Am Anfang war da aber nicht mehr als „schreib irgendwas über ein fieses Computerspiel“
Wie sind Sie auf die Idee zu „Erebos“ gekommen?
Wie die allererste Grundidee entstanden ist, weiß ich nicht mehr – nur dass es sie schon ziemlich lange gegeben hat, bevor ich beschlossen habe, sie in einen Text umzusetzen. Am Anfang war da aber nicht mehr als „schreib irgendwas über ein fieses Computerspiel“. Der Rest, das ganze Drumherum, ist erst nach und nach dazugekommen. Und dabei hat mich dann besonders fasziniert, dass ich einen Weltenwechselroman schreiben konnte, ohne mich dabei in der Fantasy zu bewegen. Was nicht heißt, dass ich Fantasy nicht mag, im Gegenteil 🙂
Gab es einen bestimmten Grund, weshalb Sie ein Buch schreiben wollten, das die reale Welt mit der des Online-Computerspiels vereint? Möchten Sie damit etwas aussagen?
Ich glaube, die reale Welt ist schon längst mit der im und am Computer verschmolzen. Wir pflegen viele unserer Freundschaften über das Netz, informieren uns dort, kaufen dort ein – alles sehr reale Dinge. Das Spiel dreht diese Mechanismen eigentlich um: Es geht vom Computer weg und dringt ins reale Leben seiner Spieler ein, wenn sie es zulassen. Das fand ich als Gedankenspiel sehr spannend.
Haben Sie selbst spielende Kinder bzw. in der Familie? Oder brachte Sie der ganze Rummel bez. Computerspiele machen gewalttätig etc. dazu?
Ich habe einen Sohn, der gerne am Computer spielt, allerdings keine MMORPGs. Aber die Faszination, die ein gut gemachtes Spiel ausüben kann, finde ich sehr nachvollziehbar. Es ist eben wie das Versinken in einer anderen Welt, der Wechsel in eine andere Person – einerseits sehr spannend und voller Gefahren (für die Spielfigur), andererseits völlig sicher, denn dem Spieler selbst kann ja nichts passieren. Wobei der letzte Punkt bei „Erebos“ nicht zutrifft :-).
Spielen Sie selbst auch solche Computer-Spiele? Wenn ja, vergessen Sie dabei auch alles um sich herum? Wenn nein, gibt es sonst irgendetwas, das Sie auf diese Weise fesseln kann?
Ich habe mal „Diablo“ gespielt und fand es witzig, bin aber nie süchtig geworden. Während des Spielens hat es mir immer Spaß gemacht, doch danach hatte ich das Problem, dass ich, sobald der Computer abgeschaltet war, das Gefühl hatte, unheimlich viel Zeit für nichts verschwendet zu haben. Ich spiele heute ganz gern Minispiele wie Minesweeper oder Mah Jongg. Richtig die Zeit vergessen – das passiert mir aber viel eher beim Lesen. Beim Schreiben auch, wenn es richtig gut läuft.
Können Sie sich vorstellen, dass sich im Rahmen eines online Videospieles tatsächlich unter den Mitspielern so ein Hass aufbaut, dass sie sich gegenseitig umbringen oder etwas anderes antun?
Ich kann mir vorstellen, dass es manchen Spielern so gehen könnte, wenn sie gerade in einer labilen Phase stecken und das Spiel ähnlich gestrickt ist wie „Erebos“. Ich glaube aber nicht, dass Computerspiele per se Gewalt und Aggression erzeugen.
Haben Sie persönlich ein schlechtes Gefühl, wenn Sie am PC arbeiten und manchmal die Angst beobachtet oder ausspioniert zu werden?
Nein 🙂 Obwohl ich mich manchmal frage, was facebook alles über mich weiß …
Welche anderen Themen reizen Sie noch für ein weiteres Jugendbuch?
Oh, schwierige Frage. Mein nächstes Jugendbuch ist ja schon fertig geschrieben und das Thema ist diesmal ein ganz anderes – keine Computer, keine Technik. Im wortwörtlichen Sinn. Was danach kommen wird, überlege ich gerade …
Um die Frage ein bisschen anders zu beantworten: Im Prinzip reizen mich Geschichten, die ein paar Mal um die Ecke gehen. Die immer dann, wenn man denkt, man weiß jetzt, worauf es hinauslaufen soll, einen Schlenker machen.
Ich würde gerne wissen, wie es für Sie war plötzlich das Genre zu wechseln? War die Umstellung sehr schwierig und war es eine Herausforderung das Buch zu schreiben oder kam die Geschichte sehr schnell zu Ihnen?
Nein, ich fand es nicht schwierig, vor allem, weil ich schon davor ein Jugendbuch geschrieben hatte, das allerdings bis auf Weiteres in der Schublade schlummert. Und wie du richtig sagst, die Geschichte kam sehr schnell zu mir. Nachdem ich mich einmal entschlossen hatte, sie zu schreiben, machte sie mir kaum noch Probleme.
Wie recherchieren Sie für Ihre Bücher bzw. wie kommen Sie auf die Ideen für Ihre Bücher?
Die Ideen sind manchmal fast von selbst da: ein plötzliches Bild im Kopf, eine Zeile in der Zeitung, die man liest und in eine neue Richtung weiterspinnt, ein Gespräch mit Freunden … Ideen sind praktisch allgegenwärtig. Als Autor hat man aber so etwas wie einen „Schwammmodus“, soll heißen, man saugt diese Dinge ein, notiert sie idealerweise und sieht sich dann an, ob man nicht etwas daraus machen könnte.
Recherche ist wieder ein anderes Paar Schuhe – da geht es dann um harte Fakten. Heute ist das Internet eine große Hilfe für „allgemeinere“ Fragen. Braucht man Expertenwissen, ist es trotzdem am besten, man wendet sich direkt an Experten 🙂
Wird es von Ihnen weitere Bücher dieser Art geben, evt. sogar eine Fortsetzung von EREBOS?
Eine Fortsetzung von „Erebos“ würde ich für einen ziemlich großen Fehler halten, sorry. Es ist ja so: Wir wissen jetzt, welchen Zweck das Spiel hatte, welche Hintergrundgeschichte. Worin könnte also das Spannende eines neuen „Erebos“-Plots bestehen, das Geheimnis? Ich fürchte, eine Fortsetzung würde im besten Fall ein lauwarmer Aufguss werden. (Ja, ich finde es auch ein bisschen schade, weil ich mich schon so an die Figuren gewöhnt hatte und sie wirklich gern mochte …)
Aber „Bücher dieser Art“ wird es wieder geben, wenn du damit meine Art Jugendbücher zu schreiben meinst 🙂
Haben sie ein Vorbild bzw. Welche Autoren oder Bücher haben Sie für Ihre Tätigkeit nachhaltig beeinflusst?
Wieder so eine schwere Frage 🙂 Ich habe immer schon sehr viel gelesen, und all das hat mich sicher auf die eine oder andere Art beeinflusst. Wenn ich einige Bücher herausnehmen sollte, die mich auf die „Boh – will ich auch können-Art“ beeinflusst haben, dann nenne ich jetzt erst mal ein paar alte: „Der Herr der Ringe“ (Komplexität), „Der Graf von Monte Cristo“ (Konsequenz und Spannung), „Rebecca“ (perfekter Twist). Die habe ich alle im Alter zwischen zwölf und fünfzehn Jahren gelesen. Später dann kamen „Fräulein Smillas Gespür für Schnee (großartige Figurenzeichnung), „Harry Potter“ (die besten falschen Fährten aller Zeiten, Humor und die Erkenntnis, man darf auch komplizierte Storys für Jugendliche schreiben, hurra!). Nachdem die Liste jetzt schon recht lang ist höre ich besser auf – es gab aber auch noch einen Haufen Bücher, vor denen ich schon ihrer tollen Sprache wegen knie, und deren Aufzählung ich mir jetzt verkneife 🙂
Wollten sie als Kind schon schreiben?
Ja. Ich habe meinen ersten Versuch, Autorin zu werden, in der zweiten Klasse gestartet, bin aber gescheitert. Zwischendurch wollte ich auch andere Sachen, aber irgendwie war klar, dass ich beim Schreiben landen würde.
Was lesen Sie denn am liebsten?
Oh weh. So ziemlich alles, vorausgesetzt, es ist gut. Mir gefällt sehr viel Verschiedenes, aber man könnte wahrscheinlich sagen, ich lese am liebsten gut durchdachte, intelligente, spannende Bücher mit „lebendigen“ Figuren und einer interessanten Erzählerstimme. Ob das dann ein Krimi, ein Fantasyroman, eine Liebesgeschichte oder ein Klassiker ist, spielt für mich keine so große Rolle.
Was wünschen Sie sich für das Jahr 2011?
Das es so toll wird wie 2010 und dass ich die Sache mit der Zeiteinteilung besser hinbekomme!
Das Buch aus der Verlosung ging bereits an Jennifer B.
Herzlichen Glückwunsch!!
Autorenfoto (C) Doris Bretterbauer
Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“
4 thoughts on “Interview mit Ursula Poznanski”
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Hallo Rici,
wow, ein wirklich tolles und interessantes Interview. Jetzt kann ich mir ungefähr ein Bild davon machen, wie Erebos enstanden ist. Die Autorin kommt in dem Interview sehr sympathsch rüber.
Danke dafür :o)
LG Ela
So ging es mir auch beim Lesen der Antworten.