Kategorie: Rezensionen Krimis/Thriller

  • Daniel Holbe – Giftspur

    Ulf Reitmeyer, Leiter eines großen Biobetriebes in der Wetterau, bricht auf offener Straße zusammen. Zunächst deutet alles auf plötzlichen Herzstillstand hin. Doch dann taucht eine zweite Leiche auf – ausgerechnet ein Mitarbeiter Reitmeyers. Höchste Zeit, Rechtsmedizin und Kripo einzuschalten. Kommissarin Sabine Kaufmann, die sich erst vor kurzem vom Frankfurter K11 in die hessische Provinz versetzen ließ, übernimmt den mehr als merkwürdigen Fall. Und wird nicht nur mit einem perfiden Täter, sondern auch mit dem feindseligen Kollegen Angersbach konfrontiert.

    Sabine Kaufmann ermittelte zuvor für Julia Durant,
    die Kultkommissarin des verstorbenen Bestsellerautors Andreas Franz.
    (Kurzbeschreibung laut www.droemer-knaur.de)

    Ich bin wohl eine von denen, die sich bisher immer dagegen gewehrt haben Daniel Holbe zu lesen. Zum einen, weil ich Andreas Franz Bücher immer sehr gerne gelesen habe und ihn als Person auch sehr schätz(t)e. Zum anderen war ich bisher skeptisch, ob ein Autor wirklich einen anderen ersetzen kann.

    GIFTSPUR“ habe ich gewählt, weil man direkt in eine neue Reihe einsteigen kann ohne viele Vorkenntnisse haben zu müssen. Ich liebe es zwar Serien zu lesen, aber ich hätte ehrlich gesagt in diesem Falle einiges aufholen müssen!

    Der Auftakt zu der neuen Reihe ist Holbe mit minimalen Einschränkungen durchweg gelungen. Die Idee Sabine Kaufmann als Kommissarin zu einer der Hauptfiguren zu machen ist gut durchdacht und spricht an.
    Seinen Figuren haucht Holbe Schatten der Vergangenheit ein, die nach und nach ans Licht kommen und die perfekte Fassade bröckelt allmählich aber spannungsgeladen ab. So entpuppen sich der allglatte Geschäftsmann beispielsweise zu einem geldgierigen Milchpanscher und die brave Ehefrau zu einer untreuen Seele.
    Perspektivische Sprünge sorgen für reichlich Abwechslung und lassen dem Leser genug Raum für eigene Spekulationen.
    Sprachlich sehr nah an seinem großen Vorbild gelingt es Daniel Holbe sehr glaubhaft Motiv und Gedanken des Täters nachzuvollziehen.
    Insgesamt hat mich Daniel Holbe mit „GIFTSPUR“ überzeugt und ich freue mich auf mehr von diesem vielversprechenden Autor. Einzig die Spannung blieb meiner Meinung nach stellenweise ein wenig auf der Strecke.
    © Ricarda Ohligschläger

  • Zoë Beck – Brixton Hill

    Wir finden dich. Halte dich bereit!
    London, in einem der Luxushochhäuser von Canary Wharf: Erst fällt die Klimaanlage aus, dann der Strom. Sämtliche Ausgänge sind verriegelt, und Rauch strömt aus den Belüftungsschächten. Em muss hilflos zusehen, wie ihre Freundin im 15. Stock panisch ein Fenster zertrümmert und hinausspringt. Kurz darauf wird Em verhaftet. Sie soll sich in die Computer des Gebäudes gehackt und die Freundin dadurch in den Tod getrieben haben. Jemand spielt ein falsches Spiel. Und macht Jagd auf Em …
    (Kurzbeschreibung laut amazon)
    Klick zur Leseprobe bei Heyne
    Ich liebe Thriller die mich von Anfang an nicht loslassen und gleichzeitig viele Fragen aufwerfen, denn ich mag es mindestens genauso sehr in meinem Kopf mögliche Schuldige zu analysieren und Zusammenhänge zu erkennen.
    Bei „Brixton Hill“ ist mir das jedoch nicht gelungen, da die Story so intelligent aufgebaut ist, dass ich alle paar Kapitel neue Verdächtige auf meiner imaginären Liste hatte.
    Die vielschichtigen Charaktere sind meiner Meinung nach nämlich so angelegt, dass sie einerseits mysteriös und geheimnisvoll wirken, und gleichzeitig machen sie sich durch kleine Details verdächtig. Geld und Stalking spielt hierbei eine große Rolle. Der zweite Punkt löst beim Lesen Ängste aus, die nicht nur einmal für Gänsehautkribbeln sorgen.
    Zudem punktet der Thriller so meisterhaft mit Spannung, dass ich irgendwann nur noch durch die einzelnen Seiten gehechtet bin. Zoë Beck gelingt es zweifellos diese Spannung auf einem sehr hohen Niveau zu halten und überrascht mit einem fulminanten Finale.
    Fazit: Intelligent konstruierte Thrillerunterhaltung von einer Autorin die ohne Zweifel ihr Handwerk versteht!
    © Ricarda Ohligschläger

  • Andreas Winkelmann – Der Gesang des Blutes

    Es ist im Keller. Und bald kommt es herauf. Die eigenen vier Wände auf dem Land: für Kristin und Tom geht ein Traum in Erfüllung. Doch die junge Mutter beschleicht von Anfang an ein ungutes Gefühl. Das alte Haus ist ihr unheimlich. Als Tom kurz nach dem Einzug überraschend stirbt, werden Kristins Ängste von Tag zu Tag schlimmer. Sie hört Stimmen, und nachts träumt sie von einer Gestalt, über die man im Dorf spricht: von einem Scherenschleifer, der hier vor langer Zeit eine Frau getötet haben soll. Kristin glaubt, langsam verrückt zu werden. Die Dorfbewohner raten ihr, das neue Heim so schnell wie möglich zu verlassen. Sie entschließt sich, zu bleiben …
    (Kurzbeschreibung laut amazon)
    „Der Gesang des Blutes“ ist eine Neuauflage des 2007 erschienenen „Der Gesang des Scherenschleifers“. Da ich dieses nicht kannte, konnte ich mich vollends in ein weiteres spannendes Leseabenteuer stürzen – dachte ich.
    Denn es ist das erste Buch von Andreas Winkelmann was mich eben nicht total begeistert. Es hat zwar etliche Gänsehautmomente, aber irgendwie verlor ich beim Lesen immer wieder den roten Faden und fragte mich worum es nun eigentlich geht, denn die zwei Handlungsstränge waren für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.
    Eine junge Familie zieht in ein Haus, in dem vor Jahren etwas Schreckliches geschah. Hierbei spielt Winkelmann gekonnt mit Urängsten und beweist, dass er fesselnde Thriller schreiben kann! Und ich hatte mehrmals eine fette Gänsehaut.
    Aber auf der anderen Seite geht es sehr brutal zu, denn es wird ein Banküberfall belichtet, der eine tragische Rolle spielen wird.
    Schlussendlich fließt auch alles irgendwann zusammen, aber für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Wie kann ich beschreiben was ich empfinde? Das Buch ist nicht schlecht – keinesfalls! Aber es sind zu viele Elemente drin, die mich schlichtweg verwirrt haben.
    Fazit: Ein bisschen zu viel Fantasie, Verwirrspiel und ein Finale was wie erzwungen wirkt.
    © Ricarda Ohligschläger
     

  • Simon Lelic – Das Kind, das tötet

    Ein bisher eher durchschnittlicher Anwalt im kleinen Städtchen Exeter – das ist Leo Curtis. Bis zu dem Tag als er eher durch Zufall Pflichtverteidiger in einem besonders brisanten Fall wird:
    Leo soll den zwölfjährigen Daniel Blake verteidigen, der die elfjährige Felicity Forbes auf brutale Art ermordert hat. Trotz der Brisanz des Falls und gegen jeden Widerstand, den Leo auch von seiner Familie erfährt nimmt er den Fall an und gerät so in eine Spirale, die sein bisheriges Leben total auf den Kopf stellen wird.
    Dieser Roman von Simon Lelic lässt mich ein bisschen unbefriedigt zurück. Natürlich ist das Thema brisant und alleine schon der Titel „Das Kind, das tötet“ ist ein Eyecatcher, aber mich konnte er insgesamt  nicht mitreißen. Vielleicht habe ich etwas anderes erwartet und versuche daher meine Bewertung für dieses Buch objektiv anzugehen.
    Lelic befasst sich mehr mit dem Hintergrund und nicht mit der Tat an sich. Er fokussiert mehr und mehr die Familientragödie, die sich durch die Verteidigung für Leo Curtis entwickelt.
    Auf der anderen Seite stellt er Daniel Blake als eine Art Opfer dar, was ich mich beim Lesen immer wieder zwischen Wut und Mitleid schwanken ließ. Sehr gekonnt spielt Lelic hier mit den Emotionen des Lesers!
    Insgesamt fand ich den Schreibstil jedoch dermaßen zäh zu lesen, dass ich mich nur durch meine Neugier zum Weiterlesen motivieren konnte. Schließlich wollte ich schon gerne wissen, wie es letzten Endes ausgeht.
    Das wiederum überraschte mich dann doch dermaßen, dass ich das Buch jeder Zeit weiterempfehlen würde.
    Mein Fazit: Ein brisantes Thema, welches leider durch die etwas unbelebten Protagonisten und den zähen Schreibstil etwas an Faszination verliert.
    © Ricarda Ohligschläger
     

  • Sabine Kornbichler – Das Verstummen der Krähe

    Das Verstummen der Krähe“ ist der Kriminalroman auf den ich in diesem Sommer ganz besonders gewartet habe, denn Sabine Kornbichler zählt für mich zu den besten Krimiautorinnen Deutschlands.
    Wie schön, dann auch noch den ersten Band einer neuen Serie in den Händen zu halten und zu wissen, dass man sich als Leser auf noch mehr spannende Stunden freuen kann!
    Kornbichlers Serienfigur heißt Kristina Mahlo, die sich selbst als Anwältin der Toten sieht und sich mit viel Engagement um deren Hinterlassenschaften und letzte Wünsche kümmert.
    So auch in ihrem aktuellen Fall, in dem es sich um das Erbe der kürzlich verstorbenen Theresa Lenhardt aus Obermenzing dreht. Die Tote hinterlässt nicht nur ein beachtliches Vermögen in Form von Wertpapieren, sondern auch Miets- und Wochenendhaus in bester Lage. Das Erbe soll in fünf gleichen Teilen unter denen im Testament genannten Personen aufgeteilt werden. Lässt sich jedoch der Verdacht der Beteiligung an der Ermordung von Konstantin Lischka nicht ausräumen, fällt das Erbe an die anderen oder – im schlimmsten Falle für alle Erben – an den Tierschutzverein.
    Für die Ermordung von Konstantin Lischka wurde einst Fritz Lenhardt verurteilt – und brachte sich kurze Zeit später im Gefängnis um.
    Kristina Mahlo überlegt zuerst, ob sie den Fall annehmen soll, doch dann stößt sie auf eine Verbindung zu ihrem vor Jahren verschwundenen Bruder.
    Kornbichlers Plot ist so außergewöhnlich konstruiert, dass die Spannung zuweilen kaum zu ertragen ist und ich mich mehrmals gefragt habe, wie man als Autorin die vielen Fäden sortiert und zu einem so fesselnden Roman verarbeitet bekommt.
    Ihre Figuren sind vielschichtig, zuweilen undurchsichtig und durch die Bildhaftigkeit des Schreibstils sehr authentisch und plastisch. Neue Erkenntnisse Mahlos entwickeln sich zum Vorteil der Spannung und lösen einen Sog aus, dem man sich nicht entziehen kann. Die Angst, dass diese Wendungen den Lesefluss stören, oder gar den Spannungsfaden kurzzeitig verlieren lassen, kann ich interessierten Lesern direkt nehmen.
    Dass ich dieses Buch an einem Stück gelesen habe, ist dabei fast überflüssig zu erwähnen. Sämtliche Vermutungen über den Ausgang der Handlung werden jedoch zum Ende hin in einem beeindruckenden Finale erstickt.
    Mir ist es ein Rätsel wie Sabine Kornbichler es obendrein noch geschafft hat Selbstmord, Familientragödien, Dreiecksbeziehungen und Erpressung mit in ihre Handlung einzubauen ohne, dass die Handlung zu konstruiert wirkt.
    Mir bleibt schlussendlich nichts anderes übrig als mich vor diesem Schreibtalent zu verneigen, denn mich hat „Das Verstummen der Krähe“ auf ganzer Linie überzeugt und ich freue mich jetzt bereits auf ein Wiedersehen mit Kristina Mahlo.
    © Ricarda Ohligschläger