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Rezensionen/ Rezensionen Historische Romane

Nicole Steyer – Die Hexe von Nassau

Das Herzogtum Nassau im Jahr 1676: Hier lebt die junge Katharina mit ihrer Mutter in der Nähe der Stadt Idstein. Als Graf Johannes seine grausamen Hexen­verfolgungen beginnt, geraten die beiden Frauen in Gefahr. Katharinas Mutter wird hingerichtet. Und auch das Mädchen bleibt von Verdächtigungen nicht verschont, denn sie ist in das Visier des skrupellosen Henkers Leonhard Busch geraten. Dieser schreckt vor nichts zurück, um Katharina in seine Gewalt zu bringen. (Kurzbeschreibung laut amazon)
Das Thema Hexenverfolgung übt auf mich immer wieder eine besondere Faszination aus. Einerseits ist es der Aberglaube, der damit verbunden ist und andererseits auch die Grausamkeiten mit denen die jeweiligen  Opfer konfrontiert wurden. Das Makabre dabei ist, dass egal was die Verdächtigten taten, sie waren letzten Endes doch dem Tode geweiht!
Wo herrschte dabei die Gerechtigkeit?
In „Die Hexe von Nassau“ ist dieses Thema allgegenwärtig und zieht sich spannungsvoll vom Anfang bis zum Ende.
Ein Schadenszauber ist in Idstein zugange. Davon ist Pfarrer Wicht überzeugt und tritt in diesem Falle in ein sprichwörtliches Wespennest, denn diese Behauptung macht sich der Vertraute des Grafen Philipp Elbert zunutze.  Schon seit langer Zeit möchte er sich bei ihm in den Vordergrund drängen. Seiner Meinung müsste er als Vertrauter des Grafen schon lange in dessen Schloss wohnen, statt in einer ärmlichen Hütte.
Die Annahme des Pfarrers wird gefestigt durch Meister Leonhard, den Henker. Seine Tinkturen sind wirkungslos geworden und auf einigen Höfen sind Pferde auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Dem Grafen wir d schnell klar, dass er um eine Hexenverfolgung nicht herum kommt. Doch legt er eine Altersbegrenzung bei der Einholung fest, die noch eine wichtige Rolle spielen soll: Keine Frau unter 40 soll angeklagt werden!
Ein dummer Jungenstreich sorgt nur wenige Tage später dafür, dass Eva Heinemann  vom Landeshauptmann Sebastian Post abgeholt wird. Völlig am Boden zerstört hinterlässt sie ihre Tochter Katharina, die durch eine unüberlegte Handlung  ebenfalls in Verdacht gerät mit dem Teufel im Bunde zu sein: Auf dem Hofgut Gassenbach, wo Katharina die Pferde betreut, soll eine Ausräucherung stattfinden, um dem Teufel Einhalt zu gebieten – doch das Mädchen läuft in Panik davon.
Auch die Mutter ihrer Freundin Maria wird als Hexe angeklagt, was wiederum einer jungen Frau fast das Leben kostet. Vor wenigen Tagen erst hat diese einen Jungen zur Welt gebracht, hohes Fieber plagt sie seitdem. Ihr Mann Markus – verunsichert durch die Hexenverfolgung – holt Hebamme Maria erst im letzten Augenblick zu Hilfe. Ihr könnte ja nun wirklich der Teufel anhaften, wo doch bereits ihre Mutter eingeholt wurde.
Sehr anschaulich beschreibt die Autorin hierbei die Vorgehensweise der medizinischen Versorgung. Der Kampf die junge Frau am Leben zu erhalten hätte nicht besser beschrieben werden können und ist eine der mitreißendsten Szenen im ganzen Buch. Doch bildgewaltig geht es weiter!
Zitat Seite 176:
„Bei der Anwendung der Beinschuhe war die alte Frau sehr gesprächig geworden, und als ihr Knochen brach, hatte die Hexe wie eine Nachtigall gesungen.“
Allein an diesen Zeilen ist auszumachen, dass das Buch nichts für schwache Gemüter  ist! Man muss als Leser schon einige Nerven lassen. Nicht zuletzt deswegen, weil der Henker Leonhard als besonders grausam gilt. Ja, er genießt es regelrecht seinen Opfern leid anzutun. Das fällt auch dem Landeshauptmann auf. Viele fürchten sich vor dem Mann mit den eisblauen Augen.  So auch Katharina.
Diese gerät nun immer stärker ins Visier des Henkers. Und  ihre gerade beginnende Liebe zu Andreas ist in Gefahr. Die Tochter einer verurteilten Hexe und ein Priester – die Verbindung kann keine Zukunft haben!
Die Machtgier des Henkers wird Katharina zum Verhängnis. Meister Leonhard hintergeht den Grafen mit einer List und lässt das Mädchen verhaften. Für ihn steht fest, dass die Tochter einer Hexe ebenso voller Sünde ist…
Über 600 Seiten umfasst der historische Roman der 1676 im Herzogtum Nassau spielt. Wer jedoch vor langweiligen und zähen Handlungssträngen zurückschreckt, den kann ich beruhigen, denn „Die Hexe von Nassau“ ist ein wahres Spannungsfeuerwerk! Atempausen sind hier rar gesät und wer denkt, dass das Ende schon abzusehen ist, wird mit einem ergreifenden Herzschlagfinale vom Gegenteil überzeugt.
Die Figuren sind lebendig und anschaulich beschrieben, allen voran Katharina. Geradezu perfekt gelungen ist jedoch die beängstigende Figur des Henkers, der mir mit seiner Vorliebe Menschen zu quälen einige Gänsehaut bereitet hat.  Ich hätte nie gedacht, dass mir ein historischer Roman so brillant das Grauen lehren kann.
Außerdem überzeugt der Roman durch seine einprägsamen Bilder, die sämtliche Handlungsschauplätze nach realer erscheinen lassen. Wer mit Katharina in der Zelle landet, sollte sich auf alle Fälle eine warme Decke einpacken!
Nicole Steyer erzählt in „Die Hexe von Nassau“ von viel Leid, Grausamkeit, Machtgier, Aberglaube und Elend. Aber auch von Freundschaft, Liebe und tiefer Verbundenheit. Hierbei verknüpft sie Fiktion und Fakten zu einer sehr lesenswerten Lektüre, in deren Zeilen ich tief versunken bin.
© Ricarda Ohligschläger

Rezensionen/ Rezensionen Belletristik

Renate Ahrens – Ferne Tochter

Renate Ahrens hat bereits im letzten Jahr mit ihrem Roman “Fremde Schwestern” bei mir vielerlei Emotionen geweckt. Dass sie das noch ein Stück weit mehr kann, hat sie nun mit “Ferne Tochter” bewiesen.
Es ist die Geschichte zweier Mutter-Tochter-Beziehungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber doch sehr eng miteinander verknüpft sind.
Auf der einen Seite steht Judith, die ihre Mutter nach 20 Jahren wiedersieht. Rita liegt nach einem schweren Schlaganfall im Pflegeheim, kann weder reden und ist auf der rechten Seite zusätzlich gelähmt. Das Verhältnis zu ihrer Tochter Judith ist zerrüttet. Warum das so ist kann ich an dieser Stelle nicht näher beschreiben, denn es würde zu viel von der Handlung wegnehmen. Auf das zweite Mutter-Tochter-Verhältnis möchte ich nicht näher eingehen, weil es ebenso zu viel verraten würde.
Ein bisschen erahnt man bereits, wenn man sich den Klappentext einmal genauer durchliest.
Daher werde ich eher auf Renate Ahrens Schreibstil eingehen. Dieser ist so faszinierend klar und flüssig zu lesen, dass es schwer fällt das Buch auch nur eine Sekunde aus der Hand zu legen. In kleinen Rückblenden erzählt sie über Judiths Vergangenheit und offenbart damit eine Familientragödie, die sich bis heute in Judiths Leben eingenistet hat, denn sie ist verdammt dazu ein Geheimnis zu hüten, welches ihre Ehe zerstören könnte. Aus Scham und Angst schweigt sie und wird doch von tiefer Sehnsucht heimgesucht.
Als ihre Mutter ins Pflegeheim kommt muss sie sich ihrer Vergangenheit stellen. Dazu muss sie Italien verlassen, die Heimat in der sie als junge Frau Halt und die Liebe ihres Lebens fand.
Dass die Autorin ein Jahr in Italien gelebt hat spürt man sehr. Italienisches Flair sprudelt regelrecht aus ihren Zeilen heraus und man hat das Gefühl beim Lesen von Oliven, Mozzarella und gutem italienischen Wein umgeben zu sein. Viele Plätze und Straßen fließen ebenso in die Handlung ein, was das Gesamtbild von Judith abrundet, denn ich finde es immer sehr wichtig, dass nicht nur der Charakter der Hauptfigur sondern auch ihr Umfeld alles in allem stimmig ist.
Emotional hat mich der Roman sehr mitgerissen. Man spürt vielerlei ungesagte Worte, Enttäuschung aber auch Schuld.
Renate Ahrens schreibt über Geheimnisse, Vertrauensbrüche, Hilflosigkeit und Familienbindungen so ergreifend und fesselnd, dass man den Protagonisten eine Schulter zum Anlehnen bieten möchte.
Auf den ersten Blick erscheint “Ferne Tochter” wie eine tragische Familiengeschichte. Sie zeigt aber gleichermaßen auf, dass man Dinge nach Jahren noch ändern kann. Diese Botschaft vermittelt die Autorin mit einer Intensität und einer Kraft in ihren Worten, dass mich “Ferne Tochter” noch lange beschäftigen wird.
© Ricarda Ohligschläger

Rezensionen/ Rezensionen Humorvolle Frauenromane

Anna Koschka – Naschmarkt

Ich bin Dotto Wilcek.
Also nicht wirklich.
Aber in großen Teilen.
Daher kann ich der Meinung von Kerstin Gier auf der Rückseite nur zustimmen: “Schon lange wollte ich nicht mehr so unbedingt in eine Geschichte hineinklettern wie in diese.”
Warum ich das sage liegt auf der Hand, denn Dotti die eigentlich Dorothy heißt liest. Sehr viel sogar. Und sie rezensiert Bücher, trifft Autoren und fährt zur Buchmesse. Außerdem trägt sie lieber Chucks statt Highheels (in meinem Falle sind es Crocs), Hosen statt Röcke und sie hat eine Katze!
Im Gegensatz zu mir ist Dotti jedoch Single, aber all die anderen Gemeinsamkeiten reichen schon aus, um den sehnsüchten Wunsch in mir zu wecken mich mit großem Vergnügen in das Buch zu stürzen, einzukuscheln und bequem zwischen die Zeilen zu betten! Für sehr lange Zeit.
Und bevor ich mich jetzt total in Schwärmereien für das Buch verliere, erzähle ich erst einmal davon warum es geht.
Dotti muss eine Internetdatingagentur testen (wieder fast etwas gemeinsam, denn ich habe meinen Mann vor zehn Jahren auf eben einer solchen Plattform kennen gelernt!) und das kurz nachdem sie der Männerwelt endgültig abgeschworen hat. Als festangestellte Literaturredakteurin bespricht sie normalerweise Neuerscheinungen literarischer Natur für die drittgrößte Tageszeitung Österreichs. Doch die Ressortleiterin könnte ihren Stuhl quasi absägen, wenn sie sich weigert.
Die Plattform “Literally in Love” verspricht niveauvolle Internetkontakte und ein Happy End innerhalb von zwei Monaten. Aber Dotti will gar kein Happy End, sondern sagt frei heraus: “Ich date nicht, ich lese lieber!”
Dass sie mit dieser Einstellung nicht alleine dasteht und hunderten von Singles aus dem Herzen spricht, ahnt sie jedoch noch nicht, als sie den ersten Artikel für die neue Kolumne tippt.
Ich schrieb ja bereits weiter oben, dass ich mich in dem Buch so oft wiedererkannt habe und ich bin mir sicher, dass es ganz vielen Lesern ebenso gehen wird. Nicht nur wegen der gemeinsamen Liebe zu den Papierseiten, sondern auch weil Anna Koschka ihre Figur Dotti so liebevoll ausgearbeitet hat und vor allen Dingen modern! Sie geht sozusagen mit der Zeit. Sie bloggt, twittert, schreibt auf facebook, hat ein iPhone und macht außerdem keinen Hehl daraus, dass sie ab und an von TV – Ärzten schwärmt. Dotti ist die tollste Hauptfigur, die mir seit langem begegnet ist. Ich wünschte, ich könnte sie live kennenlernen und auf meinem Sofa ein bis sieben Nächte mit ihr quatschen. So sympathisch ist sie mir.
Am Ende jeden Kapitels findet sich übrigens der jeweilige Blogeintrag den Dotti ihrer Leserschaft hinterlässt. Und dabei geht sie keineswegs immer zimperlich um. Sämtliche Datingmethoden werden beleuchtet, kritisch unter die Lupe genommen und regen zum Nachdenken an.
Außerdem hat Anna Koschka (alias Autorin Claudia Toman) einen randvollen Wortschatz, der in diesem Buch mit pfiffigen Wortspielen und Sätzen daherkommt. Ich konnte mich gar nicht satt genug lesen!
Naschmarkt” bekommt einen Sonderplatz in meinem Buchregal. Nämlich den auf die Chance zum Buch des Jahres 2012. Es ist ein Buch zum Wohlfühlen, Träumen und Wiederfinden.
Und ich habe mich nicht nur zwischen den Zeilen wiedergefunden, sondern an einer besonderen Stelle in diesem Buch. Dafür, und für wundervolle Lesemomente danke ich der Autorin und ihrer Dotti.
Ich freue mich jetzt schon auf mehr von Anna, Dotti, Neko und dem “Mauerblümchenclub”.
P.S. Ich hätte es fast vergessen zu erwähnen, aber beachtet bitte die tollen Zeilen mit einem besonderen Augenmerk. Zeilen wie “Liebe ist kein Glas mit entsteinten Süßkirschen, sondern ein hoher, schwer erreichbarer Baum, den man erklimmen muss, um Früchte zu pflücken.” sorgen für eine Extraportion Seufzer in diesem Buch.
© Ricarda Ohligschläger

Rezensionen/ Rezensionen Liebesromane & ChickLit

Anne Hertz – Trostpflaster

Julia will endlich ihren langjährigen Freund Paul heiraten und plant die Supermegatraumhochzeit. Nur blöd, dass sie plötzlich ihren Job wegen Rationalisierung in einer großen Versicherung verliert. Dabei muss sie doch Kohle sparen für Schloss, Traumkleid und überhaupt.
Da kommt ihr das ungewöhnliche Jobangebot Mitarbeiterin in einer Trennungsagentur zu werden gerade recht. Ihr Chef ist zwar Simon Hecker – seines Zeichens – Blödmann ersten Grades, aber man muss auch Opfer bringen.
Spritzig, humorvoll und real beschreibt Anne Hertz die Geschichte von Julia die plötzlich beginnt für ihre Träume zu kämpfen. Die kurzen Kapitel sorgen für ein rasantes Lesevergnügen, so ist es nicht verwunderlich, dass ich „Trostpflaster“ innerhalb zweier Tage verschlungen habe.
Anne Hertz´ Stil hat mich wieder einmal überzeugt. Eine romantische Story die bis zum Ende mit Überraschungen aufwartet!!
Übrigens hinter dem Pseudonym Anne Hertz stehen die Schwestern Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann. Sie wohnen und arbeiten zusammen in Hamburg.
© Ricarda Ohligschläger

Rezensionen/ Rezensionen Liebesromane & ChickLit

Anne Hertz – Glückskekse

Auf den Punkt genau an ihrem 35. Geburtstag wird Jana von ihrem Freund abserviert. Einfach so. Gerade hat sie sich noch mit ihm in den Federn gewälzt und nun? Schluss, Aus, Ende!! Jana versteht die Welt nicht mehr. Gott sei dank gibt es Prosecco und aus einer alkoholumflatterten Laune heraus schickt Jana eine SMS an eine unbekannte Nummer: „Was kann ich tun, um glücklich zu werden? SIE“
Kurz darauf erhält Jana Antwort. Nicht nur auf die SMS sondern auch auf die Frage was Glück wirklich ausmacht, und wie es sich letztendlich anfühlt.
Glückskekse” habe ich in einem Rutsch durchgelesen, da ich unbedingt wissen wollte ob Jana ihr Glück findet. Und weil es mich irgendwo berührt hat. Wer hat sich nicht schon mal die Frage gestellt ob er wirklich glücklich ist oder was Glück überhaupt bedeutet? Irgendwie regt dieses Buch neben der zauberhaften Story eben auch zum Nachdenken an. Den Wechsel der Sichtweisen – „ER“ und „SIE“ – und wie sie als Hauptfiguren ihr Glück definieren fand ich sehr gelungen. Und die kursiv eingebauten Texte in denen „ER“ versucht endlich seinen Traum vom Schriftstellerdasein zu leben rundeten die kurzweilige Story wunderbar ab.
Das Cover im typischen Anne Hertz – Stil ist perfekt gelungen und beim Lesebeginn fand ich direkt auf der ersten Seite eine amüsante Anne Hertz – Wortkreation: frisch geburtstagt.
Einfach HERTZlich! Wer die anderen Romane gelesen hat wird merken, dass es noch mehr dieser Wortspiele gibt.
P.S. Noch eins Anne Hertz´ Zeilen machen immer verdammt viel Lust auf Hamburg.
Im März 2010 erscheint der neue Roman des Autorinnenduos Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann, die unter dem Pseudonym Anne Hertz bekannt sind, mit dem Titel “Goldstück”.
© Ricarda Ohligschläger