junge Ehe Schaden nehmen könnte.
„Glaubst du, wir schaffen das?“, fragte ich leise. … „Nicht, wenn du darauf bestehst, die Bedürfnisse fremder Leute über die Bedürfnisse deines Ehemannes zu stellen“, sagte er. (Seite 380)
Und noch etwas könnte Jane schaden: ihr weiches Herz! Denn bei der Arbeit mit ihren Klienten sollte sie sich eigentlich nicht von ihren Gefühlen leiten lassen. Aber wie handeln, wenn man innerlich spürt, dass es Dinge gibt, die man so wie sie sind nicht einfach hinnehmen sollte, weil sie ungerecht und menschenunwürdig sind. Wer hat das Recht über das Leben bzw. die Zukunft eines anderen Menschen zu entscheiden?
„Wir brauchen Sie hier, und ich hoffe wirklich, Sie legen sich bald eine rauere Schale zu, aber wenn diese Stelle Ihnen zu viel abverlangt, um ihre Arbeit vernünftig zu erledigen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, noch einmal darüber nachzudenken.“ (Seite 129)
Die 15jährige Ivy Hart arbeitet auf den Tabakfeldern in Crace County, einer armseligen Gegend. Ihr einziger Lichtblick ist der Sohn des Plantagenbesitzers, Henry Allen. Auch wenn sie ahnt, dass es für sie beide keine gemeinsame Zukunft geben wird.
„Ich hatte gedacht, Henry Allen und ich hätten die Chance auf ein gutes Leben, aber tief in mir hatte ich immer gewusst, dass seine Eltern das niemals zulassen würden. Kein Gardiner würde jemals eine Hart heiraten.“ (Seite 155)[amazon box=“3499232545″/]
Ivy ahnt nichts von der Operation, die heimlich an ihrer Schwester vorgenommen wurde und auch nicht, dass die Fürsorge für sie ebenfalls solch einen Eingriff plant. Sie träumt stattdessen von Kalifornien und einer besseren Zukunft als Ehefrau von Henry Allen. Als Ivy begreift, was wirklich vor sich geht und sich die Ereignisse dramatisch zuspitzen, ist es fast schon zu spät ihre Träume wahr werden zu lassen. Nur eine kann ihr jetzt noch helfen – aber kann sie Jane nach allem was passiert ist wirklich trauen?
Ich habe schon lange nicht mehr so mitgelitten bei einem Buch, aber das Thema von staatlich angeordneten Sterilisationen ließ mich einfach nicht kalt. Obwohl ich anfänglich überhaupt noch nicht wusste worauf das Buch hinausläuft und der Klappentext lediglich „unmenschliche Maßnahmen“ anreißt, hatte ich schon nach wenigen Seiten das Gefühl dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen zu können.
Die beiden Hauptfiguren Jane und Ivy schildern kapitelweise in abwechselnder Reihenfolge die Ereignisse und schnell begreift man, dass beider Leben nicht unterschiedlicher sein können. Jane lebt in einem schönen großen Haus, in absoluter finanzieller Sicherheit und müsste nun wirklich nicht arbeiten gehen, um sich das ein oder andere Extra zu leisten.
Ivys Familie hingegen ist auf die Extras des Plantagenbesitzers Davison Gardiner angewiesen und dankbar für jeden Penny, den sie in den Tabakfeldern verdienen können. Während mich bei anderen Büchern solche Szenenwechsel oftmals irritieren oder sogar die Spannung zerstören, wird diese in „DAS MÄDCHEN, DAS KEINER WOLLTE“ durch die Perspektivsprünge noch mehr aufgebauscht und die Emotionen nehmen unbeschreibliche Dimensionen an.
Diane Chamberlain beweist hierbei ein großartiges Talent Atmosphäre, Spannung und Unterhaltung in ein mitreißendes Buch zu verpacken. Immer wieder überrascht sie mit Wendungen, die man ganz leise erahnt und zwischen den Zeilen schon vorher herauslesen kann, doch die Wahrheit schlägt trotzdem mit voller Wucht zu. Mich hat es innerlich manchmal fast zerrissen vor Wut, dann wieder war ich voller Mitleid und Hoffnung – und am Ende den Tränen nahe.
Die 464 Seiten habe ich innerhalb eines Tages verschlungen und empfehle das Buch allen, die sich nach einer berührenden Geschichte mit viel Tragik, Hoffnung und Emotionen sehnen – einer Geschichte, die man so schnell nicht vergessen wird!
© Ricarda Ohligschläger -
Anja Goerz – Der Osten ist ein Gefühl
Auch heute noch ist die Mauer in den Köpfen der Menschen nicht verschwunden. Das erfährt Anja Goerz in ihrer täglichen Rundfunkarbeit. Deshalb wollte sie es genauer wissen: Warum fühlen sich im Osten sozialisierte Menschen oft so ungerecht behandelt? Stimmen die Behauptungen über das Verdrängen der Ossis von den Spitzen der Universitäten, Gerichte und Kliniken? Waren die Ossifrauen wirklich so viel emanzipierter? Haben die Wessis einfach alles plattgemacht und nach ihren Regeln umgebaut? Anja Goerz stellt ganz unterschiedliche Menschen aus der ehemaligen DDR vor. In die Porträts ist viel Biografisches eingeflossen, erzählt wird aber auch von Motivationen und Haltungen, Verletzungen und Chancen. Und es gibt auch den umgekehrten Blick von West nach Ost. So unterschiedlich die Erinnerungen sind, so haben sie doch die DDR-Herkunft als starkes Identitätsmerkmal gemein. »Ossi-Sein«, so zeigt sich, ist keine Generationen-Frage und keine Frage des Berufes, sehr wohl aber eine des Gefühls. (Kurzbeschreibung laut amazon)
„DER OSTEN IST EIN GEFÜHL“ – das klingt erst einmal etwas seltsam und trotzdem hat Anja Goerz Recht, denn es gibt Dinge, die versteht man nur unter „Ossis“. Eigentlich mag ich dieses Wort überhaupt nicht, da es heute noch Deutsche in zwei Klassen teilt. Leider! Und ich musste auch mit Erschrecken feststellen, dass Vorurteile immer noch viel zu sehr in den Köpfen verankert sind.
In ihrem Buch finde ich für mich persönlich so viele Zitate, dass ich es zu einer Art „Seelenbuch“ für mich gemacht habe. Ein Buch, welches einem aus dem Herzen und aus der Seele spricht – eines bei dem man ständig denkt: „Ja, genau so ist / war es!“Die Mauer fiel als ich 14 war und ich habe mich als Kind durchaus wohl „im Osten“ gefühlt. Natürlich kann ich nicht nachvollziehen, wie es war als Erwachsener durch die politische Situation drangsaliert zu werden. Aber auch wir Schüler hatten unsere sozialistische Pflicht zu leisten, wenn es beispielsweise am 1.Mai antreten zum Marschieren hieß. Für uns war das Normalität. Und ich lasse mich ungern dafür als Mensch zweiter Klasse hinstellen, nur weil ich versucht habe in diesem System meinen Platz zu finden.
Genau so kann ich den Satz: „Ihr hattet ja nichts!“ nicht mehr hören.
Eines der Zitate hat mich in diesem Zusammenhang sehr berührt:
„Der Osten gilt vielen als uninteressant und erledigt. Und immer noch fühle ich mich dann verpflichtet, für mein untergegangenes Land zu werben.“ (Seite 22)
Anja Goerz Interviewpartner zeugen von der Motivation aus dem Stempel „Ossi“ das Beste zu machen und ich bin mir sicher, dass sie alle dazu beitragen die Mauer in den Köpfen weiter abzutragen.
Wenn dieses Buch Pflichtlektüre im Geschichtsunterricht werden würde, dann könnte man in den nachfolgenden Generationen meiner Meinung nach Vorurteile direkt im Keim ersticken!
© Ricarda Ohligschläger