Betrogen bin ich zum Glück noch nicht worden, zumindest weiß ich nichts davon…
Beruht die Story zu „Das Leben drehen“ auf einer Ihnen bekannten „wahren“ Geschichte?
Nein, die Geschichte um Amelie und Marlene entstammt ausschließlich meiner Phantasie. Allerdings setzt sie sich auch aus Erfahrungen zusammen, die wir vermutlich alle einmal machen, in der Familie, bei Freunden. Was mich jedoch vor allem inspiriert hat, war die Beobachtung, dass so viele, zu viele, Menschen schon im Leben erstarrt, um nicht zu sagen „tot“ zu sein scheinen. Andere wiederum sind trotz eines schweren Schicksalschlags sehr lebendig, weil sie begriffen haben, was Leben ist. Der Strich auf dem Grabstein zwischen dem Geburts- und dem Sterbedatum, aus dem jeder von uns wirklich das Allerbeste herausholen sollte.
Waren Sie selbst schon einmal in der Situation einen sterbenden Menschen begleiten zu müssen oder begleiten zu wollen und/oder vielleicht in der Situation den Mann oder geliebten Partner teilen zu müssen? Falls ja, wie war das für Sie?
Ja, mit dem Sterben und dem Tod bin ich, wie gesagt, sowohl in der Familie als auch im Freundeskreis konfrontiert worden, und ich habe auch schon eine Sterbende begleitet. Abschied nehmen ist immer schwer, aber es hat mir auch bewusst gemacht wie kostbar das Leben ist. Ich bin freier geworden, unterwerfe mich weniger gesellschaftlichen Regeln – wenn sie mir unsinnig erscheinen. Für mich ist es wichtig das Leben nicht zu kontrollieren, sondern wir sollten es einfach nur leben und weniger Angst vor dem Unbekannten haben. Einfach alles einmal ausprobieren, Herausforderungen annehmen. Betrogen bin ich zum Glück noch nicht worden, zumindest weiß ich nichts davon…
Wollten Sie schon immer Autorin werden?
Ja, vor allem, weil ich mit Büchern aufgewachsen bin. Mein Vater war Buchhändler, meine Mutter ist Schriftstellerin – sie hat unter anderem Jerry Cotton geschrieben. Heute arbeitet sie vor allem als literarische Übersetzerin, und auch meine Großmutter hat schon Heimatromane veröffentlicht. Im Grunde ist mir das Schreiben in die Wiege gelegt worden. Ich habe sehr früh mit Kurzgeschichten begonnen, habe dann einen Ausflug in die Werbung als Werbetexterin gemacht, mich als Journalistin erprobt und bin dann quasi von einem Produzenten für das Drehbuch entdeckt worden. Das Romanschreiben allerdings war schon immer mein großer Traum, der jetzt in Erfüllung geht.
Wie fühlt man sich als Autorin, wenn man für eines der selbstgeschriebenen Werke einen Preis erhält?
Sie spielen auf meinen Film „Enthüllung einer Ehe“, an, vermute ich. Die Geschichte eines Transsexuellen, der eigentlich glücklich verheiratet ist, nette Kinder hat und einen guten Job als Lehrer und dennoch nicht anders kann, als seinen Weg zu gehen. Es war aufregend und mit viel Lampenfieber verbunden, vor allem, als ich den Preis überreicht bekam. Natürlich war ich auch froh und erleichtert ein so schweres Thema offensichtlich ganz gut erzählt zu haben. Denn wenn man als Autorin so ein Thema aufgreift, hat man auch eine große Verantwortung gegen die Menschen, die es betrifft, in diesem Fall Verantwortung für die transsexuellen Mitmenschen.
Gibt es Orte, Umstände oder Zeiten, die auf Sie besonders inspirierend wirken und in denen Ihnen das Schreiben besonders leicht fällt?
Ich bilde mir immer ein, es wäre ein kleines Häuschen am Meer, in wunderbarer Abgeschiedenheit. Die Wahrheit allerdings ist, ich schreibe inmitten einer Familie, die immer irgend etwas von mir will. Und es funktioniert… meistens.
Und was machen Sie, wenn Sie mal eine Auszeit vom Schreiben brauchen?
Für eine kurze Auszeit ist mein Hündchen zuständig. Lange Spaziergänge helfen mir enorm, Treffen mit Freunden, etwas mit der Familie unternehmen oder auch Sport. Sonst reise ich gern – leider immer zu wenig – ich brauche ständig Gehirnfutter, muss was Neues sehen und erleben. Wenn ich nicht verreisen kann, suche ich mir die Inspiration in meiner Umgebung. Dabei erhole ich mich sehr.
Manchmal lesen Autoren ja gerne Bücher aus vollkommen anderen Genres als sie selbst schreiben. Welches ist ihr Lieblingsgenre? Und welches sind Ihre Lieblingsautoren?
Ganz eindeutig der Krimi. Psychothriller sind meine Leidenschaft, da liebe ich sowohl die Amerikaner als auch die Engländer. Natürlich habe ich jetzt auch die nordischen Krimiautoren entdeckt. Ruth Rendell mag ich sehr, Ann Granger, allerdings vor allem die Krimis, die noch meine Mutter übersetzt hat. Danach war ich nicht immer mit der Übersetzung einverstanden. Andrea Camillieri liebe ich, weil er Italien mit allen Sinnen beschreibt und und und…
Ist ein neues Buch schon in Arbeit? Und können Sie darüber schon etwas verraten?
Ja, das ist es. Aber ich möchte noch nichts verraten, da bin ich abergläubisch. Nur so viel, es behandelt wieder ein Frauenthema und diesmal geht es um Schuld, und dass wir alle unschuldig schuldig werden können, weil wir in einem einzigen Moment etwas Bestimmtes tun, und nicht das andere, das wir auch hätten tun können.
Abschließend noch die Frage. Interessieren Sie sich für Fußball und wenn ja?: Für wen fiebern Sie in der EM?
Ich interessiere mich sehr für Fußball und habe natürlich mit unseren Jungs gezittert. Am Ende war ich für Italien. Beides hat leider nicht geklappt.
Liebe Nicole Walter, ich bedanke mich ganz herzlich – auch im Namen meiner Blogleser – für dieses Interview und wünsche Ihnen alles Gute für weitere Projekte.
Die Bücher aus der Verlosung gehen an
Iris G.
Joliesblog
Heike P.
Tanja D.
Sybille S.
Franziska H.
Herzlichen Glückwunsch!
Die Interviewfragen stammen aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten”
(Copyright Autorenfoto: ©True-Storys by Photographyml )
2 thoughts on “Interview mit Nicole Walter”
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Das ist wieder einmal ein wirklich gelungenes Interview. Schön, dass ein Teil meiner Fragen eingeflossen ist und große Freude, denn ich habe mich unter den Gewinnerinnen wiedergefunden. DANKE!!
Interessant und gern gelsesen…
LG
Maccabros