Für mich ist das Schreiben von historischen Romanen etwas Besonderes, das ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte
Was hat Sie zu „Der Hexenturm“ inspiriert?
Als der Wunsch der Leser stetig größer wurde, dass es eine Fortsetzung von ‚Das Hexenmal’ geben soll, war für mich sofort klar, dass diese Geschichte auch in meiner Heimat, dem Saarland, spielen würde. Da in einer Nachbarstadt das Füllmauerwerk eines ehemaligen Hexenturms zu besichtigen ist und von/über diesen Turm viele Geschichten überliefert sind, war die Idee sehr schnell geboren.
Dass einige Kapitel auch auf Burg Greifenstein und Umgebung spielen, habe ich einem Leser zu verdanken, der mich auf diesen Teil seiner Heimat aufmerksam machte und mir Infomaterial zuschickte.
 Wie kommt man darauf ein Buch über die Hexenverfolgung zu schreiben? 
Für die (Flucht)Geschichte des ‚Hexenmals’ benötigte ich einen Grund, warum Menschen ihre Heimat verlassen mussten, ohne dass Krieg herrschte. Durch Recherche kam ich auf die Hexenverfolgungen und ließ ‚Das Hexenmal’ deshalb in der frühen Neuzeit spielen, da zu dieser Zeit die meisten Hexenverfolgungen stattgefunden haben – und nicht wie viele annehmen im Mittelalter. 
Leider ist das Hexenthema immer noch aktuell, denn auch in unserer Zeit werden Menschen der Hexerei bezichtigt und sogar verbrannt. So geschehen in Afrika! 
Gibt es Situationen aus der Gegenwart, die Sie in ihrem Buch erwähnen?
Den Impuls eine Geschichte zu erzählen, geben mir meist Situationen aus der Gegenwart und deshalb ist für mich jeder Roman sehr persönlich.  
Die Basis von ‚Das Hexenmal’ bildete die dramatische Fluchtgeschichte meiner Eltern, die 1961 aus der ehemaligen DDR geflohen sind. Ihre Erlebnisse ziehen sich wie ein roter Faden durch den gesamten Roman.
Das Buch ‚Die Gabe der Jungfrau’ ist entstanden, weil mir jemand die tragische Geschichte seines Bruders erzählte, die sich 2006 ereignet hat. Die Tragödie dieser beiden Geschwister ging mir so nahe, dass ich aus dem ‚Tatsachenbericht’ den Prolog geformt habe. Im Gegensatz zum ‚Hexenmal’ konnte dieser Roman nur in Verbindung eines Kriegs ‚funktionieren’. Deshalb habe ich ihn in den Zeiten des Bauernaufstands spielen lassen.
Die Geschichten aus der Gegenwart werden natürlich nicht eins zu eins wiedergegeben, aber sie liefern mir Impulse, Inspiration, die ich mit meiner Fantasie verknüpfen kann. Ich zerpflücke die tatsächlichen Geschehnisse, und forme sie so um, dass sie in das jeweiligen Jahrhundert passen und zu dieser Zeit hätten spielen können. Es ist für mich das schönste Lob, wenn die Menschen, deren Erlebnisse ich in meine Romane eingearbeitet habe, ihre Geschichte wieder erkennen.  Das tatsächliche Leben schreibt oft die unglaublichsten Geschichten, und ich bin froh sie erzählen zu dürfen. 
Widmen Sie jemandem das Buch?
Jedes meiner Bücher habe ich Personen gewidmet, die für mich wichtig und besonders sind.  
Möchten Sie eine bestimme Zielgruppe damit ansprechen? 
Durch das Genre ‚Historischer Roman’ wird die Zielgruppe bereits  definiert. Jede Leserin und jeder Leser, der Interesse an deutscher Historie hat, die in eine erfundene Geschichte eingebunden wurde, ist meine ‚Zielgruppe’.
„Der Hexenturm“ ist auch als Taschenbuch erschienen.
‚Der Hexenturm’ ist nur als Taschenbuch erschienen.
Kann der Autor entscheiden ob sein neuestes Werk als Taschenbuch/ Softcover, bzw. als Hardcover raus kommt oder ist das eine Vorgabe des Verlages?
In jedem Verlag wird das Mitspracherecht des Autors anders gehandhabt. Ich habe das große Glück, dass ich beim Goldmann Verlag volles Mitsprachrecht habe, egal um was es geht = Cover, Titel, Romaninhalt, Abgabetermin etc.. Jedes Detail meiner Bücher wird mit mir abgesprochen. Ob meine Bücher als Taschenbuch oder Hardcover erscheinen, haben der Verleger und ich vorher verhandelt und festgelegt.     
Hat man als Autor einen Einfluss auf die Coverwahl? Warum ist gerade das Cover ausgewählt worden?
Ja, ich habe beim Goldmann Verlag Mitspracherecht bei der Auswahl des Covers.
Im Vorfeld wurden mehrere Entwürfe erstellt und mir vorgelegt. Meine Lektorin und ich haben zusammen das Cover ausgewählt, das in unseren Augen den Leser am meisten ansprechen könnte. Dieses Cover hat uns besonders gut gefallen, da das Mädchen sehr präsent ist und den Leser ‚keck’ anlächelt. Die Turmspitze im Hintergrund sollte den Zusammenhang zum Titel ‚Der Hexenturm’ darstellen.
Haben Sie früher auch Historische Romane gelesen oder was fasziniert Sie so sehr an diesem Genre, dass Sie sich zum Schreiben dafür entschieden haben.
Im Nachhinein kann man so etwas schlecht rekonstruieren. Vielleicht war ausschlaggebend, dass ich mich bereits als Kind für Archäologie interessiert habe und sogar Archielogin werden wollte. Allerdings hat mir mein Vater davon abgeraten und gemeint, dass Heinrich Schliemann bereits die wichtigsten Schätze gefunden hätte *lach*
Obwohl ich beruflich eine andere Richtung eingeschlagen habe, habe ich das Interesse an Geschichte nie verloren. Heute bin ich sehr froh, dass mir das Schreiben historischer Romane erlaubt dieser Leidenschaft nachzugehen. Die Recherche zu den einzelnen Themen ermöglicht mir in die Historie einzutauchen, was unglaublich spannend ist, da man nie weiß, was man beim ‚Graben’ in der Vergangenheit findet. Allerdings interessieren mich nicht die Geschichten des Adels oder des höheren Standes. Zwar werden sie am Rande erwähnt, da sie das Jahrhundert für den Leser ‚greifbarer’ machen, aber sie spielen nie die Hauptrollen in meinen Geschichten.
Ich möchte vom einfachen Volk berichten und den Lesern außergewöhnliche Menschen näher bringen, über die man selten in Romanen liest. Wie z.B. ein Wolfsbanner (Die Gabe der Jungfrau) oder eine Kinderhexe (Der Hexenturm), oder auch ein Magier (Das Hexenmal)
Da über das einfache Volk und über diese besonderen Menschen nur sehr selten Aufzeichnungen existieren, freut es mich ungemein, dass mir zahlreiche bekannte Historiker zur Seite stehen und mir bei der Recherche behilflich sind. Dank dieser Fachleute gelange ich an Informationsmaterial, das man auf keiner Internetseite und in keiner öffentlichen Bibliothek findet. Auch erhalte ich durch diese Historiker Eintritt in so manche ‚Schatzkammer’, die einem sonst verschlossen bliebe. Das Gefühl Bücher, Dokumente, Briefe etc. aus vergangenen Jahrhunderten in Händen zu halten, ist unglaublich und eine Mischung aus Ehrfurcht, Freude, Spannung und vielem mehr.  
Auch Gespräche mit Fachleuten aus den verschiedenen Berufszweigen, wie z.B. Gerber, Bauer, Mönch, Wolfsforscher etc. sorgen dafür, dass ich damalige Tätigkeiten, Verhaltensweisen etc. genau darstellen kann.
Für mich als Autorin stellt das Schreiben historischer Romane eine große Herausforderung dar. Zum einen muss ich nüchterne Fakten so in meine Fantasie einweben, dass es für den Leser spannend und interessant ist. Zum anderen muss ich meinen heutigen Wissensstand ausblenden und Gegenden, Situationen, Menschen etc. mit den Augen und dem Wissen meiner Figuren des jeweiligen Jahrhunderts betrachten und beschreiben. Z.B. war der Baumbestand der damaligen Wälder geringer als heute, da Holz für vieles genutzt und deshalb abgeholzt wurde… Zur Zeit der Hexenverfolgungen haben grundsätzlich alle Menschen an Hexen geglaubt, selbst die Hexenverfolgungsgegner. Allerdings haben diese Männer Entschuldigungen gesucht, warum ein Mensch zur Hexe wurde…
Viele Menschen lesen historische Bücher und vergleichen die Fakten im Roman mit ihrem modernen Wissensstand, was falsch ist! Auch als Leser sollte man historische Bücher mit den Augen und dem Wissen von damals lesen und nicht mit heute vergleichen. Deshalb bin ich sehr froh, dass die Historiker mich immer wieder darauf hinweisen wie die Menschen damals gedacht, gefühlt, gehandelt haben.
Für mich ist das Schreiben von historischen Romanen etwas Besonderes, das ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte.
Sind nach „Der Schwur der Sünderin“ noch weitere Bücher geplant?
Ich habe beim Goldmann Verlag bereits mehrere Verträge unterzeichnet, so dass in den nächsten Jahren weitere Deana Zinßmeister Romane erscheinen werden.
Ich weiß, dass sie für die Recherche zu „Hexenmal“ den Fluchtweg abgelaufen sind. Gibt es beim „Hexenturm“ auch eine besondere Geschichte zu Ihren Recherchen? Und wie sieht ihre Recherchearbeit sonst aus?
Ich habe fast alle Orte und Plätze aufgesucht, die im Hexenturm eine Rolle spielen. So die Burg Greifenstein, den Ort Nenderoth, Arborn, Eschwege, Wetzlar, die Abtei in Tholey, Saarwellingen, die Reste des Hexenturms in Püttlingen, auch die unterirdischen Kasematten in Saarbrücken usw. Zudem habe ich das ‚saure Wasser’ in der Nähe der Cödinger Mühle probiert.
Außerdem habe ich mich mit Lokalhistorikern direkt vor Ort getroffen, sowie zahlreiche Gespräche mit Herrn Dr. phil. habil Johannes Dillinger/Oxford geführt, insbesondere über die Kinderhexe. Auch hat Dr. Dillinger die Seiten über Maria testgelesen.
Ich war in Trier im Stadtarchiv und habe mit dem leitenden Archivar stundenlang über die Hexenverfolgungsgegner, hauptsächlich über Johannes Spee, diskutiert.
Auch bin ich einen Großteil der Strecke, die meine Protagonisten im Saarland gewandert sind, abgefahren, bzw. habe markante Stellen intensiv begutachtet. 
Wie lange dauert es denn ungefähr zwischen der Idee zum Buch und dem Erscheinen des Werkes?
Da der Verlag mich als Autorin für historische Romane aufbauen will, habe ich in den letzten 20 Monaten drei Romane geschrieben, ‚Die Gabe der Jungfrau’, ‚Der Hexenturm’ und ‚Der Schwur der Sünderin’. Dadurch ging ‚die Romantik des Schreibens’ teilweise verloren, da der Druck enorm war. Aber es war auch eine Herausforderung diesem Druck standzuhalten und gute Arbeit abzuliefern. Da zwei der drei Romane Fortsetzungen sind, waren durch den ersten Teil die Charaktere der meisten Figuren bereits festgelegt. Ich musste ihre Geschichte ‚nur’ weitererzählen und so war es zeitlich zu schaffen gewesen. Trotzdem war es harte Arbeit, da meine intensive und ausführliche Recherche viel Zeit in Anspruch nimmt.
Nach ‚Der Schwur der Sünderin’, der im September 2011 erscheinen wird, folgt im Abstand von etwa einem Jahr jeweils ein weiterer Zinßmeister Roman. Diese Planung ist ideal, da sich dann Zeit -, Recherche – und Schreibdruck relativieren. Wenn ich allerdings ehrlich bin, brauche ich einen gewissen Druck, um effektiv arbeiten bzw. schreiben zu können.  
Gibt es ein Buch, das sie nie hergeben würden, an dem ihnen besonders viel liegt? Und würden Sie auch verraten, um welches Buch es sich handelt?
In meinem Haus stapeln sich die Bücher, da ich mich von keinem trennen kann. Allerdings gibt es kein bestimmtes Buch, an dem mir mehr oder weniger liegt. Bücher gehören zu meinem Leben dazu. 
Über welche weibliche historische Figur würden Sie gerne noch einen Roman veröffentlichen?
Es gibt zahlreiche Frauen, die im ‚Schatten’ der Geschichte gestanden haben und über deren Leben und Wirken in keinem Geschichtsbuch etwas geschrieben steht. Von ihnen möchte ich in meinen Romanen erzählen! Wie z.B. von den verurteilten Frauen in ‚Der Hexenturm’. Sie alle haben tatsächlich gelebt, und ich habe ihre Geschichten, ihre Gerichtsakten, ihre Todesurteile gelesen. Diese Frauen machen den Roman ‚Der Hexenturm’ authentisch und geben dem Schrecken der Hexenverbrennungen ein Gesicht.  
Sie sind auch bei „Facebook“ zu finden. Warum? Ist das ein MUSS für Autoren?
Es ist kein Muss, doch ich finde es in der heutigen Zeit unumgänglich. Facebook bietet gerade Autoren, Künstlern, Moderatoren etc. die Möglichkeit ein großes Potenzial an Menschen zu erreichen. So kann man z.B. mit Lesern in Kontakt treten, andere Autoren ‚treffen’ und sich selbst bzw. seinen Namen bekannt machen.
Was ist Deana für ein Vorname? Woher kommt dieser?
Deana ist tatsächlich mein Vorname und stammt aus dem Griechischen. Allerdings habe ich weder griechischen Vorfahren noch Verwandte in dem Land. dea = die Göttin
Liebe Deana, ich bedanke mich an dieser Stelle vielmals für dieses Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg als Autorin.
Die Bücher aus der Verlosung gehen in den nächsten Tagen an
Julia Sch.
Birigt D.
 Die Interviewfragen stammen u. a. aus Einsendungen, im Rahmen der Aktion „Leser fragen – Autoren antworten“

4 thoughts on “Interview mit Deana Zinßmeister

  1. Endlich mal keine Bindestrich-Namen einer gelangweilten schreibenden Dame sondern ein ulkiger Vorname und dazu noch ein Esszett im Nachnamen.
    DAS wird sicher reinhau’n. Und Mode machen.

  2. Ich habe mich sehr über die offene und unkomplizierte Art des Interviews von Deana Zinßmeister gefreut.
    Eben eine Autorin zum Anfassen….
    Danke

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