Kategorie: Interviews mit Autoren

  • Interview mit Britta Sabbag

    Beim Buch arbeitet man wie der Alm-Öhi ewig lang alleine vor sich hin…
    Die Finanzkrise hat Sie zur Schriftstellerin gemacht. Hatten Sie je Zweifel ob dies der richtige Weg war/ist?
    Klar, jeden Tag. 3 Jahre lang, immer wieder (zum Beispiel wenn man nur für 10 Euro tanken kann und in einem Auto bei 30 Grad sitzt und wie in einer Dampfsauna schwitzt, weil die Fensterhebel kaputt sind und man kein Geld für die Reparatur hat und zusätzlich auch noch nur über die Beifahrertür einsteigen kann J oder im Sommer alle in den Urlaub fahren und man selbst zuhause sitzt und alleine vor sich hin schreibt…und, und, und..). Oft hab ich mir gesagt: „Geh doch zurück in deinen alten Job, da hast du jeden Monat ein tolles Gehalt, musst auf nichts verzichten.“ Aber dann wäre ich nicht ich selbst, würde nicht tun, was ich liebe. Also entschied  ich mich jeden Tag aufs Neue dafür, zu schreiben, durchzuhalten, zu kämpfen. Hat sich gelohnt J Das Schreiben ist die Liebe meines Lebens.
    Liebe Britta, erzählen Sie uns doch Ihren Weg von der Idee bis zur Veröffentlichung des Buches. Gab es da vielleicht die eine oder andere Überraschung?
    Oh, ja, viele. Alle aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen. Ein toller Moment war ein Anruf, den ich vom Verlag bekam, als ich zur Feier des Vertrages in Holland am Meer war. „Sie müssen kommen“, hieß es, „Die Geschäftsführung möchte Sie kennenlernen.“ In der Zeit, in der ich im Urlaub war, hatte das Buch den Verlag bis nach oben hin überzeugt. Das Debüt wurde zum Spitzentitel. Ich hatte beinahe einen Herzinfarkt, denn sowas ist nicht alltäglich. Ein wahrer Glücksmoment J
    Wie kam der Name „Pinguinwetter“ zu Stande und war das der ursprüngliche Arbeitstitel für das Buch oder hat der Verlag ihn gewählt?
    Ich weiß noch genau, wie ich mit meiner Mutter in meinem alten Astra eine Strecke entlang führ – es war Sommer, sehr warm, und die Fenster (weil kaputt) ließen sich nicht herunterkurbeln. Wir schwitzten deswegen so und ich ärgerte mich über mein Schrottauto. Aktuell war ich gerade auf der Suche nach dem Titel für das Buch, weil es fast fertig war. Und ich sagte: „Besser als diese Bullenhitze wäre jetzt echt Pinguinwetter.“ Meine Mutter sah mich komisch an und sagte: „Pinguin-was? Was ist das denn für ein seltsames Wort?“ Das war die Geburt des Titels, der Verlag fand ihn von Anfang an super.
    Welche Beziehung haben sie persönlich zu Pinguinen? Zählen Pinguine zu ihren Lieblingstieren und wenn nein: welches ist Ihr Lieblingstier?
    Seit Pinguinwetter habe ich natürlich eine ganz spezielle Beziehung zu den Pingus, denn sie begleiten mein Leben metaphorisch seit 3 Jahren. Lieblingstiere habe ich nicht unbedingt, aber ich mag schräge Tiere wie Nacktmulle, Schabrackentapire oder Faultiere.
    Planen Sie ein weiteres Buch mit „tierischen“ Protagonisten?
    Die Fortsetzung von Pinguinwetter ist bereits fertig. 🙂
    Erkennen sich Ihre Familienmitglieder und Freunde im Buch wieder?
    Alle Figuren sind ausgedacht, Eigenschaften von mir auf alle verstreut, Freunde habe ich nicht eingebaut. Aber es gibt tatsächlich eine einzige „echte“ Figur, die sogar mit vollem Namen übernommen wurde. Ich verrate sie natürlich hier nicht 😉 
    Ich habe auf der Homepage die vielen kleinen witzigen Erlebnisse unter „real live“ gelesen. Sind die wirklich ALLE so erlebt und wiedergegeben? Oder ist da nicht doch das eine oder andere bisschen Autorinnenfantasie dabei?
    Alle Geschichten sind von mir oder Freunden erlebt und natürlich dramaturgisch zugespitzt, aber der Kern ist immer wahr.
    Gibt es eine bestimmte Tageszeit, an der Sie am liebsten schreiben und Ihnen die besten Ideen kommen?
    Ich schreibe wie im Job von 9-16 Uhr. Ideen kommen immer und überall, meist dann, wenn man grad entspannen will… 
    Wenn Ihnen unterwegs was zu Ihrem Buch einfällt, haben Sie dann ein Notizbuch oder dergleichen dabei?
    Ich tippe alles ins Handy, weil ich das Notizbuch immer vergesse. Oder auch auf Servierten, Tischdecken, Pappdeckel, Pappbecher, Arme von Freunden.
    Wie entspannen Sie sich von der Schreibarbeit am Computer, vielleicht mit einem Buch? Wenn ja, welche Bücher lesen Sie gerne?
    Ich entspanne mich am besten mit langen Spaziergängen oder Abenden mit Freunden. Ich lese natürlich auch gerne und viel, hauptsächlich Liebeskomödien, also auch mein Genre, aber auch Biografien finde ich sehr spannend.
    Sie haben in Grassau bei den DeLiA – Liebesromantagen ihre erste offizielle Lesung gehabt. Waren Sie sehr aufgeregt?
    Ich habe meine Beine nicht mehr gespürt! Ich stand völlig neben mir. Aber als schon nach ein paar Sekunden die ersten Lacher kamen, und das Publikum mitging, fiel alles von mir ab. Es war ein grandioses Gefühl!
    Sie schreiben auch Drehbücher. Was liegt Ihnen besser, Roman oder Drehbuch?
    Beides hat seine Reize. Beim Buch arbeitet man wie der Alm-Öhi ewig lang alleine vor sich hin, da sehnt man sich nach Menschen. Beim Drehbuch ist es oft so, dass hundert Leute mitreden, und man dann manchmal sicher gern allein entscheiden würde. Beides abwechselnd ist perfekt!
    Ist eine Fortsetzung zu Pinguinwetter in Planung oder arbeiten Sie bereits daran?
    Siehe oben: Die Fortsetzung ist bereits fertig. Charlotte hat noch nicht alle Fettnäpfchen dieser Welt betreten, oh, jetzt doch. 🙂
    Welche Frage hätten Sie gern in diesem Interview beantwortet, wurde Ihnen aber nicht gestellt?
    Frage: „Wie schaffen Sie es bloß immer, wie höchstens 26 auszusehen?“
    Antwort: „Wasser. Wasser ist das A bis Z.
    (Und Prosecco. Und Schokolade… und… und… 🙂
    Liebe Britta, ich bedanke mich ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses Interview und besonders für unsere schöne Begegnung in Grassau und sowieso. 🙂
    Die Bücher aus der Verlosung gehen an
    Annemarie H.
    Stephanie W.
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”

  • Interview mit Katryn Berlinger

    Die Sehnsucht, die eine Frau spürt, ist oftmals größer als die Beziehung, die sie im Moment lebt
    Wie sind Sie auf den Buchtitel „Die Meeresflüsterin“ gekommen? Waren Sie zu dieser Idee gerade am Meer oder haben Sie eine persönliche Geschichte am Meer erlebt, die Sie zu dem Titel gebracht hat? 
    Offen gesagt, mag ich es,  Namen oder Titel zu erfinden. Ich nehme Stimmungen auf, lasse Fluidales auf mich einwirken und  lausche in mich hinein. Passend zum Charakter einer Figur höre ich dann einen Namen. In diesem Roman heißt die Hauptfigur Fenja Susann Wohlgardt. Der Name Fenja klingt für mich sehnsuchtsvoll, wehmütig, genau richtig für eine junge Frau, die das Meer liebt, weil sie sich ihm in ihren Stimmungen verbunden fühlt. Meine Hauptfigur ist die jüngere, ungeliebte Tochter eines verarmten Mecklenburger Leinewebers in Ahlbeck, die in der Sterbestunde ihrer Mutter mit einem  Rätsel konfrontiert wird. Die Frage, die sich ihr stellt, berührt nicht nur das Verhältnis zu ihrer Schwester, sondern auch das ungelöste Erbe mütterlicherseits. 
    Nachdem ich schon Monate zuvor mehrmals an die Ostsee gefahren war – nicht zuletzt wegen der Recherchen für „Die Muschelsammlerin“ –  lag es also  nahe, dass Fenja eine „Meeresflüsterin“ ist. Ich sehe sie so: 
     „Sie schaute über das Meer, das sie so liebte, weil es so atmete wie sie. 
    Weil sie seine Stimme liebte.
    Weil es ihr Echo war.
    Weil es so wandelbar war wie sie.
     (…) `Nur ein Traum`?, ritzte sie mit dem Holzsplitter in das Eis. Wenn es schmölze,          würden die Wellen ihre Frage hinaus auf das Meer tragen. Und irgendann, hoffte sie, würde es ihr antworten.“ (S. 31)
    Ihr Roman spielt in Ahlbeck. Haben Sie eine persönliche Verbindung mit der Insel Usedom?
     Ja, in Heringsdorf – eines der Kaiserbäder zwischen Bansin und Ahlbeck – spielt mein erster Knaur-Roman „Villa Bernstein“ (2002; Neuauffl. 2011; eBook 9/2012). Im Jahr zuvor hatte ich die Insel bereist. Natürlich stellt die aufblühende Bäderkultur um 1900 die aufregendste Epoche der Insel dar, und die schönen Villen aus der Kaiserzeit  haben mich zu so mancher Träumerei inspiriert. Aber auch das Binnenland mit seiner ruhevollen Ausstrahlung weckte mein allgemeines Interesse an der Geschichte der Insel. 
    Warum spielt Ihre Geschichte vor so langer Zeit? 
    Eine gute Frage. Denn zum ersten Mal habe ich das Thema der Liebe in einem Roman ernster genommen, als es manche LeserInnen gewöhnt sind.  Schmetterlinge im Bauch zu haben kennt jeder, hier aber wollte ich eine Romanheldin entwerfen, die voller Sehnsucht ist, vom Leben aber dazu gezwungen wird, zu verstehen, was es heißt, zu lieben. Zu verstehen bedeutet, z. B. das  – scheinbar verwirrende – Verhalten des geliebten Mannes zu begreifen, mit Misstrauen und Unverständnis umzugehen. Ich denke, das sind grundlegende Probleme, die natürlich für alle Zeiten gelten. In einer Zeit großer Standesunterschiede aber ist die zwischenmenschliche Spannung noch größer als heute. Daher habe ich mich – in der Reihe der vorherigen historischen Romane – für das Jahr 1905, also wieder für die Belle Époque (ca. 1884 – 1914), entschieden. 
    Welche Beziehung haben Sie selbst zum Meer? 
    Ich liebe es! Wie sollte ich sonst eine „Meeresflüsterin“ beschreiben können? Aus diesem Grund habe ich mich auch von Erich Frieds Gedicht „Meer“ inspirieren lassen …
                „Wispere
                im Sand der Dünen,
                am Meer aber
                schweige.
                Schau,
                wie sie fortwehen,
                deine Gedanken,
                über des Meeres launiges Mienenspiel.
                Träume, hoffe.
                Vor allem aber
                gib dich,
                gib alles frei,
                wenn du die Freiheit suchst.
                Denn das Meer selbst
                wird dir eine Antwort geben.
     Übrigens habe ich mich – obwohl keineswegs seetauglich – gleich nach der A-Schein-Prüfung auf einen Ostsee-Segeltörn eingelassen … Also, wer das trotz Windstärke sieben und entsprechender Ausfallserscheinungen übersteht und immer noch das Meer liebt, gehört einfach zum Meer. Hinzufügen muss ich aber, dass ich die Berge ebenso liebe, weil ich ihr besonderes, fast magisches Kraftfeld schätze. Daher ist Wandern für mich auch ein meditativer Akt. 
    Inwiefern finden Sie sich selbst in der Titelfigur der Meeresflüsterin wieder? 
    Fenja Susann Wolgardt ist sie selbst. Sie ist ebenso authentisch, wie ich es als Autorin bin. Mit einem guten Maß an Empathie kann ich mich aber sehr gut in die unterschiedlichsten Charaktere hineinfühlen. Ohne Gefühl, ohne echte Anteilnahme, kann ich einfach nicht schreiben.  Schreiben ist für mich auch etwas Schauspielhaftes, nur noch intensiver, weil der Akt der Erfindung den Akt des Handwerklichen nachsichzieht.  Schreiben ist harte Arbeit, wenn man denn Sprache liebt. Die Materie der Sprache aber ist nun einmal kein Sand, den man schnell mal mit feuchten Händen formt. Wörter, Syntax, Sprachmelodie auf Harmonie zu trimmen, kann ganz schön anstrengend sein.
    Was das Persönliche anbelangt:  Wer jemals einem Menschen begegnet ist, der, und sei es nur für magische Augenblicke, die eigene Seele berührt, weiß: Die Sehnsucht, die eine Frau spürt, ist oftmals größer als die Beziehung, die sie im Moment lebt. Ich glaube, es ist diese Utopie, die das zutiefst Weibliche in uns ausmacht. Andererseits … ich glaube schon, dass es eine Art Bestimmung gibt, auf die wir keinen direkten Einfluss haben … Sich im anderem neu entdecken, sich mit dem anderen wandeln, ist auch ein  Aspekt der großen Liebe. 
    Aber die handwerkliche Seite des Schreibens schmirgelt sozusagen das Übermaß an individueller Emotionalität wieder ab, die Figur „materialisiert“ sich, wird echt, unabhängig vom persönlichen Input des Autoren. 
    Wie viele Stunden am Tag verbringen sie mit schreiben? Gibt es auch Zeiten, wo sie gar nicht schreiben und dann wieder extrem viel?
     Anders als Gegenwartsautoren bin ich über Monate hinweg mit intensiver Recherche faktischer Grundlagen beschäftigt. Ich reise, wenn möglich, zu den Orten, an denen der Roman spielt. Doch wer historische Romane schreibt, weiß, dass die gewonnenen Eindrücke immer nur vage bleiben, weil sie längst  von der Gegenwart überlagert sind. Wer sich als Autor um historische Authentizität bemüht, stürzt sich selbstverständlich mit Ausdauer auf das umfangreiche Material, das der Zeit entstammt, in der der Roman spielt.   Denn nur zeitgenösssische Erlebnisberichte und kulturwissenschaftliche Abhandlungen bieten uns das echte, stimmungsvolle Zeitempfinden, das unsere Neugierde befriedigt.
    Mein Motto ist: Wie nah am historisch Wahrscheinlichen ist das, was im Roman geschieht? Aber das ist ja nur ein Teil der Arbeit. 
    Also, wenn ich mit der Recherche fertig bin und  zu schreiben beginne, fliegen die Stunden  nur so dahin. Acht, neun, zehn Stunden quasi non-stop –  bis auf die Koch-Pause – sind normal. Es ist fast ein geistiger Rauschzustand, man denkt und denkt, kombiniert, assoziiert, kritisiert, ändert, feilt – man lebt absolut in seiner Welt. Manchmal geht das eine Sechs-Tage-Woche so, manchmal nur drei Tage. Dann ist eine Pause fällig. Da ich zwar Plots entwerfe, aber stets spontan drauflosschreibe und nicht nach  Reißbrett-Szenerie arbeite, ist die innere Anteilnahme sehr groß, sowohl was Schicksale wie Handlungsstränge anbelangt. Man braucht dann Zeiten, in denen man wieder zu sich kommt, sich wieder „auffüllt“. 
    Haben Sie einen Lieblingsschreibplatz, wo Sie besonders gern schreiben? Gibt es Orte, Umstände oder Zeiten, die auf Sie besonders inspirierend wirken und in denen Ihnen das Schreiben besonders leicht fällt? 
    Die Lebendigkeit einer neuen Welt zu schaffen setzt äußere Ruhe für absolute Konzentration voraus. Das gilt für viele Kollegen, so auch für mich. Also, ein Caféhausschreiber bin ich nicht. Aber wenn ich ein Café beträte, würde ich sehr viele Eindrücke wahrnehmen, die ich dann speichern und möglicherweise bei einem späteren Romanprojekt verwenden würde.
    Ich arbeite auch nicht anders, als es viele meiner KollegInnen tun: Tag für Tag an den  Schreibtisch, mit Schwung auf den Kniesitz, den PC anstellen und: Sprung in die neu entstehende Welt, Suche nach den Figuren, den inneren Kontakt zum Leser/zur Leserin halten, in sich hineinlauschen, nach „Erzählgeschenken“ Ausschau halten … 
    Was mich immer sehr interessiert ist die Frage, wie viel Autobiografisches fließt in ihre Bücher mit ein? 
    Wie schon in den vorherigen Antworten angedeutet, Empathie für die Romanfiguren ist für mich absolut wichtig. Persönliches hingegen wird durch die Erschaffung fiktionaler Figuren reflektiert, modelliert, hinterfragt oder angepasst, je nachdem. Damit werden Romanfiguren lebendig, authentisch, der Autor bleibt sich selbst treu. Trotzdem überwiegt – abgesehen von der detailgetreuen Faktenfülle historischer Überlieferung – die FANTASIE. Und das, was ich über die Liebe schreibe, spricht vielen meiner LeserInnen aus dem Herzen, das höre ich glücklicherweise immer wieder. Darüber freue ich mich, denn ohne zu wissen, wie sich Liebe,  vertrauensvolle Hingabe, gar die große Liebe anfühlen, blieben die Worte aus. 
    Welches ist Ihr Lieblingsgenre beim Schreiben, welches beim Lesen? Haben Sie ein absolutes Lieblingsbuch? Wenn ja, welches?
    Wenn ich schreibe, lese ich nur Fachliteratur, um bei meiner inneren Sprachmelodie zu bleiben. Fremder Stil würde mich nur ablenken. Ich finde es wichtig, auch beim Schreiben  sich  selbst treu zu bleiben. Dem Genre des Historischen Romans zu dienen, heißt für mich keinesfalls, unpersönlich zu werden. Im Gegenteil. Ich möchte meine LeserInnen, neben all der aufwendigen Recherche, so individuell wie möglich ansprechen. Aber ich lese ansonsten sehr viel, stets mehrere Bücher gleichzeitig. Als eines von vielen Lieblingsbüchern würde ich das erste nennen, das mich faszinierte: Vom Winde verweht (Margaret Mitchell), natürlich auf Englisch, als Vorbereitung aufs Englisch-Abi.
    Im Moment liegen noch immer aufgeschlagen umher: Das goldene Joch (Eileen Chang), Die Träumerin von Ostende (Eric-Emmanuel Schmitt), wieder einmal: Lieblose Legenden (Wolfgang Hildesheimer), Ein Traum von Musik (Hrgs. Elke Heidenreich), Nachkriegskinder (Sabine Bode), Der ehrliche Lügner (Rafik Schami). Nach Kate Mortons Der verborgene Garten unterhalten mich aber stets  verlässlich: Doris Dörrie und Charlotte Link. 
    Wie sind Sie aus der normalen Vollzeitberufstätigkeit zum Schreiben gekommen und war es ein schwerer Schritt in die Selbständigkeit? 
    Immer, wenn man etwas gewinnt, verliert man auch etwas anderes. Mir fiel es zunächst nicht  leicht, von einem Tag auf den anderen zu kündigen. Meine Kollegen kannten mich als engagierte Lektorin und konnten meine  Entscheidung kaum nachvollziehen. Doch für mich gab es nur diese eine konsequente Entscheidung. Ich war schwanger und wollte für mein Kind ebenso hundertprozentig da sein, wie ich es vorher für Kollegen und Chefs war. Entweder, oder. Ganz oder gar nicht. Dafür habe ich auf ein gutes Gehalt verzichtet, aber persönliche Freiheit gewonnen. Diesen Schritt habe ich nie bereut. Man sollte einfach wandlungsfähig und flexibel bleiben … ganz so wie im Roman. 😉 
    Sie sind Mitglied in der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautoren kurz DeLiA. Was bedeutet Ihnen diese Vereinigung? 
    Also, wenn ich allein an das letzte Treffen in Grassau denke: Es war wieder einmal sehr schön,  liebe KollegInnen zu sehen, sich mit ihnen über berufliche Belange auszutauschen, Kontakte zu intensivieren, neue zu knüpfen, schlichtweg: gemeinsam eine gute Zeit zu genießen.
    Jede/jeder von uns hat ihre/seine eigene Herangehensweise ans Schreiben. Schließlich soll diese Abwechslung  ja die LeserInnen möglichst vielfarbig, möglichst authentisch unterhalten. Umso spannender sind da natürlich die Begegnungen unter uns „Schreibgeistern“.
    Was erwartet Ihre Leser demnächst? Arbeiten Sie schon an einem neuen Projekt? 
    Ja, ich werde meine LeserInnen mit einem größeren Projekt überraschen, das mich schon seit langer Zeit beschäftigt. Dieses Mal geht es um ein spezielles Thema, auf das ich im Nachlass meiner Familiengeschichte stieß. Ich war sehr überrascht, auf Briefe zu stoßen, die auf ein Geheimnis hinweisen. Das Thema ließ mich nicht los, obwohl die Betroffenen längst nicht mehr leben und ich auf meine Fantasie angewiesen bin. Ich habe viele Gespräche mit Frauen geführt, die offen zu ihren klaren Gefühlen stehen und meinen Plan unterstützen, einfühlsam Stoff und Thema zu einer differenzierten Geschichte auszuarbeiten.
    Liebe Katryn, ich bedanke mich ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses ausführliche Interview und besonders für unsere schöne Begegnung in Grassau.
    Die Bücher aus der Verlosung gehen an
    Julia G.
    Bettina K.
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”

  • Interview mit Judith Merchant

    Ich selber habe eigentlich meistens einen Krimi in der Hand und ein Notizbuch in der anderen…
    Wann haben sie angefangen zu schreiben?

    Angefangen habe ich als Kind – aber dann habe ich mit 14 Jahren wieder aufgehört. Ich war eine entsetzlich kritische Leserin geworden und fand alles, was ich produzierte, total peinlich. Erst in der Schreibkrise meiner Doktorarbeit – da war ich 30 – hatte ich plötzlich wieder Lust und Mut, etwas Fiktionales zu schreiben. Ich schrieb dann meine erste Kurzgeschichte. Seitdem habe ich keinen Tag mehr ohne Schreiben verbracht!
    Wann stand für Sie fest, dass Sie Autorin werden wollen? Bei wie vielen Verlagen haben Sie Ihr Manuskript eingereicht, bevor der Knaur Verlag es verlegt hat? 
    Der Wunsch, Autorin zu werden – so „richtig“ und hauptberuflich – entstand während der Arbeit an meinem ersten Roman „Nibelungenmord“. Jeden Tag versank ich für mehrere Stunden komplett in der Geschichte, die ich mir ausgedacht hatte, und plötzlich wollte ich, dass meine Tage auch in Zukunft genau so aussehen.
    Mein Manuskript hatte ich zuerst an Agenturen geschickt – und meine Agentin, Kerstin von Dobschütz, ist dann an die Verlage herangetreten.
    Ist es schwer nach dem Erfolg des ersten Buches nun das zweite auf den Markt zu bringen? Denn man hofft ja bestimmt, dass dieses genauso ein Erfolg wird.
    An „Erfolg“ denke ich gar nicht, viel problematischer ist der Gedanke an das, was die Leser mögen. Ich versuche zwar, beim Schreiben nicht an die Lesererwartungen zu denken, aber natürlich gelingt mir das nicht immer. Als ich mit „Loreley singt nicht mehr“ begonnen habe, hatte ich gerade viele Lesungen mit „Nibelungenmord“, und die Leser haben ziemlich klar artikuliert, was ihnen gefiel und wovon sie in Zukunft mehr lesen wollten (leider waren sich die Leser dabei nicht einig ….). Ich war mir beim Schreiben also permanent bewusst, was die Leser davon vermutlich halten würden. Das hat mich teilweise blockiert. Aber jetzt ist „Loreley“ draußen und ich hoffe einfach nur, dass sie vielen Leuten gefällt! Wirklich viel Sorgen kann ich mir gerade auch gar nicht machen, denn ich schreibe ja schon am dritten Roman …
    Wer darf Ihre geschriebenen Bücher zuerst lesen, bevor diese dann zum Verlag gehen?
    Ich habe eine Erstleserin, meine Freundin Kerstin. Und meine Agentin natürlich.
    In welchen Situationen fallen Ihnen die besten Geschichten ein?
    Bei Spaziergängen! Manchmal sind es auch ganz alltägliche Situationen, denen etwas Krimimäßiges anhaftet – der Kellner bringt ein Getränk, das niemand bestellt hat, ich bekomme eine Mail, die nicht für mich bestimmt war. Da überlege ich dann immer: Was könnte daraus entstehen? Was wäre, wenn ich jemand anders wäre, eine Mörderin etwa – wie würde ich reagieren? Manchmal geht dann gleich ein ganzes Kopfkino los, manchmal passiert gar nichts.
    Wenn Sie an einem Buch schreiben, sind Sie dann gedanklich nur bei diesem einen Buch oder kommen Ihnen dann auch schon Ideen für neue Bücher? 
    Meine Ideen gehen leider wüst durcheinander – mir kommen immer Ideen zu dem, was ich gerade nicht gebrauchen kann. Ich schreib dann alles auf irgendwelche Zettel und hoffe, dass ich sie wiederfinde, wenn ich sie mal suche.
    Brauchen Sie beim Schreiben absolute Abgeschiedenheit oder reicht es, eine Tür zu schließen (beispielsweise Arbeitszimmer)? 
    Ich brauche das Gefühl, dass mich niemand stört. Am besten geht das, wenn ich allein zu Hause bin oder spät am Abend. Im Café kann ich auch gut arbeiten, das Gemurmel um mich herum finde ich sehr anregend. Als mein Sohn noch kleiner war, konnte ich auch gut neben ihm schreiben. Inzwischen fragt er mich Löcher in den Bauch, das lenkt dann doch zu sehr ab …
    Sie scheinen sich ja für ein bestimmtes Genre entschieden zu haben. Warum gerade Kriminalromane?
    In Kriminalromanen befinden sich alle Leute in Extremsituationen. Ganz gleich, ob Täter, Angehörige, Zeugen oder Verdächtige, für alle stellt der Mord eine besondere Situation dar. Das interessiert mich, weil ich der Meinung bin, dass die Leute erst in Extremsituationen ihr wahres Gesicht zeigen.
    Nach welchen Kriterien wählen Sie die Handlungsorte aus? Muss man sich das Ganze so vorstellen, dass Sie heimlich auf Erkundungstour durch die Orte gehen und in ihrem Kopf die Geschichten dazu entstehen oder kennen Sie die Gegend bereits so gut, dass dies nicht mehr notwendig ist?
    Ich wähle die Orte gar nicht bewusst aus, obwohl ich die Gegend hier natürlich gut kenne. Ich warte darauf, bis ich eine starke Idee, oft eine sehr visuelle Szene, vor Augen habe. Dann weiß ich, dass ich mit dem Schreiben anfangen kann.
    Neben den tollen Covers finde ich vor allem Ihre Buchtitel sehr ansprechend. Beide Male geht es um alte deutsche Mythen. Sind die Titel alleine von Ihnen oder sind sie ein Gemeinschaftswerk mit dem Verlag?
    Mir gefallen die Titel auch sehr gut! 😉 Diese deutschen Sagenthemen sind etwas, was mir sehr wichtig ist und ich fand die Idee gut, diese Themen auch im Titel anklingen zu lassen. Ich habe dann für den Verlag eine Liste mit möglichen Titeln erstellt. Die letzte Auswahl lag aber beim Verlag.
    Waren Sie schon immer von Sagengestalten fasziniert oder wie kam es zu dieser Verknüpfung „Geschichte, Sage & Krimi“?

    Das Interesse war immer da. Die Idee zur Verknüpfung von Sage und Krimi entstand aber dadurch, dass ich seit einigen Jahren in Königswinter wohne und hier die ganze Siegfried-Sage touristisch sehr ausgeschlachtet wird. So hatte ich die Idee, das Regionale mit dem Sagenhaften zu verbinden.
    Hat die Krimihandlung denn wirklich mit den Nibelungen und der Loreley zu tun oder handelt es sich vor allem um Handlungsorte der Romane? 
    Ich habe die Sagen als Inspiration verwendet. Im „Nibelungenmord“ habe ich die Figurenkonstellation (zwei Frauen kämpfen um Siegfried) erzählt, außerdem befasst sich eine Künstlerin mit dem Siegfried-Stoff. Dann geht es noch um die Heldenfigur und die Frage, wie sich eigentlich der Held dabei fühlt, wenn er immer Held sein muss! Insgesamt geht es also sehr viel um die Nibelungen. Bei „Loreley“ ist es etwas weniger – hier geht es natürlich um die Sage und ansonsten um die schöne Frau als Sündenbock, die angeblich die Männer bezirzt. Überhaupt geht es viel um moderne Frauenthemen – die symbolischen Klippen im Leben, an denen man scheitert. Und natürlich spielen die Orte eine Rolle, der Rhein und der Drachenfels.
    Mich würde interessieren, wie Sie die Gedanken zum Buch notieren. Machen Sie das per Hand mit Block und Stift oder eher am PC? 
    Ich mache alles per Hand! Ohne Tinte, Kuli und Papier kann ich gar nicht denken. Den Text tippe ich dann irgendwann in den PC.
    Haben Ihre Figuren Ähnlichkeit mit Ihnen? 
    Nein, ich finde nicht. Vielleicht hate jede ein, zwei Züge. Wenn es mehr wäre, würde ich das aber ändern!
    Was bringen Sie ihren Schülern in der Universität bei?

    Die Studenten lernen bei mir einiges zum Thema Spannung, Figurenaufbau, Dialoge … Wie in anderen Schreibkursen auch. Natürlich haben wir auch krimispezifische Termine – etwa Mordwaffen. Insgesamt machen wir viele praktische Schreibübungen.
    Wie ich gelesen habe sind Sie zur Schriftstellerei dadurch gekommen, dass Sie eine Schreibblockade während der Verfassung Ihrer Doktorarbeit hatten. Welches Thema hatte diese Doktorarbeit und wie sind Sie darauf gekommen, durch Schreiben an einem anderen Thema die Schreibblockade zu überwinden?
    Thema war: „Hysterie und Bildstatus bei Goethes Wahlverwandtschaften und Fontanes Cecile“. Ich kam gar nicht mehr weiter und hatte das dringende Bedürfnis, mal etwas ganz anders zu schreiben – etwas Kurzes. So schrieb ich die erste Kurzgeschichte. Dass es gleich zwei Leichen gab, war nicht geplant.
    Wird Ihre Doktorarbeit irgendwann beendet werden, oder ist der Titel nicht mehr wichtig? 
    Ich habe einfach keine Zeit mehr dafür. Ich würde mindestens zwei Jahre brauchen, das bedeutet, ich müsste zwei Jahre auf das Krimischreiben verzichten – und das ist gerade undenkbar!
    Ich selbst bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem man keine Bücher las, oder nur selten. Dennoch habe ich schon immer gerne und viel gelesen. Bei uns liest die ganze Familie gerne, mein Mann und ich und unsere Kinder. Wie ist das bei Ihnen? Stammen Sie aus einem eher belesenen Haushalt und wie ist das Leseverhalten bei Ihnen zuhause? 
    Bei uns zu Hause wurde immer viel gelesen. Meine Eltern hatten ständig ein Buch oder eine Zeitung in der Hand, ob morgens beim Frühstück, in der Mittagspause oder abends. Insofern war Dauerlesen für mich ganz normal. Jetzt ist es etwas anders – mein Mann liest nicht so viel. Mein Sohn lernt gerade noch lesen, ich bin mal gespannt, wie sich das bei ihm entwickelt! Ich selber habe eigentlich meistens einen Krimi in der Hand und ein Notizbuch in der anderen.
    Welche Frage hätten Sie gern in diesem Interview beantwortet, wurde Ihnen aber nicht gestellt? 
    Oh, ich habe nichts vermisst – vielleicht die Frage nach dem Lieblingsbuch? Das gibt es aber nicht, dafür sind es zu viele. Gerade lese ich das Neue von Tana French – „Schattenstill“.
    Liebe Judith, ich bedanke mich ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses ausführliche Interview und die tolle Lesung am Mittwoch.
    Die Bücher aus der Verlosung gehen an
    Petra B.
    Claudia E.
    Mechthild H.
    Heidrun B.
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”
    (Copyright der Fotos © Ricarda Ohligschläger)

  • Interview mit Julie Peters

    Ihr Lieben,
    eigentlich würde hier jetzt das Interview mit Julie Peters folgen, was aber noch in Arbeit ist (meine Schuld!).
    Da ich euch aber nicht länger auf die Folter spannen möchte, gibt es heute bereits die Gewinnerverkündung 🙂
    Die Bücher aus der Verlosung gehen an
    Carola Sch.
    Judith D.
    Jasmin F.
    Herzlichen Glückwunsch!
    Das Interview folgt in den nächsten Tagen.
     
     
     
     

  • Interview mit Janne Mommsen

    Ich schreibe einfach so, wie ich es gerne selber lesen würde und kann dann nur hoffen …
    Ihr neuer Roman „Oma dreht auf“ beinhaltet das Thema Alzheimer. Haben Sie im Familienkreis persönliche Erfahrungen mit dieser Krankheit machen müssen?
    Im Familienkreis nicht, aber bei einer Bekannten. Das Teuflische an der Krankheit ist u.a., dass sie anfangs nicht kontinuierlich verläuft. Das heißt, mal hast du die vertraute Freundin vor dir, die vollkommen selbständig ist, mal eine Fremde, die nicht mehr durchsteigt, das aber nicht einsehen will. Tragische Momente liegen dicht neben saukomischen. Der fortgeschrittene Verlauf ist allerdings in jedem Fall bitter. Ich habe größten Respekt vor allen Menschen, die sich – privat oder beruflich – bemühen, den Erkrankten bei der Pflege möglichst viel Würde zu lassen.
    Nach „Ein Strandkorb für Oma“, „Oma ihr klein Häuschen“ und dem oben erwähnten Titel, liegt mir eine ganz besondere Frage auf dem Herzen: Was bedeutet für Sie persönlich das Wort „Oma“?
    Oma ist für mich: Herzliche Umarmungen, zusammen Kichern, stete Großzügigkeit, arko-Pralinen, 4711 Kölnisch Wasser, Erzählungen vom Schlittschuhlaufen auf dem Rhein, Fasching in Vorpommern und Kohle klauen in der Nachkriegszeit, und Volksmusik in Heavy-Metal-Lautstärke.
    Schreiben Sie Ihre Bücher auch am Meer oder haben Sie einen besonderen Platz an dem Sie sich die Inspirationen holen?
    Es ist ein stetiges Wechselspiel: ich lasse das Meer und die Insel Föhr am Schreibtisch in meiner Phantasie entstehen. Dann fahre ich nach Föhr, überprüfe dort den Text und sammle neue Eindrücke, die zusätzlich mit einfließen.
    In vielen Kurzbeschreibungen von Autoren lese ich, dass viele vorher völlig normalen Berufen nachgegangen sind, bevor sie mit dem Schreiben angefangen haben. Wie kommt man darauf, auf einmal ein Buch zu schreiben? Oder war dies schon immer ein Lebenswunsch von Ihnen. Es ist ja nun auch leider nicht so einfach, dass ein Buch von einem Verlag angenommen wird.
    Tatsächlich bin ich von Beruf Musiker (Klavier, Gesang, Komposition), was mir auch sehr viel Spaß gemacht hat. Aber daneben war der Traum vom Schreiben immer da. Angefangen habe ich mit Kurzhörspielen, dann kamen Drehbücher. Auch der Film war erst nur ein Traum. Ich habe in dem Bereich nie eine Ausbildung gemacht, sondern die Filme einfach so konzipiert, wie ich sie gerne sehen würde. Die ersten Jahre kam ich nicht zum Zuge, weil alle meinten, ich hätte ja noch nie etwas gemacht. Ich bin trotzdem immer wieder gekommen. Irgendwann hat sich meine Hartnäckigkeit ausgezahlt und ich bekam meine erste Chance: inzwischen sind es an die 20 Filme und Serienfolgen geworden (und es werden noch mehr!). Aber beim Fernsehen reden unglaublich viele Leute mit in den Stoff hinein. Das erlebe ich bei Verlagen nicht. Die finden ein Projekt entweder gut und machen es, oder sie lassen es sein. Bei meinen Romanen bin ich Regisseur, Kameramann und Ausstatter, ich besetze alle Darsteller bis zur kleinsten Nebenfigur. Diese Freiheit genieße ich sehr! Und was die weitere Buchplanung und Verträge anbelangt, habe ich einen klugen Agenten, Dirk R. Meynecke, der mich sehr hervorragend berät.
    Gibt es für die Hauptperson in den Büchern (die Oma) ein reales Vorbild?
    Vorbild für Oma Imke war zum Teil meine ehemalige Vermieterin Thea Schipper in Oldenburg. Sie wohnte in einer alten Villa mit zwei Türmen und ist mit über 80 noch mit mir auf Studentenfeten gegangen. Thea hat mit 56 geheiratet und sich mit 58 scheiden lassen, in ihrer Wohnung brüteten Vögel und sie nahm mit Hilfe von Gläserrücken Kontakt zu Verstorbenen auf. Fast überflüssig sagen, dass wir eine Menge Spaß zusammen hatten. Sogar auf ihrem Sterbebett konnte sie dem Tod noch mit Humor begegnen. So weit möchte ich mal kommen!
    Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
    Ich habe schon als Kind gerne gelesen und Geschichten gehört. Ich bin in einem Mehrgenerationen-Haushalt aufgewachsen, in dem viel aus verschiedenen Epochen erzählt wurde. Und ich habe immer gerne geschrieben. Davon zu leben war ein riesengroßer Traum von mir, der aber vollkommen unmöglich erschien. Trotzdem, ich weiß selbst nicht warum, habe ich diese Idee ernsthaft und kontinuierlich verfolgt (meine Eltern waren hoch besorgt, wie man sich vorstellen kann). Ich schreibe einfach so, wie ich es gerne selber lesen würde und kann dann nur hoffen …
    Wird es in absehbarer Zeit eine „OMA“ – Geschenkbox geben, mit allen Romanen der Serie?
    Gute Idee, werde ich an den Verlag weiter geben! Im Augenblick sitze ich an der vierten Folge, Arbeitstitel: „Oma tanzt im Erdbeerparadies“. Das Buch wird im Mai 2013 erscheinen. Nur so viel sei verraten: im Mittelpunkt steht eine legendäre Musikkneipe auf Föhr, das „Erdbeerparadies“ (heißt wirklich so!), und es wird ein Wiedersehen mit Jade aus „Ein Strandkorb für Oma“ geben.
    Mich würde interessieren, wie das Coverbild des Buches ausgesucht wurde, bzw. von wem es gezeichnet wurde und ob das Coverbild den Vorstellungen des Autors so entspricht, wie es sich der Autor vorgestellt hat?
    Die Umschläge bekomme ich vom Verlag vorgelegt, der Illustrator der Föhr-Bücher heißt Niko Reitze de la Maza. Bei „Ein Strandkorb für Oma“ habe ich mir einen Strandkorb im Wasser gewünscht, wie im Buch, sonst kommen die Vorschläge vom Illustrator. Im Detail werden sie dann von Lektorat, Vertrieb und Autor diskutiert und im Detail verändert. Ich mag die Covergestaltung sehr!
    Jeder Mensch hat ja einen Tick, eine Marotte. Welche ist Ihre?
    Privat bin ich nicht besonders ordentlich (vgl. mein Schreibtischbild auf Ricardas Blog), aber ich bin extrem pünktlich! Allein bei Naturkatastrophen und U-Bahnausfällen kann es vorkommen, dass ich mich verspäte. Meistens kalkuliere ich aber selbst diese mit ein und gehe so früh los, dass ich es auf jeden Fall zur vereinbarten Zeit schaffe!
    Was machen Sie eigentlich an Vatertag?
    Da mache ich dieses Jahr etwas Besonderes: ich bereite auf Föhr eine Radtour mit Leserinnen und Lesern zu den Schauplätzen meiner Romane vor, die am nächsten Tag stattfindet. Ein NDR-Fernsehteam wird dabei sein, den Link zur Sendung gebe ich gerne weiter.
    Was sind Ihre Lieblingsbücher?
    Da kann und mag ich mich gar nicht festlegen, das hängt sehr von der jeweiligen Stimmung ab und wechselt häufig. Was immer geht: John Irving „Hotel New Hampshire”, Hans Fallada “Der Alpdruck“, Jack Kerouac “One the Road”.
    Welche Frage hätten Sie in diesem Interview gerne beantwortet, wurde Ihnen aber nicht gestellt?
    Wie wichtig ist das Ambiente ihres Arbeitszimmers für ihre Geschichten? – Antwort: Vollkommen unwichtig! Der Schreibtisch ist für mich nur lediglich für ein, zwei Sekunden der Abflugsort für die Phantasiereisen in meinem Kopf. Ich hätte jeden Text genauso gut mit dem Laptop auf einem Klodeckel schreiben können (ist bloß extrem unbequem, und auch sonst …).
    Lieber Janne Mommsen, ich danke ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses ausführliche Interview und wünsche Ihnen heute einen zauberhaften Vatertag mit dem NDR!
    Die Bücher aus der Verlosung gehen an
    Rebecca R.
    Marie Sch.
    Maren E.
    Herzlichen Glückwunsch!
    Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”
    Copyright Autorenfoto privat / Copyright Buchcover „Oma dreht auf“ www.rowohlt.de / Coverfotos © Ricarda Ohligschläger)