Hotelmanagerin Laura fährt mit Freunden nach Sizilien. Sie will dort ihren Geburtstag feiern und hofft, dass auch ihr Freund Martin im Urlaub endlich mehr Zeit für sie haben wird. Doch es kommt ganz anders: Nach einem heftigen Streit verlässt Laura wutentbrannt das Hotel – und begegnet Don Massimo Torricelli. Der attraktive, junge Don ist das Oberhaupt einer der mächtigsten Mafia-Familien Siziliens und gewohnt zu bekommen, was er will. Und Massimo will Laura. Er entführt sie in seine luxuriöse Villa und macht ihr ein Angebot: 365 Tage soll sie bei ihm bleiben, wenn sie sich bis dahin nicht in ihn verliebt hat, wird er sie gehen lassen. Massimo ist siegessicher, doch er hat nicht mit der selbstbewussten Laura gerechnet …
Blanka Lipińska – 365 Tage
Diesen Roman kann man von zwei Seiten betrachten und damit die dementsprechende Wertung von eins bis fünf verbinden, aber jedem Falle sollte man ihn nicht lesen, wenn man eine direkte erotische Sprache nicht mag, in der Dinge beim Namen genannt werden, die Frau nicht immer mit Samthandschuhen angefasst wird und beide Partner von einer stets spontanen Lust befallen werden. Ein bisschen unrealistisch sollte man schon sein, um „365 Tage“ in vollen Zügen genießen zu können.
Und damit sind wir auch beim Thema: der Realität!
Bereits auf den ersten drei Seiten wird klar, dass Massimo ein Mann ist, dem keine Frau widerstehen kann. Auge in Auge mit seiner hocherotischen Ausstrahlung geht jede Frau wortwörtlich in die Knie und ist ihm und seiner im Übermaß ausgeprägten Männlichkeit zu Diensten. Wortlos, willenlos und atemlos!
Jedoch hat das dauerpotente Oberhaupt einer der mächtigsten Mafia-Familien Siziliens einen wunden Punkt: den Tod seines Vaters! Die Kugel, die ihn tötete durchtrat dessen Herz und verletzte Massimo zusätzlich so schwer, dass er ins Koma fiel. Als sein Herz aufhörte zu schlagen, sah er eine Frau vor sich und war seit seiner Genesung auf der Suche nach der Schönheit, die mittlerweile auf unzähligen Gemälden seine prachtvolle Villa verschönerte: Laura!
Diese befindet sich mit Freunden glücklicherweise in Catania und wird dort zufällig von den Leibwächtern Massimos entdeckt. Ebenso zufälligerweise gehört ihm nämlich das Hotel in dem die Freunde gemeinsam einchecken, der Club in dem sie feiern gehen und natürlich auch das Restaurant in dem sie speisen.
Nach einem heftigen Streit mit ihrem arbeitswütigen Freund Martin, der so plump vom Zaun gebrochen wird, dass ich nachblättern musste, um mich zu vergewissern nichts verpasst zu haben, rennt sie ziellos durch die Straßen und wird – ihr ahnt es – irgendwann von Massimos Leibgarde aufgegriffen und entführt.
Jedoch hat Laura nur eine einzige Frage im Kopf als sie am Morgen in einem völlig fremden Zimmer erwacht: „Wie sollte ich mich zurechtmachen ohne meine Kosmetiktasche?“ Zu ihrer Entschuldigung muss man hier natürlich einräumen, dass ihr bis dato noch nicht wirklich bewusst ist, dass es sich um eine Entführung handelt!
Im Laufe der Handlung kann sich Laura dem animalischen Blick ihres Entführers immer weniger entziehen und es ist natürlich gar keine Frage, dass sie auf sein Angebot bei ihm zu bleiben mehr oder weniger freiwillig eingeht.
Schließlich wird sie doch stets und ständig mit Moët Rosé versorgt. Und wenn sie nicht gehorcht, setzt sich Massimo über sie, schlägt ein Bein über ihre Hüfte oder kniet sich auf ihre Oberarme. Das Muster ist immer das gleiche. Hauptsache die begehrte Frau ist wehrlos, willenlos und zügellos.
Viel mehr Handlung darf man offensichtlich nicht erwarten. Außer natürlich endloser Szenen immer wieder auflodernder Begierde. Und wenn die Hauptfigur nicht schnell genug bei ihrem gierigen Entführer sein kann, wird die übergroße Lust spontan auf einer zufällig dastehenden Ottomane gestillt. Schließlich hat die Frau von heute ja technische Hilfsmittel, die glücklicherweise volle Batterien in sich tragen.
Es gibt viele Kritikpunkte in Blanka Lipińska – 365 Tage, aber ich weiß ehrlich nicht wirklich wie man ihn neutral betrachtet bewerten sollte. Mein Fazit ist, dass es viele Wiederholungen gibt, völlig an den Haaren herbeigezogene unrealistische Szenen, die ins Lächerliche abdriften und auf der anderen Seite hocherotische Sequenzen, die mich an den Roman gefesselt haben. Und daher bitte ich jeden, der auf die bereits erwähnte klare, direkte Art steht diesen Roman zu lesen – ohne sich zu hinterfragen ob das alles nicht zu weit hergeholt ist. Denn dann macht „365 Tage“ richtig Spaß und das sollte dieser Roman in erster Linie.
©Ricarda Ohligschläger