Das Herzogtum Nassau im Jahr 1676: Hier lebt die junge Katharina mit ihrer Mutter in der Nähe der Stadt Idstein. Als Graf Johannes seine grausamen Hexen­verfolgungen beginnt, geraten die beiden Frauen in Gefahr. Katharinas Mutter wird hingerichtet. Und auch das Mädchen bleibt von Verdächtigungen nicht verschont, denn sie ist in das Visier des skrupellosen Henkers Leonhard Busch geraten. Dieser schreckt vor nichts zurück, um Katharina in seine Gewalt zu bringen. (Kurzbeschreibung laut amazon)
Das Thema Hexenverfolgung übt auf mich immer wieder eine besondere Faszination aus. Einerseits ist es der Aberglaube, der damit verbunden ist und andererseits auch die Grausamkeiten mit denen die jeweiligen  Opfer konfrontiert wurden. Das Makabre dabei ist, dass egal was die Verdächtigten taten, sie waren letzten Endes doch dem Tode geweiht!
Wo herrschte dabei die Gerechtigkeit?
In „Die Hexe von Nassau“ ist dieses Thema allgegenwärtig und zieht sich spannungsvoll vom Anfang bis zum Ende.
Ein Schadenszauber ist in Idstein zugange. Davon ist Pfarrer Wicht überzeugt und tritt in diesem Falle in ein sprichwörtliches Wespennest, denn diese Behauptung macht sich der Vertraute des Grafen Philipp Elbert zunutze.  Schon seit langer Zeit möchte er sich bei ihm in den Vordergrund drängen. Seiner Meinung müsste er als Vertrauter des Grafen schon lange in dessen Schloss wohnen, statt in einer ärmlichen Hütte.
Die Annahme des Pfarrers wird gefestigt durch Meister Leonhard, den Henker. Seine Tinkturen sind wirkungslos geworden und auf einigen Höfen sind Pferde auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Dem Grafen wir d schnell klar, dass er um eine Hexenverfolgung nicht herum kommt. Doch legt er eine Altersbegrenzung bei der Einholung fest, die noch eine wichtige Rolle spielen soll: Keine Frau unter 40 soll angeklagt werden!
Ein dummer Jungenstreich sorgt nur wenige Tage später dafür, dass Eva Heinemann  vom Landeshauptmann Sebastian Post abgeholt wird. Völlig am Boden zerstört hinterlässt sie ihre Tochter Katharina, die durch eine unüberlegte Handlung  ebenfalls in Verdacht gerät mit dem Teufel im Bunde zu sein: Auf dem Hofgut Gassenbach, wo Katharina die Pferde betreut, soll eine Ausräucherung stattfinden, um dem Teufel Einhalt zu gebieten – doch das Mädchen läuft in Panik davon.
Auch die Mutter ihrer Freundin Maria wird als Hexe angeklagt, was wiederum einer jungen Frau fast das Leben kostet. Vor wenigen Tagen erst hat diese einen Jungen zur Welt gebracht, hohes Fieber plagt sie seitdem. Ihr Mann Markus – verunsichert durch die Hexenverfolgung – holt Hebamme Maria erst im letzten Augenblick zu Hilfe. Ihr könnte ja nun wirklich der Teufel anhaften, wo doch bereits ihre Mutter eingeholt wurde.
Sehr anschaulich beschreibt die Autorin hierbei die Vorgehensweise der medizinischen Versorgung. Der Kampf die junge Frau am Leben zu erhalten hätte nicht besser beschrieben werden können und ist eine der mitreißendsten Szenen im ganzen Buch. Doch bildgewaltig geht es weiter!
Zitat Seite 176:
„Bei der Anwendung der Beinschuhe war die alte Frau sehr gesprächig geworden, und als ihr Knochen brach, hatte die Hexe wie eine Nachtigall gesungen.“
Allein an diesen Zeilen ist auszumachen, dass das Buch nichts für schwache Gemüter  ist! Man muss als Leser schon einige Nerven lassen. Nicht zuletzt deswegen, weil der Henker Leonhard als besonders grausam gilt. Ja, er genießt es regelrecht seinen Opfern leid anzutun. Das fällt auch dem Landeshauptmann auf. Viele fürchten sich vor dem Mann mit den eisblauen Augen.  So auch Katharina.
Diese gerät nun immer stärker ins Visier des Henkers. Und  ihre gerade beginnende Liebe zu Andreas ist in Gefahr. Die Tochter einer verurteilten Hexe und ein Priester – die Verbindung kann keine Zukunft haben!
Die Machtgier des Henkers wird Katharina zum Verhängnis. Meister Leonhard hintergeht den Grafen mit einer List und lässt das Mädchen verhaften. Für ihn steht fest, dass die Tochter einer Hexe ebenso voller Sünde ist…
Über 600 Seiten umfasst der historische Roman der 1676 im Herzogtum Nassau spielt. Wer jedoch vor langweiligen und zähen Handlungssträngen zurückschreckt, den kann ich beruhigen, denn „Die Hexe von Nassau“ ist ein wahres Spannungsfeuerwerk! Atempausen sind hier rar gesät und wer denkt, dass das Ende schon abzusehen ist, wird mit einem ergreifenden Herzschlagfinale vom Gegenteil überzeugt.
Die Figuren sind lebendig und anschaulich beschrieben, allen voran Katharina. Geradezu perfekt gelungen ist jedoch die beängstigende Figur des Henkers, der mir mit seiner Vorliebe Menschen zu quälen einige Gänsehaut bereitet hat.  Ich hätte nie gedacht, dass mir ein historischer Roman so brillant das Grauen lehren kann.
Außerdem überzeugt der Roman durch seine einprägsamen Bilder, die sämtliche Handlungsschauplätze nach realer erscheinen lassen. Wer mit Katharina in der Zelle landet, sollte sich auf alle Fälle eine warme Decke einpacken!
Nicole Steyer erzählt in „Die Hexe von Nassau“ von viel Leid, Grausamkeit, Machtgier, Aberglaube und Elend. Aber auch von Freundschaft, Liebe und tiefer Verbundenheit. Hierbei verknüpft sie Fiktion und Fakten zu einer sehr lesenswerten Lektüre, in deren Zeilen ich tief versunken bin.
© Ricarda Ohligschläger

4 thoughts on “Nicole Steyer – Die Hexe von Nassau

  1. Betr..“Die Hexe von Nassau“-als Frauenrechtlerin bin auch mit dem Verfolgung
    der Frauen allgemein sehr gut informiert.Das Buch ist nett zu lesen,habe aber
    teilweise das Gefüll gehabt,als wenn es eine junge Madchen geschrieben
    hätte.Zimlich lästig diese Naturbeschreibungen,die „zitternde Hände“,verklämmte Äusserungen.Ganz schlimm die Seiten mit der „Babuschka“.Psychologisch teilweise sehr dünn.
    Liebe Grüsse
    maria.

    1. Der allgemeine O-Ton ist aber positiv und ich war ebenso schwer beeindruckt. Ob es „psychologisch sehr dünn“ zu bewerten ist, kann und will ich nicht einschätzen. Ich fühlte mich ausgesprochen gut unterhalten und empfehle es daher sehr gerne weiter.
      Beste Grüße

  2. Pingback: News – Video :) | www.herzgedanke.de - Das Literaturnotiz - Blog

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