Hallo Frau Göttlicher, wie ist Ihnen die Idee zu Ihrem Roman „Die Melonenschmugglerin“ gekommen? Kam das durch ihre eigene Schwangerschaft?
Nicht direkt. Ich wollte zwar gerne einen Roman schreiben, der genau in der Zeit einer Schwangerschaft spielt, weil das eine ganz besondere Phase ist, aber zum Glück habe ich das, was Charlotte da erlebt, selbst nicht durchmachen müssen …
Wie viel von Anette steckt in Ihren Büchern?
Viel. Sehr viel. Aber es sind nicht die Geschichten, sondern vielmehr die Charaktere meiner „Heldinnen“. Und ich versuche, etwas von meiner Sicht aufs Leben in die Bücher einzubringen, meine Erfahrungen, „Weisheiten“ und Philosophien, aber auch meine Ängste, Zweifel und Probleme.
Gibt es Menschen im wahren Leben, die für die Personen in den Romanen „Modell gestanden“ haben?
Ja und nein. Ich mische immer Charakterzüge, Aussehen, Verhaltensweisen und Aussprüche von echten Menschen und kombiniere sie mit Fantasie, damit kein echter Mensch 1:1 in einem Roman vorkommt. Es gibt aber immer wieder ganz besondere Menschen, die mich zu bestimmten Figuren inspirieren.
Wie sind Sie zum Schreiben gekommen und von wem haben sie Anregungen bekommen?
Ich schreibe eigentlich, seit ich es kann und kann mich nicht erinnern, einmal nicht geschrieben zu haben. Anregungen bekomme ich durch Tausende von Büchern, die ich gelesen habe und lese. Als Journalistin habe ich dann auch beruflich geschrieben, und schließlich kam durch ein Blog, das vom Verlag entdeckt wurde, der erste Buchvertrag.
Was inspiriert Sie beim Schreiben? Ein bestimmter Ort, eine schöne Atmosphäre? Oder kommen die Ideen spontan im Alltag?
Inspiration ist überall. Wenn sie will. In der Trambahn auf dem Weg ins Büro, auf dem Gipfel eines Berges, am Meer, unter der Dusche, am Telefon. Aber man kann sie nicht zwingen. Wenn ich sie trotzdem dringend brauche, versuche ich, aktiv zu werden, einfach irgendwas zu machen, sei es ein Gespräch mit einer Freundin, ein Spaziergang oder ein Besuch im Café. Manchmal hilft aber auch Käse kaufen auf dem Markt!
Mich würde interessieren wie die Vorbereitung bei Ihnen auf ein neues Buch abläuft, bzw. ob erst die Idee für ein Thema vorhanden ist oder der grobe Handlungsstrang steht und die Feinheiten ausgearbeitet werden. Jeder hat ja so seine eigene Vorgehensweise.
Ich bespreche vorab mit meinem Verlag den Inhalt des Buches und erstelle ein grobes Exposé, an das ich mich dann ungefähr halte. Bei den Paul-Büchern wird die Storyline nicht näher ausgearbeitet, weil sie meist beim Schreiben entsteht, diese Bücher leben auch davon, was in meinem Leben geschieht, während ich sie schreibe. Bei den anderen Romanen arbeite ich die Handlung detaillierter aus.
Warum schreiben Sie nicht mehr Bücher bzw. in kürzerem Abstand. Alle ein- bis eineinhalb Jahre ein neues Buch, das finde ich ein bisschen wenig! Man muss immer so lange warten.;-)
Danke ;-). Ich habe einfach noch so viel anderes zu tun. Mein Job besteht nicht nur aus Schreiben, das ginge auch gar nicht, dazu liebe ich die Arbeit im Onlinebereich zu sehr. Außerdem habe ich auch noch ein kleines Kind, das gerne viel Zeit mit mir verbrint :-).
Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus? Wird es neben Paul auch noch Paula – Romane geben?
Paula? Eher weniger. Aber ich spiele mit dem Gedanken an eine Fortsetzung der Melonenschmugglerin, weil ich selbst gerne wüsste, wie es mit Charlotte weitergeht. Zudem habe ich noch zwei konkrete und viele etwas kryptische Ideen für Romane auf meiner Festplatte liegen.
Können Sie sich vorstellen beim Schreiben das Genre völlig zu wechseln?
Ja. Das ist sogar konkret geplant. So ähnlich wie ein Musiker muss man sich als Schriftsteller weiterentwickeln und sich auch mal was anderes trauen, finde ich – auf die Gefahr hin, auch mal ausgebuht zu werden. Aber Stillstand ist gefährlich – irgendwann haben die Leser sich sattgelesen …
Wie schwer ist es für Sie in einer Zeit, in der fast jede Idee schon irgendwie verarbeitet wurde, originell zu bleiben?
Solange ich meinen eigenen Stil habe, bin ich ja auf gewisse Weise originell. Ich muss also nur mir selbst treu bleiben, was natürlich nicht immer einfach ist. Was die Ideen und Themen angeht, muss man das Rad aber auch nicht jedes Mal neu erfinden. Man kann auch dieselbe uralte Geschichte von der Liebe und dem Schmerz auf seine persönliche Weise erzählen und dadurch originell bleiben.
Zu welcher Zeit haben sie die besten Ideen für ihre Romane?
Nachts, im Dialog mit interessanten Menschen und unter leichtem Alkoholeinfluss.
Was für Genre von Büchern lesen Sie selbst am liebsten?
Psycho-Thriller, Krimis, Psycho-Dramen, Biographien, Autobiographien, Weltliteratur (selten).
Frau Göttlicher ich finde ihre Fotos wunderschön. Ich würde gerne wissen, welche fotografische Ausbildung sie gemacht haben, welche Kurse etc. und ob Sie mir welche empfehlen können? Außerdem wüsste ich gerne, welche Kamera und Ausrüstung Sie benutzen und mit welchem Computerprogramm sie die Bilder nachbearbeiten.
Danke! Ich habe keine Ausbildung gemacht außer ein paar Workshops und früher viel journalistische Arbeit mit Fotografen. Kurse werde ich erst noch belegen, z.B. einen in Studio- und Lichttechnik. Ich fotografiere mit einer Nikon D90 mit einem 18-200er und einem 105er Makro-Objektiv. Meine Fotos bearbeite ich mit Photoshop und Picnik.
Warum gerade schreiben UND fotografieren? Gibt es da eine Verbindung, oder einfach nur zwei leidenschaftliche Hobbies?
Na ja, das Schreiben ist ja mehr als ein Hobby, das ist mein Beruf ;-). Das Fotografieren hat sich so ergeben, es war immer schon mein Hobby, seit mein Vater mir die erste Kamera schenkte, als ich 6 war. Ich liebe schöne Anblicke, Dinge und Menschen und den Blick durch die Linse – „life through a lens“ eröffnet viele interessante Perspektiven. Die Verbindung ist vielleicht das Erzählen von Geschichten. Ich versuche, mit Worten Bilder zu schaffen und mit Bildern Worte, weil ein gutes Bild ja auch immer eine kleine Story erzählt.
Welches „Hobby“ ist Ihnen wichtiger – das Schreiben oder das Fotografieren?
Schreiben ist mein Beruf, Fotografieren mein Hobby. Schreiben strengt mich an, so schön es manchmal ist, Fotografieren entspannt mich.
Wie schafft man es Familie, das Schreiben und dann auch noch das Fotografieren unter einen Hut zu bringen? Denn jedes für sich ist ja schon sehr arbeitsintensiv.
Gute Frage. So wirklich bekomme ich es ja auch nicht unter einen Hut. Auf irgendeiner Seite quillt immer etwas raus, und wenn es das ungeputzte Badezimmer ist! Wie ich es einigermaßen schaffe? Wenig Schlaf (5-6 Stunden), lange Abende vor dem Computer, früh aufstehen und wenig bis gar keine Zeit für mich selbst. Wenn ich mal alleine (!) eine Stunde mit dem Auto oder Zug irgendwo hinfahren darf, ist das für mich wie ein Kurzurlaub ;-).
Was hat sie dazu inspiriert im Jahr 2007 die Frauen-Community beQueen zu gründen?
 Gar nichts ;-). Ich habe beQueen ja nicht gegründet, ich war nur Chefredakteurin. Die Idee hatte der Verlag, ich habe sie nur anfänglich umgesetzt.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, gleich vier Websites ins Leben zu rufen? Und woher nehmen Sie die Kraft und den Mut, sich mit einem so kleinen Kind selbstständig zu machen?
Das frage ich mich auch. Die Websites haben sich so ergeben und hängen mir jetzt quengelnd am Rockzipfel, aber ich kann sie ja nicht zur Adoption freigeben. Die Selbständigkeit war auch nicht ganz freiwillig – aber leider gibt es einfach keine qualifizierten Teilzeitjobs für Mütter. In der Führungsebene sieht es da ganz düster aus. Vollzeitjobs werden mir oft genug angeboten, aber ich möchte mein Kind nicht den ganzen Tag in Fremdbetreuung geben. Also bleibt nur die Selbständigkeit.
Bei Cosmopolitan zu arbeiten ist ja für viele Frauen ein Traumberuf. Wie hat Ihnen die Arbeit dort gefallen? Gibt es etwas, das Sie nicht so gerne mochten bei der Arbeit?
Es war ein schöner Job, in dem ich viel gelernt habe. Toll fand ich damals natürlich den Glamour, die Presseeinladungen, die Reisen und den Beauty-Bazar, auf dem man für einen guten Zweck Chanel-Lippenstifte und Shiseido-Foundation für ein paar Euro kaufen konnte. Das Entwickeln von Themen und das Schreiben mochte ich auch. Weniger gut gefiel mir, dass ich nicht alle Themen umsetzen konnte, die ich gerne behandelt hätte – manche passten einfach nicht ins Heftkonzept, das hat mich damals als junge, eigensinnige Journalistin oft geärgert.
Zum Abschluss noch eine Frage: Sind wir nicht alle ein bisschen Paul?Vielleicht sollte es eher heißen: Haben wir nicht alle einen Paul? Ich denke schon. Leider und zum Glück.
Liebe Anette, ich danke Ihnen von Herzen für dieses Interview, für deine Zeit und für deinen Einblick in deine (Foto)Welt. Für deine weitere Arbeit wünsche ich dir viel Erfolg und unzählige zauberhafte, fotografische Augenblicke.
Die Gewinner der Bücher gebe ich ausnahmsweise erst in den nächsten Tagen bekannt.
© Ricarda Ohligschläger

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