Kategorie: Interviews mit Autoren

  • Interview mit Carina Bartsch

    Carina Bartsch_(C) PrivatWas ist es für ein Gefühl, wenn man mit dem Ausdruck „E-Book-Phänomen“ beworben wird, wird einem suggeriert, dass man mit einem E-Book-Bestseller genauso „wertig“ wie ein „Papier-Autor“ ist oder gab es da gewisse Abwertungen? Ebenso wie als Selbstverlegerin?
    Ehrlich gesagt habe ich vor und während der Selbstverlagsgründung damit gerechnet, dass mir sehr viel Abwertung nach der Veröffentlichung entgegengebracht wird. Ich kannte die Meinungen von Verlagsautoren und Verlagen, und die fallen über Selfpublisher wahrlich nicht immer positiv aus. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne die Leser gemacht – hier durfte ich eine Offenheit erfahren, die mich nicht nur überrascht, sondern als Autor auch wahnsinnig glücklich gemacht hat. Den meisten Lesern ist es vollkommen egal, welches Label auf den Buchdeckeln steht. Alles, was zählt, sind die Seiten dazwischen. Wenn die überzeugen, spielt der Rest keine Rolle. Und letzten Endes sind Leser auch genau diejenigen, auf die es mir ankommt. Inzwischen interessiert es mich nicht mehr, welche Meinung eine Horde von elitär denkenden Autoren oder Verlegern über mich besitzt.
    Als „eBook-Phänomen“ beworben zu werden, ist natürlich ein tolles Gefühl. Diesen Ausdruck habe ich schlussendlich auch meinen Lesern zu verdanken, denn die haben meine Bücher zu diesen Phänomen gemacht. Für mich klingt das alles manchmal noch sehr befremdlich. Das letzte Jahr war wie ein abgefahrener Kinofilm, bei dem ich noch nicht ganz realisieren konnte, dass meine Bücher die Hauptrolle darin spielen.
    Kam Ihnen die Idee zu „Kirschroter Sommer“ im Sommer oder zu einer anderen Jahreszeit?
    Die Idee zu „Kirschroter Sommer“ ist bereits 2008 entstanden, und es müsste tatsächlich Frühling oder Sommeranfang gewesen sein, als ich mit dem Schreiben dazu begann.
    Frau Bartsch, was war es für ein Gefühl als sich ein Verlag bei ihnen gemeldet hat um ihre Bücher zu verlegen, nachdem sie als eBook so erfolgreich waren?
    Das war natürlich schon eine sehr verdrehte Welt. Ich hatte mit Verlagen und Agenturen bis dahin nur über Standardabsagen kommuniziert. Verlage waren für mich nichts anderes als riesengroße Mauern, hinter die man nicht blicken kann. Damals bin ich vor diesen Mauern gekrochen – und Jahre später öffnen sich in dieser meterdicken Steinwand auf einmal riesengroße Tore, aus denen Leute herauskommen und fragen „Frau Bartsch, wir würden gerne ihr Manuskript drucken. Dürfen wir?“
    Das schockt. Trotzdem war das Gefühl ein anderes, als es noch vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Die Zeiten hatten sich geändert. Ich habe es selbst zu Erfolg gebracht, ohne die Hilfe eines Verlags. Ich war kein NoName mehr, und hatte nicht nur Leser, sondern auch Fans.
    Cover_Bartsch_SommerKonnten Sie bei den Covern zu Ihren Bücher mitreden oder wurden diese vom Verlag vorgegeben? Wenn Zweites der Fall ist, was hätten Sie anders gemacht?
    Die Cover wurden von mir selbst gestaltet und entworfen. Dem Rowohlt Verlag haben sie gefallen, und daher wurden sie auch prompt übernommen.
    Im Nachhinein ist man ja immer schlauer! – Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie alles noch einmal genau so machen  – sowohl die Schule, als auch die Lehre abbrechen?
    Einerseits ja, einerseits nein. Ich habe es sehr lange bereut, dass ich Schule und Lehre abgebrochen habe. Mit einer Ausbildung oder einem Schulabschluss kann man niemals etwas verkehrt machen. Entweder braucht man es, oder man braucht es nicht – aber es ist nie ein Fehler. Dieses Defizit hat mir mein Leben oft sehr schwer gemacht. Es wird einem nicht gerade mit Anerkennung gegenübergetreten, wenn man nichts dergleichen vorzuweisen hat.
    Anderseits haben mich aber genau diese Erfahrungen zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Abweisungen und Ablehnung sind oftmals hart, aber sie formen den Charakter. Ich habe sehr viel daraus gelernt, mir eine gewisse Stärke angeeignet, bin stolz darauf, dass ich niemals etwas geschenkt bekommen habe, und weiß mit voller Überzeugung, dass es falsch ist, Menschen aus oberflächlichen Gründen herabzustufen.
    Hatten Abbruch von Lehre und Studium bereits mit dem Gedanken an das Schreiben zu tun?  Und fließen diese Erfahrungen in ihre Bücher mit ein?
    Jain. Zu dieser Zeit habe ich das Schreiben noch nicht gefunden, aber im Herzen war ich wohl schon immer Künstler. Das Problem war, dass ich sehr lange gebraucht habe, mich in der Welt zurechtzufinden. Ich verstehe die Welt und die Menschen oftmals nicht, verstehe nicht, warum Dinge sind wie sind, und niemand etwas ändert. Mein Kopf war immer woanders, aber nie dort, wo er gerade hätte sein sollen. Ich musste erst lernen, dass ich die Welt nicht ändern kann, sondern nur mich selbst.
    Ich kann nicht sagen, dass ich bewusst meine eigenen Erfahrungen in Geschichten mit einfließen lasse, aber irgendwie spürt man bei jedem Buch, zumindest bei denen, die aus Leidenschaft geschrieben wurden, immer auch den Menschen dahinter.
    Wie hat Ihre Familie auf Ihren „Bestimmungsfindungsweg“, also abgebrochene Schulen und Lehren, reagiert und was halten sie von Ihrem Beruf als Autorin?
    Tja, wie finden Eltern und Familie das wohl, wenn die Tochter/Enkelin alles, was sich in der Gesellschaft bewährt und etabliert hat, hinwirft und sich stattdessen mit brotloser Kunst beschäftigt? Das ist nicht gerade das, was man sich für den Nachwuchs vorstellt. Außerdem hat es auch niemand verstanden. Ich bin, wenn ich nicht gerade auf der Leitung stehe, nicht auf den Kopf gefallen, und hätte locker die Realschule beenden oder aufs Gymnasium wechseln und studieren können. Aber das war einfach nie meine Welt. Was auf dem Lehrplan stand, hat mich nicht interessiert. Und was fürs Leben wirklich wichtig ist, das Geistige, das lernt man nicht in der Schule.
    Inzwischen sind meine Eltern und meine Familie sehr stolz. Mein Opa fängt jedes Mal an zu weinen, wenn er meine Bücher sieht oder ich darüber rede. Es wird mir wirklich sehr gegönnt, dass ich endlich das tun kann, was ich liebe, und auch noch Erfolg damit habe.
    Cover_Bartsch_WinterSchreiben Sie bereits am nächsten Roman? Wenn ja, was können Sie darüber schon verraten?
    Gerade im Moment befinde ich mich im Urlaub und habe endlich den Kopf freibekommen, mich wieder dem Schreiben zu widmen. Es gibt sehr viele Ideen und oftmals fällt es mir schwer, mich zu entscheiden, welche ich davon als Nächstes umsetze. Inzwischen ist diese Entscheidung gefallen. Verraten kann ich schon mal, dass sowohl Liebe als auch Drama wieder eine Rolle spielen werden.
    Ist eventuell sogar eine Fortsetzung der beiden Romane geplant?
    Die Nachfrage nach einem dritten Band ist sehr groß. Es gibt noch Ideen, allerdings bin ich kein Fan vom „Ausschlachten“. Entweder ich habe dem Leser wirklich noch etwas zu bieten, oder ich höre auf, wenn es am Schönsten ist. Ob die Ideen für Ersteres ausreichen, habe ich für mich noch nicht beantworten können. Ich widme mich jetzt erst mal einer anderen Geschichte, und werde mir genau durch den Kopf gehen lassen, ob Emely und Elyas sich in einem dritten Band wiedersehen werden.
    Wo nehmen Sie die Energie und das Durchhaltevermögen zum Schreiben von Romanen her?
    Um ehrlich zu sein, schaffe ich nicht jede Geschichte zu beenden, manchmal werden die Zweifel an der jeweiligen Story einfach zu groß und mein Kopf macht dicht. Und bei jenen, die ich zu Ende brachte, ist die Antwort immer dieselbe: Beißen, beißen, beißen. Die ersten paar Kapitel, wenn ich gerade im Schreibewahn und im Fieber einer neuen Idee stecke, gehen meist wie von selbst, aber ab dem fünften oder sechsten Kapitel steigt der Grad der Herausforderung deutlich an. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich den PC oder Laptop schon in seine Einzelteile zerlegen wollte. Ich muss sowohl mit dem Kopf als auch mit dem Herzen dabei sein – monotones Runterrattern geht bei mir nicht. Tja, und irgendeiner ist immer bockig, entweder der Kopf oder das Herz. Mein schlimmster Feind sind definitiv die Zweifel. Ich stelle immer wieder alles in Frage, und je intensiver ich das tue, desto schlechter kommt mir die Geschichte und das Geschriebene vor. Dann ist natürlich jegliche Motivation dahin. Was mir unheimlich in solchen Zeiten hilft, sind Meinungen von Außenstehenden. Ich habe das große Glück, dass ich vor ein paar Jahren durch ein Schreibforum ein paar andere Autoren kennengelernt habe. Wir unterstützen uns gegenseitig, lesen die Geschichte des jeweils anderen gegen und geben konstruktives Feedback dazu ab. Entweder stellt sich dadurch heraus, dass meine Zweifel unbegründet sind, oder die Kritik hilft mir dabei, wieder Ordnung in meinem Kopf zu bekommen und gradlinig anzugehen, was im Text verbessert werden muss, damit ich zufrieden bin.
    Wie viel von Ihnen steckt in Emily?
    Ich glaube, diese Frage ist mir bisher in jedem Interview gestellt worden. Das Interesse daran scheint sehr groß zu sein. Was Emely und ich gemeinsam haben, ist auf jeden Fall der Sarkasmus und die Leidenschaft zum Fluchen. Schimpfwörter retten Leben! Jeder, der sich schon mal den kleinen Zeh an einer harten Kante gestoßen hat, hat eine ungefähre Ahnung, wovon ich rede …
    Was lesen Sie selbst gerne? Haben Sie einen ultimativen Buchtipp für diesen Winter?
    Ich selbst lese eigentlich weniger Liebesromane. Nicht, weil ich das Thema nicht mag, ganz im Gegenteil, sondern eher deswegen, weil mich die meisten Liebesromane von der Umsetzung nicht ansprechen. Ein Buch, das ich wirklich jedem ans Herz legen könnte, wäre „Die Einsamkeit der Primzahlen“. Gut geschrieben, sehr emotional, traurig und trotzdem in sich sehr schön.
    Liebe Frau Bartsch, vielen Dank für dieses sehr interessante und aufschlussreiche Interview! Ich wünsche Ihnen von Herzen weiterhin alles Gute und wünschte mir, dass mehr Menschen so intensiv wie Sie ihre Träume verfolgen würden.
    Das Buchpaket aus der Verlosung geht an
    Nadja Schettler
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”
    Kirschroter Sommer als E-Book (KLICK), Kirschroter Sommer als Buch (KLICK)
    Türkisgrüner Winter als E-Book (KLICK), Türkisgrüner Winter als Buch (KLICK)

  • Interview mit Bianca Wagner

    KarmaFrau Wagner, ist das Buch ein Versuch die durch diesen etwas anderen Job erlebten skurrilen Erfahrungen zu verarbeiten?
    Nein, eigentlich. Es ist eher ein Buch, das den Versuch unternimmt, gleichzeitig zu unterhalten und aufzuklären.
    Wie kommt man denn auf die Idee, einen Orakelkartenkurs zu belegen!?
    In dem Buch gibt es ein ganzes Kapitel darüber, wie ich auf die Idee kam. Zum einen aus purer Neugier wie das Kartenlegen überhaupt funktioniert und zum anderen, weil ich wissen wollte, was wirklich davon zu halten ist.
    Hatten Sie vor ihrem ersten Orakelkartenkurs schon einmal selbst als Gast eine Esoterikmesse besucht, auf denen man ja meistens gleich mehrere Kartenleser antreffen kann?
    Nein, überhaupt nicht. Und vermutlich hätte ich es auch nie getan, wenn ich mich nicht zwei Freundinnen angeschlossen hätte.
    Was halten Sie von Palmblattlesungen? Es soll ja für jeden Menschen ein ganz persönliches Palmblatt geben, in dem das Schicksal geschrieben steht.
    Mit Palmblattlesungen kenne ich mich nun gar nicht aus. Es hört sich aber ähnlich wie Kaffeesatzlesen an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man auf einem Palmblatt das Schicksal eines Menschen finden kann. Deswegen würde ich es für mich eher in die Rubrik „Esoterische Unterhaltung“ einordnen.
    Wenn ich es richtig verstanden habe, sind Sie nun nicht mehr als Kartenleserin in der Öffentlichkeit tätig. Was hat sie bewogen, dies nicht mehr zu tun?
    Die Zunehmende Verschuldung der Kunden und auch die Tendenz der Anrufer, ihr ganzes Leben nach Kartenbildern zu richten, sowie die aggressive Geschäftspolitik der Hotlines haben mich darin bestärkt, dass ich mich besser mit der Gegenwart, denn mit der Zukunft beschäftigen sollte.
    Haben Sie in ihrem eigenen Leben schon einmal erlebt, dass eine ihnen selbst vorhergesagte Situation tatsächlich eingetreten ist?
    Ja. 🙂
    In welchen Bereichen halten Sie es für vertretbar, sich einen Rat von einem esoterischen Lebensberater einzuholen, und wo würden Sie die Grenze ziehen?
    Die Grenze ziehe ich ganz klar, wenn es nicht mehr um den reinen Spaßfaktor und Unterhaltungswert geht, sondern mit esoterischer Lebensberatung existenzielle Probleme gelöst werden sollen.
    Gibt es irgendjemanden aus dem Kreis der esoterischen Lebensberater, dem Sie selbst vertrauen würden? Hierbei geht es mir nicht darum, einen konkreten Namen zu erfahren, sondern eher um die generelle Frage, ob Sie jemandem aus diesem Bereich Ihr Vertrauen entgegenbringen würden.
    Nein, da gibt es niemanden. Warum? Weil ich meine Zukunft immer selber gestalten kann und deswegen niemand wirklich meine Zukunft voraussagen kann.
    Was war das verrückteste oder witzigste, was Sie je über Ihre Kunden herausgefunden haben?
    Ich hatte mal eine Kundin, die tatsächlich geglaubt hat ihr Kater sei die Reinkarnation von Hitler.
    Glauben Sie selbst zu 100 % den Ergebnissen Ihrer Karten?
    Absolut nein!
    Wem würden Sie gerne mal die Karten legen?
    Angela Merkel.
    Was nehmen Sie aus Ihrer Zeit als Kartenlegerin an Erfahrungen mit?
    Viel Menschenkenntnis und die Fähigkeit mich auf die verschiedensten Leuten und deren Lebenssituationen einzustellen. Aber auch die Erfahrung, wann es sinnvoll ist Grenzen zu ziehen und die Leute in professionelle Hände weiterzugeben.

    Liebe Bianca Wagner, ich bedanke mich – auch im Namen meiner Blogleser – für Ihre Antworten und wünsche Ihnen für die Zukunft ohne Karten alles Gute!

    Das Buch aus der Verlosung geht an
    Sabine (Büchermaus)
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”

  • Interview mit Stephanie Fey

    Stephanie Fey Foto kleinWie sind Sie zur Schriftstellerei gekommen?
    Bücher und Geschichten, das ist meine Welt, aber Verlage wollten erst mal nur meine Bilder und so wurde ich Illustratorin, hauptsächlich für Kinder- und Jugendbücher, bis es mit dem ersten Roman klappte.
    Woher nehmen sie Ihre Ideen für ihre Romane? Sind das spontane Einfälle oder lange Überlegungen und Vorbereitungen?
    Alle Geschichten denke ich mir zusammen mit meinem Mann Thomas aus. Wir werfen uns, auf dem Sofa sitzend oder beim Frühstück, die Ideen zu und ich schreib sie auf. Unsere drei Kinder sind das mittlerweile gewöhnt, dass das manchmal etwas gruselig-skurrile Themen beim Essen sind.
    Was hat Sie bewogen, als Autorin das Genre Thriller zu wählen? Gibt es Autoren, die Sie inspiriert und angeregt haben?
    Als Leserin liebe ich den Krimi, Henning Mankell, Stephen King, Karin Fossum, Hakan Nesser, Stieg Larsson. So lag es nahe, dass ich mich auch in einem Krimi versuchte. Das Thrillergenre wählte ich, weil ich mal nicht nur die klassische Mördersuche beschreiben wollte, sondern auch die Opfersicht, wie es sich aus Sicht der Rechtmedizin anbietet.
    Woraus entstand ganz speziell die Idee zum Buch „Die Verstummten„? Für mich hört es sich an wie eine kleine Meldung in einer Zeitung und diese Geschichte weitergesponnen und mit Hintergrund versehen.
    Genauso war es, mein Mann hörte im Radio die Meldung: Geisterfahrer auf der Autobahn, seine Eltern ermordet im Bett vorgefunden. Er kam in mein Schreibzimmer und sagte, was-wäre-wenn er seine Eltern gar nicht ermordet hat, wenn er auf die falsche Seite der Autobahn geflohen ist, weil er auf der Flucht vor jemandem war? Was-wäre-wenn, so entstehen alle Geschichten.
    Wie lange hat dann die Entwicklung des Thrillers „Die Verstummten“ gedauert?
    Eineinhalb Jahre, von der Idee bis zur Veröffentlichung.
    Die wahre Leidenschaft Ihrer Protagonistin ist die Gesichtsrekonstruktion. Wie kamen Sie auf diese ungewöhnliche Tätigkeit und was fasziniert Sie besonders daran?
    Ich lernte eine echte Gesichtsrekonstrukteurin kennen, mittlerweile sind wir befreundet. Sie liest meine Manuskripte und berät mich bei der Fallentwicklung, außerdem besuche ich sie oft und kriege so Einblick in ungewöhnliche Schauplätze. Mich fasziniert dieses ganz existenzielle Bedürfnis aller Menschen daran, die Suche der Identität, die ja ein unbekannter Toter verloren hat. Eine Gesichtsrekonstrukteurin gibt Opfern ihr menschliches Gesicht zurück und den Angehörigen damit die Möglichkeit um ihre Verstorbenen zu trauern.
    Gibt es eine Verbindung zwischen dem Cover und dem Inhalt des Buches?
    Ja, auf mehreren Ebenen, es könnte die Hauptfigur Carina sein, die sich auf der Suche nach der Wahrheit fühlt, als würde sie unter Wasser gedrückt. Es kann aber auch Iris sein, die an einer Stelle im Roman aus dem Wasser aufsteigt, weil sie endlich begreift, dass sie nur benutzt wurde. Es kann aber auch die tote Olivia sein, die …, naja, das würde jetzt zuviel verraten.
    Wie lange haben sie an Ihrem Durchbruch gearbeitet?
    Mein erster Roman „Das Gedächtnis der Lüge“ erschien 2008 in einem Kleinverlag, ich hatte das Gefühl jedes Buch persönlich einem interessierten Leser ins Haus zu tragen. Dabei hatte ich sieben Jahre an dem Roman geschrieben, also seit 2001. Trotzdem war es ein Anfang, für den ich sehr dankbar bin. Erst mit dem Buchvertrag für „Die Gesichtslosen“ beschloss ich hauptberuflich zu schreiben, das war 2011.
    Schreiben Sie auch Bücher unter anderen Pseudonymen?
    Ja, als Rebecca Abe habe ich den historischen Kriminalroman „Im Labyrinth der Fugger“, Gmeiner Verlag, geschrieben.
    Welche Mittel und Medien benutzen Sie, um für einen neuen Roman zu recherchieren?
    Ich treffe mich mit „meiner“ Rechtsmedizinerin und erzähle ihr von meiner Idee, dann gibt sie mir Tipps. Außerdem lese ich Sachbücher zum jeweiligen Thema und befrage, wenn möglich, Zeitzeugen. So wie z. B. bei „Die Verstummten“, den Sprachprofiler Raimund Drommel.
    Durften Sie schon live bei einer Schädelkonstruktion dabei sein und haben Sie das mit zur Recherche benutzt?
    Live ist übertrieben, weil es sich ja um eine wochenlange Arbeit handelt, wie bei einer Bildhauerin, da würde auch ein Zuschauer nur stören. Aber ich habe die Arbeitsschritte live gesehen und bin auch immer wieder im Gespräch mit der Gesichtsrekonstrukteurin, wenn sie neue Schädel rekonstruktiert.
    Verarbeiten Sie u. a. auch persönliche Erfahrungen in Ihren Büchern?  
    Ja, aber nur so, dass in jeder meine Figuren auch was von mir und meiner Familie drin steckt, Szenen, Erlebnisse, übertragen auf die Geschichte erkennen das aber nur ganz enge Freunde oder meine Familie eben.
    Wie stehen Sie zu Verfilmungen von Büchern? Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihre Bücher verfilmt werden und wenn ja, hätten Sie Du schon (deutsche) Schauspieler als Wunschbesetzung?
    Das kann ich mir gut vorstellen, meine Traumcarina wäre Nadja Uhl.
    Sie schreiben Thriller. Ist das auch Ihr bevorzugtes Genre was sie privat lesen oder darf es da dann auch gern etwas  anderes sein?
    Wie oben bereits gesagt, ist Krimi und Thriller meine Lese- und Filmleidenschaft. Ich lese aber auch sehr gerne Gegenwartsromane, historische Romane und Kinder- und Jugendbücher.
    Kann man Sie auf der „Leipziger Buchmesse“ treffen?
    Ja, ich bin am 15. und 16. März tagsüber am Heyne-Stand  anzutreffen und lese um 17 Uhr im Literaturforum, Halle 3 ‚buch aktuell‘ Stand E401 und um 19 Uhr mit meinen Kollegen Volker Klüpfel & Michael Kobr und Titus Müller u. a. KrimiClub im Landgericht Harkortstraße 9, 04107, Leipzig (Süd) und würde mich sehr freuen, Leser und Leserinnen zu treffen!
    Liebe Stephanie Fey, ich bedanke mich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses aufschlussreiche Interview und wünsche Ihnen für alle weiteren Projekte alles Gute!
    Das Buch aus der Verlosung geht an
    Kerstin Marquardt
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”

  • Interview mit Sabine Thiesler

    Portrait Thiesler_Sabine Copyright Christian Thiel _300dpi_14246Welches ist der erste Ansatz für einen Thriller und wo nehmen Sie die Inspiration für Ihre Bücher her?
    Ich bin ein sehr ängstlicher Mensch und habe eine extreme kriminelle Phantasie, daher sehe ich ständig vor mir, was wann wo und wie überall passieren könnte. Und plötzlich habe ich eine Idee, die meist eine aufregende Situation ist oder ein interessanter Charakter. Und wenn mich die Idee nicht mehr loslässt und ich mir vorstellen kann, mich ein ganzes Jahr damit zu beschäftigen, beginne ich zu schreiben und lasse die Geschichte ganz langsam entstehen und wachsen.
    Wie sind sie auf das Genre Thriller gestoßen? Haben Sie sich als Jugendliche schon für Krimis bzw. Mord und Totschlag interessiert?
    Ja. Sehr. Es begann als Kind mit Enyd Blyton, mit den „Geheimnis“- den „Fünf Freunde“- und den „Abenteuer-Büchern“, als ich etwas älter wurde habe ich mit Begeisterung die gesamte Highsmith verschlungen und habe mein Leben lang gern Thriller gelesen. Subtile, gemeine Thriller. Kein action. Und ich schreibe, was ich gern lesen würde.
    Ich würde gerne wissen, was Sie als schwieriger empfinden/empfanden. Zum ersten Mal einen kompletten Roman schreiben und sich darin zurechtfinden, oder weitere Romane schreiben, die den Anforderungen vom Verlag und denen der Leser gerecht werden sollen?
    Den „Kindersammler“ schrieb ich, weil ich mir zwanzig Jahre lang gewünscht hatte, endlich einen großen Roman zu schreiben. Aber ich hatte nie Zeit, hatte zu viele Verträge beim Fernsehen. Irgendwann hab ich es dann möglich gemacht und landete gleich einen Riesenerfolg. Das war nicht schwer. Schwer war, danach weiter zu machen. Die Erwartungen weiterhin zu erfüllen. Zumal man immer denkt, wenn man einen Roman fertig hat: Jetzt ist Schluss, jetzt fällt mir nichts mehr ein. Aber es geht doch immer irgendwie weiter…
    Welche „Tatort“ – Folgen und welche Ermittler wurden denn ganz speziell erst durch Ihre Drehbücher ins Leben gerufen?
    Erfunden und ins Leben gerufen habe ich Inga Lürsen (Sabine Postel) für den Bremer Tatort.
    Sie selbst haben auch als Schauspielerin gearbeitet. Könnten Sie sich vorstellen wieder vor die Kamera zu treten?
    Nein. Das ist vorbei. Da hätte ich keinen Spaß mehr dran.
    Was gefällt Ihnen besser? Im Hintergrund tolle Geschichten verfassen oder auf der Bühne stehen und präsentieren?
    Im Hintergrund tolle Geschichten verfassen…
    Ist Ihnen schon selbst einmal etwas passiert, das Sie dann in einem Ihrer Bücher mit eingebracht haben? Oder anders gefragt: wie viel Sabine Thiesler steckt in Ihren Büchern?
    Ich glaube, Bücher, wie ich sie schreibe, kann man nicht mit zwanzig schreiben. Man braucht viel Lebenserfahrung, denn nur durch Erfahrung kann man Phantasien entwickeln. Natürlich habe ich die haarsträubenden Geschichten in meinen Büchern nicht selbst erlebt, aber auf Grund der Summe all meiner Erfahrungen waren diese Phantasien möglich. Und wenn man es so sieht, steckt 100 % Sabine Thiesler in meinen Büchern.
    Welches Ihrer Bücher ist ihr persönliches Lieblingsbuch und aus welchem Grund?
    Weiß ich nicht. Kann ich nicht sagen. Und das Komische ist, dass auch jeder meiner Freunde ein anderes Lieblingsbuch hat.
    Könnten Sie sich die Verfilmung Ihrer Bücher vorstellen? Oder ist eine Verfilmung bereits geplant?
    Natürlich könnte ich mir das sehr gut vorstellen. Aber das will gut überlegt sein. Ich habe schon einige Verfilmungsvorschläge abgelehnt, weil ich Angst hatte, dass die Geschichten verflachen und kaputt gehen. Im Moment laufen wieder neue Gespräche.
    Schreiben Sie persönlich lieber Drehbücher oder Romane?
    Romane!!!! Viel viel viel lieber!
    Wie lange braucht bei Ihnen ein Manuskript zum Buch?
    Ein bis anderthalb Jahre.
    Sie haben ja Drehbücher für „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ geschrieben. Finden sie die Qualität der aktuellen Folgen beider Serien noch in Ordnung?
    Selten. Das liegt vor allem an dem wachsenden Dilettantismus der sogenannten Schauspieler. Damit meine ich nicht die Kommissare. Es sind viele Laien unterwegs, die nur  wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes engagiert werden, und keinen verständlichen Satz über die Lippen bringen. Und dann haben sie es mit Regisseuren zu tun, die sich daran weiden, grün-graue Kunstbilder zu erschaffen, aber einen hilflosen Schauspieler nicht führen können, weil sie von der praktischen Seite dieses Berufs nichts verstehen. Es ist frustrierend.
    In „Bewusstlos“ werden Themen wie Kindesmissbrauch und der Tod eines Kindes thematisiert. Können Sie ruhig schlafen, wenn Sie an solchen Szenen arbeiten?
    Es ist schon belastend, wenn man sich mit diesen Themen auseinandersetzt, zumal die Figuren meiner Bücher  über Monate vierundzwanzig Stunden am Tag in meinem Kopf präsent sind. Sie werden zu einem Teil meines Lebens, sitzen quasi zu Hause mit am Tisch. – Aber wenn ich dann eine schwierige, schlimme Szene geschrieben habe, und ich das Gefühl habe, sie ist gut und richtig, dann ist das wie eine Befreiung.
    Fürchten Sie sich ab und an selbst beim Schreiben oder bei den Gedanken über Ihre Bücher?
    Wie schon gesagt: Ich fürchte mich immer, aber beim Schreiben weniger.
    Ihr Hauptdarsteller in diesem Buch, Raffael, hat ja ein medizinisches oder zumindest psychologisches Problem mit seinem Gedächtnis. Wie haben Sie für diese Erkrankung recherchiert oder gab es einen tatsächlichen Fall, dem die Geschichte nachempfunden ist?
    Ich habe viel über Alkoholismus gelesen, und ich glaube, einen Filmriss hatte vielleicht  jeder schon mal . Was mit Raffael passiert, ist durchaus nachvollziehbar, und wahrscheinlich kennt auch jeder einen „Raffael“ in seinem Umfeld. – Ein Mensch, der schwer traumatisiert ist und im Vollrausch mordet, ohne sich daran erinnern zu können, hat mich interessiert.
    Wie entspannen Sie sich nach einem intensiven Schreibtag?
    Mit einem wunderbaren Glas Rotwein am Kamin oder im Sommer auf der Terrasse…
    Was verbinden Sie persönlich mit der Toskana und warum findet man diese immer wieder in Ihren Büchern erwähnt?
    Da ich in der Toskana lebe und mich hier auskenne, spielen meine Geschichten hier und in meiner ursprünglichen Heimat Deutschland. Man kann nur dort seine Phantasie wandern lassen, wo man in Gedanken spazieren gehen kann. Man muss wissen, wie es an einem Ort riecht, welche Geräusche und Verstecke es gibt, um ihn zum Schauplatz einer Situation werden zu lassen.
    Können Sie sich vorstellen für Ihre Bücher einmal ganz andere Schauplätze auszuwählen  –  nicht Berlin und nicht die Toskana? An welchem außergewöhnlichen Ort würden Sie gerne mal einen Thriller spielen lassen?
    Auf dem Meer. Ich bin dabei…
    Haben Sie überhaupt selbst Zeit zum Lesen und welches ist ihr persönlicher Buchtipp für den Winter? Lesen Sie privat auch Thriller?
    Ja, sicher, ich will wissen, welcher Wind durch den Buchmarkt weht. Aber einen besonderen Buchtipp habe ich jetzt nicht. Die Kollegen schreiben alle so ganz anders als ich, schreiben eher Ermittlungskrimis, die mich nur wenig interessieren.
    Welches Buch hätten Sie selbst gern geschrieben?
    Die Säulen der Erde.
    Hätten Sie gerne ein Pseudonym? Und welches würden Sie wählen?
    Nein. Es ist okay so. Aber wenn, dann müsste der Name früher im Alphabet vorkommen. Für die letzten Buchstaben im Alphabet ist in den Buchhandlungen in den Regalen oft kein Platz mehr.
    Frau Thiesler, kann ich Sie demnächst auf einer Lesung treffen? Wenn ja, wo?
    Ich lese am 11.3. in Reutlingen oder in Neustadt an der Weinstraße (das steht noch nicht fest), am 12.3. in Göttingen, am 14.3. in Leipzig, am 15.3. in Halle, am 17.3. in München, am 18.3. in Schweich (bei Trier) und am 20.3. in Verl (bei Gütersloh).  – Die genauen Adressen und Anfangszeiten kann man der Heyne-Homepage im Internet entnehmen.
    Liebe Sabine Thiesler, ich bedanke mich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses ausführliche Interview und wünsche Ihnen für alle weiteren Projekte alles Gute!
    Das Buch aus der Verlosung geht an
    Markus H.
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”

  • Interview mit Tina Wolf

    Tina_Fotostudio_Nina 003In Ihrem Buch „Kein Kind ist auch (k)eine Lösung“ geht es  um gewollte Kinderlosigkeit, ungewollte Schwangerschaft und unerfüllten Kinderwunsch. Gab es einen bestimmten Anlass, ein Buch mit dieser Thematik zu schreiben?
    Der einzige Anlass ist das Leben an sich. Das Leben mit all seinen Geschichten, die ununterbrochen um uns herum und mit uns passieren.  Bei dem einen ist es eventuell etwas ruhiger, bei dem anderen ist etwas bunter. Und meines ist sehr bunt. Es geschieht kaum ein Tag, an dem ich nicht aus einem Moment, einer Begegnung, einer Nachricht, einem Gespräch schon wieder eine neue Geschichte schreiben könnte.
    Was ich geschrieben habe ist daher fast ausschließlich etwas, das mir passiert ist oder was ich miterlebt habe – im weiteren Sinne. Ich habe Namen geändert und manchmal auch mehrere Personen in eine gesteckt und auch die eine oder andere Randfigur erfunden. Aber das große Thema „Alle kriegen Kinder, nur ich nicht“, war der eigentliche Anlass in meinem damaligen Leben – vor acht Jahren etwa, als ich anfing dieses Buch zu schreiben. Damals lebten mein Mann und ich in Hamburg Ottensen. Einem jungen, tollen Stadtteil in Elbnähe, mit vielen kleinen Geschäften, Altbauten und: jungen Familien. Wenn man selbst kein Kind hat, ist dies teilweise schon eine große Herausforderung und ich gestehe, dass mir hin und wieder auch das Verständnis fehlte. Nicht immer, ich mag ja Kinder, aber die Eltern…
    Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich es irgendwie „zu viel“ fand. Zu viel und zu voll.
    In meinem recht großen Freundeskreis habe ich außerdem, um zur Frage zurückzukommen, Paare, die glücklich ohne Kind sind und genauso Paare, die völlig verzweifelt sind, weil sie kinderlos sind. All diese Probleme kenne ich, die Sorgen, die Ängste…und aus all diesen  ganzen Erfahrungen ist – mit einer  / meiner Prise Humor – das Buch entstanden.
    Ich habe lange darüber nachgedacht, wie es endet. Natürlich hätte Charly auch ohne Kind glücklich bleiben können, sich von Micha – dann vermutlich wieder unglücklich – trennen können, aber das wäre dann eine andere Geschichte.  Ein ganz anderes Thema. Ich habe mich für diese Variante entschieden, weil ich ja selbst Kinder liebe. Und: Wir haben viele Jahre auf unseren Sohn gewartet…das spielt sicher auch eine Rolle.
    Woher haben Sie die Idee für das Verhalten und die Denkweise der Protagonistin Charly gegenüber dem Kinderkriegen? Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht oder vielleicht doch andere Frauen beobachtet?
    Ich habe ehrlich gesagt nie wie Charly gedacht. Ich wollte immer Kinder haben. Aber ich kenne die Situation, dass alle nur noch vom Abstilltee reden oder den besten Zeitpunkt um abzustillen (sorry Mädels…) und das ist für Nicht-Mütter manchmal schon traurig. Wenn die eigene Freundin mutiert und man sitzt hilflos und machtlos daneben. Wenn denn alle auf einmal schwanger werden, umso schlimmer.
    Die Szene in dem Café, wo das Kind an die Brust der Mutter geht und sich „selbst bedient“, während diese sich unbeeindruckt weiter mit ihrer Freundin unterhält, oder der Geburtstag in meiner Wohnung, wo beinahe auf dem Tisch gewickelt wurde…alles nicht erfunden!
    In einem bestimmten Alter ist es ja normal, dass sich Freundinnen schon mal „trennen“. Die einen wollen Kinder, die anderen wollen Karriere. Wie viel eigene Erfahrung steckt in diesem Buch? Oder anders gefragt: Wie viel Tina Wolf steckt in Charly?
    Meine Erfahrung ist eben – wie gerade beschrieben –die Situation der Freundin, die ohne Kind zusieht, was sich alles um sie herum verändert. Da steckt einiges aus meinem Leben drin. Inzwischen bin ich ja aber selbst Mutter und kann auch sehr gut darüber lachen, was ich alles gemacht habe, als unser Sohn kam. Man wird einfach komisch. Ob es nun am Schlafentzug liegt oder den Hormonen oder was auch immer.
    Ich habe zum Beispiel mal in einer Warteschlange bei der Post meinen Sohn im Arm gehabt (als das noch ging ;-)), während ich die (leere) Karre hin und her gewippt habe…
    Ist eine Fortsetzung von „Kein Kind ist auch (k)eine Lösung“ geplant?
    Nein, leider nicht. Aber wir können ja eine Unterschriftensammlung an den HEYNE Verlag schicken…
    Ich habe das angeboten, aber es ist wohl so, dass es schon genug Bücher gibt von Frauen, die gerade Mutter geworden sind und über diesen neuen Abschnitt mit all seiner Tragik und Komik berichten.
    ABER: Ich schreibe natürlich fleißig weiter und der nächste Roman erscheint im November bei HEYNE. Dabei geht es um eine Frau – sorry, aber das muss auch mal aus einer humorvollen Sicht berichtet werden –, die um alles in der Welt schwanger werden will, und es klappt nicht.
    Mehr verrate ich nicht, nur so viel: Ich bleibe meinem Schreibstil und meinem Humor treu.
    Welche Pläne haben Sie für weitere Bücher?
    Ich habe in der Zwischenzeit ein Kinder- und Jugendbuch geschrieben, das sich derzeit mehrere Verlage ansehen, und ich drücke mir selbst die Daumen, dass einer zuschnappt.
    Außerdem habe ich noch einen Text, den ich auch vor Jahren angefangen habe und der so gerne zu Ende geschrieben werden möchte. Und das hat er auch verdient. Hier geht es wieder um eine Frau – ich bin nun mal eine, das ist so – allerdings ist diese Geschichte in einem ganz anderen Stil geschrieben.  Viel leiser, auch nachdenklicher…ein ganz anderer Ton. Die Dame „knöpfe ich mir vor“, sobald der neue Roman Ende Juli abgeschlossen ist.
    Außerdem hätte ich große Lust einen Krimi zu schreiben. Jaja, ich weiß, es gibt ja schon so viele. Aber ich habe sie auch fast alle gelesen und finde, da könnte mal etwas Neues kommen…
    Ich bin ja leidenschaftliche Joggerin und komme selten aus dem Wald zurück, ohne dass ich eine Geschichte im Kopf habe, die beim Laufen entstanden ist. Überhaupt entstehen dann immer die besten Sachen, die schönsten Ideen. Vielleicht muss mein Kopf einfach mal hin und wieder geschüttelt werden…dann purzeln die Geschichten von allein.
    Wie sind Sie überhaupt zum Schreiben gekommen? Wer oder was gab den Impuls?
    Ich habe schon als Kind (bevor ich zehn Jahre alt war) geschrieben. Gedichte und kleine Geschichten. Das wurde allerdings nicht wirklich gefördert. Stattdessen hatte ich eine Zeitlang eine private Kunstlehrerein, die zu uns nach Hause kam. Die Fliederbeerbüsche, die vor unserem Haus standen, mit schwarzer Kreide abmalen, fand ich allerdings eher uninteressant. Außerdem stellte sich auch schnell heraus, dass ich unbegabt bin. Oder faul. Auf alle Fälle war ich froh, als das vorbei war…
    Hat das Schreiben etwas in Ihrem Leben verändert?
    Verändert kann ich eigentlich nicht sagen. Es ist mir, wie man so schön sagt, in die Wiege gelegt worden, und ich bin sehr froh und extrem dankbar, dass ich dieser Neigung folgen kann. Dass ich tun kann, was ich am liebsten tue und was mir Spaß macht. Nicht, was ich muss. Das ist ein hohes Glück! Mein Vater war ein sehr guter Maler, aber er konnte sein Talent nie so umsetzen, dass er davon leben konnte. Er war unglücklich und ist früh (mit 51 Jahren) an den Folgen des Alkoholismus gestorben. Darüber habe ich mein erstes Buch geschrieben. „Und ich dachte, ich könnte dich retten“ / Ingo Koch Verlag.
    Umso dankbarer bin ich, dass ich meiner inneren Stimme folgen kann.
    Haben Sie einen ultimativen Buchtipp für diesen Winter?
    Es ist nicht neu, aber ich finde es so gut geschrieben:
    Das Licht in einem dunklen Haus“ von Jan Costin Wagner. Ich mag den Autor, bzw. wie er schreibt sehr gern, denn es ist zum einen melancholisch und zum anderen schafft er es Worte zu finden für eine Situation (siehe Titel), die ich faszinierend finde.  Ich habe die ganze Reihe über diesen Kommissar gelesen und kann sie nur empfehlen. Es ist auch egal, mit welchem Buch man anfängt. Man muss nur wissen, warum der Kommissar traurig ist: Seine Frau ist gestorben…
    Welche Bücher haben Sie als Kind, bzw. Jugendliche verschlungen?
    Ich habe natürlich die „Klassiker“ geliebt: Pipi Langstrumpf, Momo, Die unendliche Geschichte usw. Was mir bis heute noch sehr gut in Erinnerung ist, weil es mir so nahe ging, ist das Buch „Die schwarzen Brüder“.
    Könnten Sie sich als gelernte Fotografin auch vorstellen Bildbände zu veröffentlichen und welches Thema würden diese beinhalten?
    Ja! Auf alle Fälle kann ich das! Ich habe immer gerne fotografiert. Vor allem Menschen, Situationen, …
    Natur finde ich auch faszinierend und bewundere Bilder, die unseren Planeten zeigen, würde mich selbst aber immer für die Menschen entscheiden.
    Und zu der letzten Frage, wen ich welche Figur aus der Literatur ich gerne treffen würde:
    Mich da festzulegen fällt mir unglaublich schwer! Da gäbe es einfach so viele, die ich gern kennen lernen oder treffen würde.
    Aber ich bleibe mal meinem aktuellen Lieblingsautor treu und würde gern Kimmo Joentaa treffen, den Kommissar aus Jan Costin Wagners Büchern. Er trauert um seine Frau, die mit Anfang 30 gestorben ist. Wie er diese Trauer beschreibt, geht mir sehr nah. Ich habe mich gerade von meiner Mutter verabschieden müssen, die mit 59 Jahren Krebs bekommen hat und kurz darauf gegangen ist. Vielleicht ist das der Grund, weil ich mich in diesen leisen Tönen von Jan Costin Wagner gerade wiedererkenne…“
    Liebe Tina Wolf, ich bedanke mich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses ausführliche Interview und wünsche Ihnen für alle weiteren Projekte alles Gute!
    Das Buch aus der Verlosung geht an
    Mona
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”